SS-Obersturmführer

* 01.07.1914 in Remscheid
† 08.05.1971 in
Düren

vollständiger Name: Schmitz Emil Christian

Emil-Christian Schmitz wurde als Sohn des Diplomkaufmanns Emil Schmitz und seiner Ehefrau Henriette, geb. Göbel in Remscheid geboren.

Reichsdeutscher

Umzug nach
Wuppertal

4 Klassen Volksschule in Wuppertal-Barmen

Höhere Schule (Ostern 1934 Abitur) in Wuppertal-Barmen

Staatsexamen

Doktorexamen

Beruf: Arzt

1925 - 1928
Mitglied der Hitlerjugend (HJ)

1931 - 1933
Mitglied der Sturmabteilung der NSDAP (SA)

ab 02.05.1933
Mitglied der NSDAP (Mitglieds Nu. 2 879 347)

Mitglied der Allgemeinen SS (Mitglieds Nu. 162 492)

ab 00.10.1933
Mitglied der Bewaffneten Verbände der SS

05.04.1934 - 12.10.1935
Dienst in der Wehrmacht (Zeitfreiwilliger in
Münster)
(Infanterie-Regiment IR 18)

ab Wintersemester 1935/36
Medizinstudium in Bonn

ab 1937
Medizinstudium in Marburg

00.02.1938
Physikum

Die klinischen Semester studierte er an den Universitäten in Bonn, Düsseldorf, München

01.09.1938 - 28.09.1938
Dienst in der Wehrmacht
(Sanitäts-Abteilung)

ab 00.01.1940
klinisches Semester an der Medizinischen Akademie in
Düsseldorf

00.10.1940
medizinisches Staatsexamen

1941
zum Dr. med. promoviert

ab 10.03.1941
Pflichtvolontär an den Städtischen Krankenanstalten in Düsseldorf

03.06.1941
Einberufung zur Waffen-SS

05.06.1941
bei einer Untersuchung am 5. Juni 1941 wurde er lediglich als „gvH“ gemustert und damit als eingeschränkt tauglich befunden
(„Da ich bei meiner truppenärztlichen Untersuchung drauf hinwies, dass ich im Sommer 1935 eine Tbc durchgemacht hatte und deshalb nicht truppendiensttauglich sei, wurde ich als Arzt im KZ Sachsenhausen eingesetzt. Diese Verwendung sollte zunächst nur vorübergehender Art sein.“)

ab Sommer 1941
Lagerdienst im KL
Sachsenhausen

vor 1945 Angehöriger der Lagermannschaft im KL
Auschwitz u. KL Sachsenhausen

14.11.1941
Beförderung zum SS-Hauptscharführer

20.04.1942
Beförderung zum SS-Untersturmführer

05.06.1942
Muthig informiert als stellvertretender Amtschef D III am 5. Juni 1942 Schmitz als stellvertretenden 1. Lagerarzt über die geplante Überstellung des Häftlings August S. vom KL Niederhagen zum KL Sachsenhausen zwecks Durchführung einer Sterilisation.

09.06.1942
Am 9. Juni bat Schmitz wiederum in einem Schreiben an Muthig von dieser Verlegung Abstand zu nehmen:
„Diese Eingriffe dürfen aber nicht im Häftlingskrankenbau erfolgen, sondern müssen in bestimmten für diese Operationen zugelassenen Krankenhäusern – z.B. für das KL. Sachsenhausen vom Kreiskrankenhaus Oranienburg – durchgeführt werden. Wenn nun die Unfruchtbarmachung des genannten Häftlings im KL Sachsenhausen erfolgen würde, müsste der Pat. ebenfalls zur Operation zum Kreiskrankenhaus Oranienburg überführt werden, um nach seiner etwa 14 Tage in Anspruch nehmenden Ausheilung wieder zum KL. Niederhagen rücküberstellt zu werden. Wenn also keine anderen Gründe maßgeblich sind, wäre der einfachere Weg zur Durchführung des ergangenen Beschlusses nach diesseitigem Dafürhalten, den Betreffenden in das für das KL. Niederhagen zur Vornahme von Sterilisierungen zugelassene Krankenhaus einzuweisen.“

ab Juli 1942
1. Lagerarzt

00.01.1943
offiziell zum 1. Lagerarzt im KL Sachsenhausen berufen, jedoch nicht befördert
(Abgesehen von seiner Beteiligung an den Gasbrandversuchen wird Schmitz mit einer Vielzahl von Verbrechen im KL Sachsenhausen in Verbindung gebracht.
So soll er an Tuberkulose erkrankte oder im Zellenbau inhaftierte Häftlinge und die Versuchspersonen seiner Experimente mit Giftinjektionen „abgespritzt“ haben.
Ferner war er an Sterilisations- und Kastrationsvorgängen beteiligt, soll kranke Lagerinsassen für die Invalidentransporte und Häftlinge mit Verdacht auf Fleckfieber zur Erschießung ausgewählt haben und bei Exekutionen anwesend gewesen sein. Der ehemalige Häftling Hans R. beschuldigte Schmitz außerdem, am 28. Mai 1942 maßgeblich an der Tötung jüdischer Häftlinge beteiligt gewesen zu sein, die als Vergeltung für einen Anschlag auf eine antisowjetische Propagandaausstellung in Berlin hingerichtet wurden. Schlussendlich wurde ihm auch die systematische Vorenthaltung medizinischer Hilfe, die Ausstellung gefälschter Sterbedokumente sowie die Tötung von Häftlingen zur Gewinnung anatomischer Präparate vorgeworfen. Für Harry Naujoks waren die SS-Ärzte Schmitz und Frowein die Hintermänner

20.04.1943
Beförderung zum SS-Obersturmführer der Res.

Herbst 1943
Schmitz oder seine Eltern wurden im Herbst 1943 in Wuppertal ausgebombt

Dezember 1943
Ein ärztlicher Untersuchungsbefund aus dem Dezember 1943 und ein Brief von Rudolf Jöbstl bestätigen Schmitz´ Aussage, eine Diphtherieerkrankung habe seinen Lagerdienst im November 1942 beendet:
„Nach meiner Erinnerung war ich Ende September 1942 auf Grund eines Telegramms über die lebensbedrohliche Erkrankung meines Vaters in Sonderurlaub nach Wuppertal gefahren. Dort blieb ich m.W. bis 15. Oktober. Am 15. Oktober fuhr ich zusammen mit meiner Mutter nach Sachsenhausen zurück. Ich hatte hier aber nicht mehr meine Tätigkeit als Lagerarzt wieder aufgenommen, sondern hielt mich in Sachsenhausen bis Anfang November 1942 in meinem Zimmer – im Bett – auf, da ich an Dyphterie erkrankt war. Hierzu bemerke ich, dass ich mir diese Infektion Ende September bei der Untersuchung eines Dyphteriekranken absichtlich zugezogen hatte, um auf diese Weise aus dem Lager Sachsenhausen herauszukommen. Offiziell hatte ich aber bei meiner Rückkehr nach Sachsenhausen am 15.10.1942 angegeben, dass ich an Grippe erkrankt sei. Ich bin auch in der Zeit vom 15.10.1942 bis zum Verlassen des Lagers Anfang November 1942 von keinem Arzt behandelt worden. Anfang November 1942 wurde ich in einen Genesungsurlaub nach Wuppertal geschickt.“

16.02.1944
Der am 16. Februar 1944 geschlossenen Ehe entstammte bis Kriegsende eine Tochter
(Aus dem Verfahren zur Erlangung der Heiratsgenehmigung geht hervor, dass sowohl Schmitz als auch seine Braut weiterhin der evangelischen Kirche angehörten; eine kirchliche Trauung war indes nicht vorgesehen. In der eingereichten Vermögenserklärung gibt Schmitz das beachtliche Vermögen von 50 000 RM an, das er keinesfalls durch seine kurze ärztliche Tätigkeit erworben haben kann.)

Orden, Ehrenzeichen und Medaillen
SA-Sportabzeichen in Bronze
Deutsches Reichssportabzeichen in Bronze
Julleuchter

nach 1945
Schmitz zieht mit seinem Schwiegervater nach
Bregenz, wo sich seine Frau mit dem gemeinsamen Kind aufgehalten habe. Als Reichsdeutscher wurde er aber schon bald aus Österreich ausgewiesen, woraufhin er nach Ravensburg gegangen ist

Juni 1946
im Juni 1946 wurde auch seine Ehefrau ausgewiesen und folgte ihm mit dem Kind nach Ravensburg. Hier konnte Schmitz nahtlos an seine vorherige berufliche Tätigkeit anknüpfen und war zunächst Assistenzarzt am dortigen Städtischen Krankenhaus, dann am Aushilfskrankenhaus Klösterle. Nach Auflösung dieser Krankenanstalt, in der Schmitz neben der normalen Internistentätigkeit auch Gutachter- und Beratertätigkeiten für die Versorgungsämter ausgeübt haben will, vertrat er praktische Ärzte in Stadt- und Landpraxis.

17.04.1950
Schmitz bewirbt sich am 17. April 1950 auf eine in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift ausgeschriebene Stelle beim Pharmaunternehmen C.H. Boehringer Sohn in Ingelheim, die seinen Neigungen zu Laborarbeit in hohem Maße entsprach.

01.07.1950
Nachdem er zum 1. Juli 1950 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Pharmazeutische Spezialitäten eingestellt worden war, siedelte sich Schmitz in
Ingelheim an.

00.07.1953
Nach der Scheidung von seiner ersten Frau schloss er im Juli 1953 eine zweite Ehe, aus der eine weitere Tochter hervorging

Dezember 1958
Das Ermittlungsverfahren gegen ihn war eines der ersten, an dem die im Dezember 1958 geschaffene ZSL beteiligt war.

Ermittlungsverfahren von 1959
12.01.1959
Am 12. Januar 1959 wurde vermerkt, Schmitz´ derzeitiger Aufenthaltsort sei unbekannt und über dessen in Wuppertal lebende Mutter nicht zu ermitteln. Diese habe auch gegenüber engen Bekannten stets behauptet, ihr Sohn sei aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft nicht heimgekehrt, sich zeitgleich aber um „Persilscheine“ für ihn bemüht.

00.01.1959
Bereits wenige Tage später war Schmitz in Ingelheim lokalisiert. In einem Schreiben der Staatsanwaltschaft Mainz wurde der Zentralen Stelle mitgeteilt, Schmitz werde unauffällig überwacht. Außerdem wurde warnend darauf hingewiesen, dass dieser unter fadenscheinigen Gründen einen neuen Reisepass beantragt habe, den man ihm nicht verweigern könne, ohne seinen Verdacht zu erregen. (Der alte Reisepass war noch bis April 1962 gültig und hatte noch viele freie Seiten für Ein- und Ausreisevermerke.)

27.02.1959
In einer Verfügung vom 27. Februar 1959 wurde die sofortige Ausstellung eines Haftbefehls beim Amtsgericht Ingelheim wegen des Verdachts der Beteiligung an Häftlingstötungen im KL Sachsenhausen beantragt. Ausdrücklich stellte der Oberstaatsanwalt eine Parallele zwischen dem Verfahren gegen Schmitz und der erst kurz zuvor erfolgten Flucht des ehemaligen SS-Arztes Hanns Eisele her, indem er den Antrag für einen neuen Reisepass als Indiz einer Fluchtvorbereitung wertete.1392 Noch am gleichen Tag erfolgte die Ausstellung des Haftbefehls, die Verhaftung sowie eine erste Beschuldigtenvernehmung, in der Schmitz alle Vorwürfe bestritt und betonte, er habe den Häftlingen auf jede erdenkliche Weise direkt Hilfe geleistet oder indirekt Hilfe zukommen lassen. Der Ernährungszustand und die Sterblichkeit in der von ihm geleiteten Inneren Abteilung „hielt sich durchaus im Rahmen und sie war so, wie ich sie von Krankenhäusern gewohnt bin“. Als Zeugen für sein korrektes Verhalten den Kranken gegenüber benannte er die ehemaligen Häftlinge Wilhelm Thierhoff, Reinhold W. und Heinrich R., die ihm schon kurz nach Kriegsende „Persilscheine“ ausgestellt hatten. (Der Arzt, der zuletzt nicht mehr praktizierte, wurde in seinem Haus in Ingelheim festgenommen. Seine Rolle bei der Ermordung der Sachsenhausen-Opfer, Juden und Nichtjuden, wurde kürzlich während der Prozesse gegen Wilhelm Schubert und Gustave Sorge, SS-Wachleute im Lager, enthüllt, die wegen zahlreicher Morde zu lebenslanger Haft verurteilt wurden.)

1959
Offensichtlich im Bemühen negative Berichterstattung zu vermeiden, hatte sich sein bisheriger Arbeitgeber 1959 von Schmitz getrennt.

03.03.1959
Mit Schreiben vom 3. März 1959 informierte die Geschäftsleitung der Firma Boehringer Ingelheim die Kollegen über Schmitz´ Verhaftung im Zusammenhang mit NS-Verbrechen und empfahl ihnen, bis zur Klärung der Vorwürfe keine Stellungnahmen nach außen abzugeben.

30.04.1959
Ein Schreiben vom 30. April 1959 an den noch in Untersuchungshaft sitzenden Schmitz lässt vermuten, dass dieser zunächst beurlaubt und das bestehende Arbeitsverhältnis zum nächstmöglichen Zeitpunkt gekündigt wurde. So heißt es dort:
„Deshalb glaube ich nicht, dass Sie, auch wenn Sie – was ich Ihnen sehr wünsche – bald aus der Haft entlassen werden, den Dienst in der Firma wieder aufnehmen können. Aus diesem Grunde wird es wohl am zweckmäßigsten sein, dass Sie bis zur Klärung des Sachverhalts zunächst beurlaubt werden.“

Aussage des ehemaligen Häftlings Ballhorn Franz im Verfahren gegen Schmitz Emil
„Ich glaube, dass Dr. Schmitz insbesondere solche Häftlinge, welche seinerGesellschaftsschicht entstammten, mit der erforderlichen Höflichkeit behandelt hat. Es ist mir deshalb durchaus verständlich, dass solche Häftlingspatienten von ihm einen loyalen und entgegenkommenden Eindruck bekommen haben. Es kann durchaus die Möglichkeit bestehen, dass er für einzelne Häftlinge etwas mehr getan hat, wie für andere. Ich glaube aber kaum, dass Dr. Schmitz derartiges aus reiner Menschlichkeit tat. Vielmehr nehme ich an, dass Dr. Schmitz ein stark ausgeprägtes gesellschaftliches Standesbewusstsein hatte und aus dieser Haltung heraus Unterschiede in der Behandlung der Patienten machte.“

09.11.1967
Laut Aussage Horst W. spritzte Emil-Christian Schmitz vornehmlich mit Progynon forte ab, während der SDG Rudolf Ullmann das Schlafmittel Eunarcon forte bevorzugte