Westerbork

Durchgangslager für Juden


Polizeiliches Judendurchgangslager Westerbork

Bezeichnung: Polizeiliches Durchgangslager Westerbork (Durchgangslager für Juden, Zigeuner und Resistenzkämpfer)

Gebiet
Niederlande, Amerveld op der Drentsche Heide bei Hooghalen

Eröffnung
09.10.1939

Schließung
Am 12 April 1945 wurde Westerbork von kanadischen Soldaten befreit.

Deportationen
Jeden Dienstag fuhr ein Güterzug aus Westerbork Häftlinge über Assen Groningen und Nieuweschans nach Osten überwiegend in die Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau und Sobibor.

Häftlinge

Geschlecht

Einsatz der Häftlinge bei

Art der Arbeit

Bemerkungen
Ursprünglich hätte das Lager bei Elspeet errichtet werden sollen aber Königin Wilhelmina hielt den Abstand von 12 Kilometern des Lagers von ihrem Sommerpalast Het Loo für zu klein. Auch das ANWB (Allgemeiner Niederländischer Radfahrer Bund) war dagegen weil die Veluwe für Touristen offen bleiben sollte. Deswegen wählte man schließlich das Amerveld op der Drentsche Heide bei Hooghalen zehn Kilometer nördlich des Dorfes Westerbork

Unter den Opfern sind berühmte Namen
Etty Hillesum war in Westerbork gefangen vor ihrer Deportation und Anne Frank und ihre Familie wurden mit einem der letzten Transporte von Kamp Westerbork nach Auschwitz gebracht von wo aus sie einige Zeit später in das KZ Bergen-Belsen gebracht wurde. Dort starb sie im März 1945 kurz vor der Befreiung des Konzentrationslagers an Typhus.

Der letzte Zug fuhr am 03 September 1944 ab.
Insgesamt wurden von 1942 bis 1944 mehr als 102.000 Juden aus Westerbork per Zug deportiert. Nur 5.000 kehrten zurück.


Geschichte des Lagers

Im Jahr 1939 beschloss die niederländische Regierung den Bau eines Aufnahmelagers für aus dem Deutschen Reich geflohenen Juden. Am 9. Oktober 1939 traf in diesem bei Westerbork in der Provinz Drenthe errichteten Zentralen Flüchtlingslager eine erste Gruppe mit 22 deutschen Juden ein. Am Tag des deutschen Überfalls, dem 10. Mai 1940, befanden sich rund 700 Menschen im Lager.

Ende 1941 fiel die Entscheidung der Besatzer, das Lager in Westerbork als zentrales Sammellager für die bevorstehende Deportation der niederländischen Juden einzurichten. In Folge dieser Planungen wurde das Lager Westerbork am 1. Juli 1942 dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (BdS) unterstellt und formal in ein Polizeiliches Judendurchgangslager umgewandelt.

Ab Juli 1942 trafen Juden aus allen Teilen des Landes in Westerbork ein. Nach erhaltenen Unterlagen wurden die höchsten Häftlingszahlen am 3. Oktober 1942 mit 15.235 Personen und am 23. Juni 1943 mit 15.461 Personen registriert. Im Jahr 1943 entstand neben dem Lagergelände ein Krematoriumsgebäude, in dem die Leichen der an Krankheiten und Altersschwäche verstorbenen Häftlinge verbrannt wurden. Ingesamt 751 Menschen starben in Westerbork. Ebenfalls 1943/1944 ließ die Lagerleitung verschiedene Werkstätten errichten, in denen die Häftlinge bis zu ihrem Abtransport arbeiten mussten. So entstanden u.a. eine Näherei, eine Schneiderei und eine Linoleumfabrik. In der Lagerindustrie wurden Häftlinge zur Abfallverwertung, Foliensortierung, Flugzeug- und Batteriezerlegung sowie Metallsortierung, Kabel- und Apparatezerlegung eingesetzt.

Der erste Deportationszug verließ das Lager am 15. Juli 1942. Das Ziel war Auschwitz. Zwei Jahre lang trafen die Deportationszüge nach einem festen Fahrplan oftmals montags im Lager ein, um am Dienstagmorgen mit neuen Opfern wieder in Richtung Osten abzufahren.

Insgesamt verließen vom 15. Juli 1942 bis zum 13. September 1944 rund einhundert Transporte das Lager. Mehr als 100.000 Juden und eine Gruppe von 245 Sinti und Roma wurden dabei deportiert. Nur rund 5.000 von ihnen kehrten nach dem Krieg zurück.

Neben der Funktion als Durchgangsstation wurde das Lager Westerbork auch zum Schauplatz weiterer nationalsozialistischer Verbrechen. Wiederholt diente die Umgebung des Krematoriums als Hinrichtungsstätte von Widerstandskämpfern, deren Leichen anschließend eingeäschert wurden.


14.09.1942

Am 14.09.1942 verläßt ein Deportationszug mit 902 Menschen Westerbork. Die meisten von ihnen waren zuvor im Polizeilichen Judendurchgangslager Westerbork inhaftiert. Ziel dieses Transportes war das Konzentrationslager Auschwitz in Polen. Als der Deportationszug auf dem Güterbahnhof Halle hielt, hörte ein Eisenbahner eine Stimme rufen: Ich bin Julius Schwab. Grüßt meine Familie! Der Mann hatte den Mut, das Erlebte der noch immer in Halle lebenden Ehefrau Margarethe und den damals 10jährigen Zwillingssöhnen Günther und Max zu übermitteln. Es war das letzte Lebenszeichen von Julius Schwab. Der Zug erreichte die Bahnstation Auschwitz am 16.09.1942. Etwa 200 Männer wurden wahrscheinlich schon während der Fahrt für den Arbeitseinsatz ausgesondert. Nach der "Selektion" in Auschwitz werden 47 Männer und 29 Frauen als Häftlinge registriert, vermutlich mehr als 600 Menschen werden in die Gaskammern geschickt.


28.09.1942

Am 28.09.1942 verläßt ein Sonderzug mit 610 Juden das Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork (NL) mit Ziel Auschwitz in Polen. Dr Zug erreicht das Konzentrationslager Auschwitz am 30.09.1942. 119 Frauen und 37 Männer werden als Häftlinge übernommen, die anderen 454 Menschen werden am gleichen Tag in den Gaskammern getötet.


24.11.1942

Am 24.11.1942 verläßt ein Sonderzug mit 709 Juden Westerbork. Ziel ist das Konzentrationslager Auschwitz in Polen. Der Transport erreicht Auschwitz am 26.11.1942. Von den Deportierten werden lediglich 42 Frauen als Häftlinge übernommen, die anderen 667 Menschen werden direkt in die Gaskammern geschickt.


29.01.1943

Am 29.01.1943 verläßt ein Transport mit 419 Frauen und Mädchen sowie 240 Männer und Jungen das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork in den Niederlande. Ziel ist das Konzentrationslager Auschwitz. Bei den deportierten handelt es sich nach Auffassung der NS-Lehre um jüdische und somit unerwünschte Elemente. Der Transport trifft am 31.01.1943 in Auschwitz ein, nur 50 Männer und 19 Frauen bleiben zunächst als Häftlinge am Leben, die anderen 590 Menschen werden unmittelbar in den Gaskammern ermordet.


04.05.1943

Am 04.05.1943 verläßt ein Sonderzug mit 1187 jüdischen und unerwünschten Elementen (NS Sprache) das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork mit Ziel Sobibor. Der Transport erreicht das Vernichtungslager Sobibor am 07.05.1943. Von den 1187 werden 1100 am gleichen Tag ermordet. Bis 1945 starben alle 1187 Personen aus diesem Transport.


20.07.1943

Am 20.07.1943 verläßt ein Sonderzug mit 2209 Jüdinnen und Juden das Polizeiliche Judendurchgangslager Westerbork mit Ziel Sobibór. Der Zug erreicht das Vernichtungslager Sobibór am 23.07.1943. Von diesem Transport haben bis zur Auflösung des Lagers alle ihr Leben verloren.


14.09.1943

Am 14.09.1943 verläßt ein Transport mit 1005 Juden darunter 119 Kinder und 245 alte Menschen das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork ins Vernichtungslager Auschwitz. Dieser Transport erreicht Auschwitz am 16.09.1943. Nach der Selektion werden 194 Frauen und 233 Männer in das Lager eingewiesen. 578 Menschen werden unmittelbar nach der Ankunft in den Gaskammern getötet. Wie viele bereits an der Rampe durch die SS ermordet werden ist nicht eindeutig belegbar.

Am gleichen Tag verläßt ein Transport mit 305 Personen das Polizeiliche Durchgangslager Westerbork ins Lager Theresienstadt, dieser Transport wird wegen Überfüllung des Lagers Theresienstadt ins Lager Bergen-Belsen umgeleitet.


11.11.1943

BdS.
- IV B 4 - (L)


Den Haag, den 11.11.1943


Betr.: Weitere Judenbearbeitung in den Niederlanden.

Vorg.: Besprechung am 10.11.1943 in Den Haag zwischen SS-Brigadeführer Naumann

SS-Obersturmbannführer Eichmann

SS-Sturmbannführer Zoe.

SS-Obersturmführer Gemmeker.


I.) Vermerk:


a) Für den Abtransport nach Auschwitz stehen in Westerbork ca. 600 straffällige Juden und 400 für Palästina-Austausch vorgesehene Juden bereit.

b) Ca.
1.500 für Theresienstadt bereitgestellte Juden können aus Westerbork abgefahren werden.
c) Gemäß Mitteilung von SS-Gruppenführer Glücks werden am 13.11.43 die im KL Hertogenbosch verbliebenen Juden, ausgenommen Diamant-Schleifer, Kürschner und Metallsortierer, nach dem KL Auschwitz abgeschoben.

d) Die in Westerbork einsitzenden rund 1.000 Juden mit Gefälligkeitspässen werden durch einen Fachmann des RSHA überprüft.
Sofern es sich um Schwindelpässe handeln sollte, ist Abtransport nach Auschwitz vorgesehen.
e) Für weitere Evakuierungstransporte nach Bergen-Belsen werden in Westerbork rund 2.500 Juden bereitgestellt, darunter etwa 1.000 jüdische Spitzenfunktionäre, 1.000 Juden für Palästina-Austausch und ca. 500 Juden mit doppelter Staatsangehörigkeit.

f) Das Tempo der Abstammungsklärungen wurde in letzter Zeit derartig beschleunigt, dass nur noch 90 Fälle unentschieden sind.

g) Über die Diamant-Juden wurde eine vorläufige Vereinbarung getroffen (siehe Sondervermerk), wobei die endgültige Entscheidung der Reichsführer-SS treffen soll.

h) Durch Erhöhung der Kopfprämien wird versucht, die monatliche Erfassungszahl untergetauchter Juden wesentlich zu steigern.

i) Als letzte Kategorie sollen die evangelischen und Protektionsjuden aus dem Lager Westerbork abgeschoben werden, nachdem vom Herrn Reichskommissar rechtzeitig die Entscheidung erbeten worden ist.

j) Gemäss zu erwartender Weisung des Reichssicherheitshauptamtes bzw.
des Reichsführers-SS ist der Arbeitseinsatz der jüdischen Mischehenpartner im Lager Westerbork vorgesehen (siehe Sondervermerk).

II.) Vermerk zur Kenntnis von

SS-Brigadeführer Naumann

SS-Obersturmbannführer Eichmann

SS-Obersturmführer Gemmeker

BdS.
- IV B 4 - Fräulein Slo.
SS-Hauptscharführer Wies.


Name der Häftlinge

Aaron (geb. Weyl) Ida Zutphen Provinz Gelderland Niederlande
überstellt nach Lager
Bergen-Belsen, Gemeindefreier Bezirk Lohheide

Aaron Richard Otto Zutphen Provinz Gelderland Niederlande
überstellt nach Lager
Oswiecim (Auschwitz I) (Männerlager)

Aaron Siegfried Dr. Wuppertal Preußen, Rheinprovinz, Regierungsbezirk Köln
Am 01.02.1944 überstellt nach Lager
Bergen-Belsen, Gemeindefreier Bezirk Lohheide

Baum Max Vught, Provinz Nordbrabant Niederlande
überstellt nach Lager
Oswiecim (Auschwitz I) (Männerlager)

Eckstein Hedwig (geb. Schwarz) Raesfeld (Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Borken)
überstellt nach
Vernichtungslager Auschwitz

Elkan Salli Raesfeld (Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Borken)
überstellt am 04.09.1944 nach

Levy Adele (geb. Platz) Münster i. Westf. (Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Stadt und Landkreis Münster)
überstellt am 18.01.1944 nach

Pagener Bernhard Epe Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Ahaus
überstellt am 04.09.1944 nach
Pagener Gretel Epe Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Ahaus
überstellt am 04.09.1944 nach

Pagener Käthe Epe Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Ahaus
überstellt am 04.09.1944 nach Ghetto Theresienstadt

Pagener Siegfried Epe Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Ahaus
überstellt am 04.09.1944 nach
Pagener Simon Epe Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Ahaus
überstellt am 18.01.1944 nach Ghetto Theresienstadt

Rosenbaum Henriette (geb. van der Zyl) Raesfeld (Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Landkreis Borken)
überstellt am 02.11.1942 nach
Vernichtungslager Auschwitz

Schwarz Frieda (geb. Küppers) Münster i. Westf. (Preußen, Provinz Westfalen, Regierungsbezirk Münster Stadt und Landkreis Münster)
überstellt am 05.02.1943 nach
Vernichtungslager Auschwitz

Namensliste der Opfer