SS-Ogruf. u. Generalleutnant der Waffen-SS

* 22.04.1889 in Odenkirchen
† 10.05.1945 Lazarett Flensburg-Mürwik
letzter bekannter Wohnort vor 1939: Düsseldorf Kronprinzenstraße 71

Eltern:
Johannes Leberecht Ludwig Glücks u. Wilhelmine Ida geb. Mechelen
Beruf des Vaters: Lehrer u. Kaufmann

Besuch der Volksschule und des städtischen Gymnasiums in Düsseldorf

1907 Abgang vom städtischen Gymnasium in Düsseldorf

Lehre in der elterlichen Hanseatischen Feuer- Versicherungs-Gesellschaft

ab 01. Oktober 1909 bis 1910 Einjährig-Freiwilliger im Kleveschen Feldartillerie-Regiment Nr. 43 in Wesel.

1912 Beschäftigung in der Filiale der Hanseatischen Feuer- Versicherungs-Gesellschaft in Leipzig und Besuch der dortigen Handele-Hochschule.

ab 1913 mehrmonatige Auslandsaufenthalte in England

1914 Reise nach Südamerika; vom Kriegsausbruch in Buenos Aires überrascht

Januar 1915 kehrte er von einer Südamerika-Reise nach Deutschland zurück
(Um in diesen Krieg ziehen zu können, nahm er einiges auf sich, schiffte sich mit gefälschten Papieren als Schweizer Matrose auf einem norwegischen Frachter ein, der ihn zurück nach Deutschland brachte.)

1915 Sofortiger Eintritt beim Heer, Teilnahme an den Kämpfen an der Aisne und Verdun sowie Sommeschlacht und späterhin Galizien. Verwendung als Beobschtungsoffizier und Batterie Führer.

ab 1919 kämpfte er im Westfälischen Freikorps Lichtschlag
Das Freikorps wurde im Ruhrgebiet aufgrund seiner brutalen Vorgehensweise als „Freikorps Totschlag“ bezeichnet.
(15. März 1920: Zum äußersten Kampf entschlossen, und die Parole siegen oder sterben im Herzen, gingen die Arbeiter zum Angriff über. Nur mit wenigen Gewehren bewaffnet, schlugen sie am Montag, dem 15. März, die Kompanie Hasenclever vom Freikorps Lichtschlag , die mit roter Fahne in Wetter a. d. Ruhr eingezogen war, sich dort befestigte, dann die schwarz-weiß-rote Fahne hißte, dermaßen aufs Haupt, daß von der ganzen Kompanie nur 18 Gefangene übrig blieben. Mutig gemacht durch den Erfolg, zogen die Hagener Genossen gegen das Korps Lichtschlag vor, das sich in Herdecke festgesetzt hatte. In wenigen Stunden war der Kampf zugunsten der Arbeiter entschieden. Die geschlagenen Truppen flüchteten nach Aplerbeck und Hörde zu, wurden dort von beiden Seiten gepackt und vernichtet. Eine Anzahl Geschütze, Minenwerfer und über hundert Maschinengewehre sowie Munition, Pferde und Bagagen fielen den siegreichen Arbeitern in die Hände, Hauptmann Lichtschlag schoß sich aus Gram über die erlittene Niederlage eine Kugel in den Kopf.)
bekannte Mitglieder:
SS-Brigade Georg Asmus
SS-Stand Rudolf Bieber
SS-Brigade Karl Dellenbusch
SS-Brigade Anton Diermann
SS-Gruppenführer Helmut Friedrichs
SS-Gruppenführer Richard Glücks
SS-Obergruppenführer Anton-Kleinheisterkamp
SS-Obergruppenführer und General-der Waffen-SS Matthias Kleinheisterkamp

März 1920 bis 1924 Zur Heeresfriedenskommission kommandiert und Verbindungsoffizler zur interalliierten Kommission zur Kontrolle der militärischen Stärken. Bis zum Jahre 1924 gehörte er der iriedenskommission bis zur Auflösung als Verbindungsoffizier an.

ab 1925 Grenzschutzbearbeitung im Stab der 6. Preußischen Division. Später Aufstellung des Kleinkaliber-Schießsports. Ende 1931 wegen Geldverknappung abgebaut.

am 31. Juli 1926 als Oberleutnant aus dem aktiven Dienst verabschiedet und anschließend bis Ende 1931 als Zivilangestellter von der 6. Division mit Aufträgen in der Grenzschutzbearbeitung betraut.

1927 wurde Glücks Mitglied des Stahlhelms

01. März 1930 Eintritt in die NSDAP (NSDAP Mitglieds Nu. 214 855)
16. November 1932 Eintritt in die SS (SS Mitglieds Nu. 58 706)

Ende 1931 aus der Reichswehr entlassen

ab Anfang 1932 hauptamtlicher SS Mitarbeiter
(Sturmbannadjutant in Essen

1933 Angehöriger des Stabes A-Gruppe West und mit der Führung der Geschäfte des Stabsführers beauftragt

1934 Beförderung zum SS-Obersturmbannführer

1935 Führer der 77. SS-Fußstandarte in Schneidemühl

1935 Beförderung zum SS-Standartenführer

am 28. Dezember 1935 heiratete er die erheblich jüngere Alice Klages, die er zuvor ihrem „schweinischen“ Ehemann abspenstig gemacht hatte, einer „in geschlechtlicher Beziehung abnorm veranlagten“ Person, wie es in seiner Personalakte heißt – was immer Glücks darunter verstand. Ganz entgegen der nationalsozialistischen Gebärpropaganda schenkte Alice Klages dem „Führer“ kein Kind, die Ehe blieb ohne Nachwuchs.

ab 15. November 1939 der Inspekteur der Konzentrationslager

am 01. März 1941 Begleiter Himmlers bei dessen erster Inspektion in Auschwitz

am 20. April 1941 Beförderung zum SS-Brigadeführer u. Generalmajor der Waffen-SS

am 16. März 1942 Eingliederung der IKL als Amtsgruppe D ins WVHA (in Oranienburg, angrenzend an das KZ Sachsenhausen). Die Amtsgruppe D ist gegliedert: Amt D I: Zentralamt und Adjutantur, Amt D II: Arbeitseinsatz der Häftlinge, Amt D III: Sanitätswesen und Lagerhygiene, Amt D IV Konzentrationslagerverwaltung.

Am 30. April 1942 hatte General Oswald Pohl dem Chef seiner Amtsgruppe D des SS-WVHA in Oranienburg, General Richard Glücks und allen anderen KZ-Lagerkommandanten die neuen Bestimmungen mitgeteilt, wonach der Lagerkommandant allein für den Einsatz der Arbeitskräfte verantwortlich war. Dieser solle im „wahren Sinn des Wortes erschöpfend sein, um ein Höchstmass an Leistung zu erreichen.

am 07. Juli 1942 Besprechung mit Himmler, dessen Arzt Karl Gebhardt und mit Clauberg zur Sterilisation jüdischer Frauen.

Rundschreiben Glücks an die KZ-Kommandanten vom 06. August 1942:
„Betrifft: Verwertung der abgeschnittenen Haare“. Menschenhaar, hieß es darin, sei ein wichtiger Rohstoff, zu Garn versponnen würden daraus Füßlinge für U-Bootbesatzungen und Eisenbahner. Versuchsweise solle auch das Haar männlicher Häftlinge genutzt werden, wenn es denn mindestens zwei Zentimeter lang sei. Und weil der Schreiber dieser Zeilen außerordentlich gründlich war, fiel ihm noch etwas ein. Lange Haare könnten ja auf der Flucht das Untertauchen erleichtern. Deshalb solle „eine Kennzeichnung der Häftlinge in der Weise erfolgen, dass mit einer schmalen Haarschneidemaschine mitten über den Kopf eine Haarbahn geschnitten wird. Das Wort „schmal“ ist gesperrt geschrieben, um seine Bedeutung zu unterstreichen.

am 28. Dezember 1942 schickte Glücks ein Rundschreiben an alle KL-Kommandanten, in denen er diese persönlich für die Erhaltung der Arbeitskraft der Häftlinge verantwortlich machte.
Glücks schrieb:
»In der Anlage wird eine Aufstellung über die laufenden Zu- und Abgänge in sämtlichen Konzentrationslagern zur Kenntnisnahme übersandt. Aus derselben geht hervor, daß von 136 000 Zugängen rund 70 000 durch Tod ausgefallen sind. Mit einer derartig hohen Todesziffer kann niemals die Zahl der Häftlinge auf die Höhe gebracht werden, wie es der Reichsführer-SS befohlen hat.
»Die 1. Lagerärzte haben sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln
dafür einzusetzen, daß die Sterblichkeitsziffern in den einzelnen Lagern wesentlich herabgehen.
Die Lagerärzte haben mehr als bisher die Ernährung der Häftlinge zu überwachen und in Übereinstimmung mit den Verwaltungen dem Lagerkommandanten Verbesserungsvorschläge einzureichen. Diese dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern sind von den Lagerärzten regelmäßig nachzukontrollieren. Ferner haben sich die Lagerärzte darum zu kümmern, daß die Arbeitsbedingungen auf den einzelnen Arbeitsplätzen nach Möglichkeit verbessert werden. Der Reichsführer SS hat befohlen, daß die Sterblichkeit unbedingt geringer werden muß.«

am 07. Januar 1943 letzter Besuch in Auschwitz
Es wird über die Schließung bzw. Fortführung der Arbeitslager im Generalgouvernement verhandelt, anwesend sind neben Oswald Pohl auch Göth ehemaliger Chef in Lublin, SS-Gruppenführer Odilo Globocnik , des weiteren SS-Brigadeführer Richard Glücks, der Inspektor der KZs, und dessen Stellvertreter Gerhard Maurer sowie weitere SS-Führer. Man stimmt darin überein, dass die Lager mit „kriegswichtiger und siegentscheidender Fertigung“ von der Amtsgruppe D des SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes als Konzentrationslager übernommen werden. Neben Trawniki sind das Poniatowa, Radom, Budzyn, die „Deutschen Ausrüstungswerke“ in Lublin und das Lager in Lemberg auch das Lager Krakau-Plaszow. Für 20 000 Häftlinge bedeutet das eine neue Chance, eine Chance zum Überleben.

Am 25. Januar 1945, zwei Tage vor der Befreiung von Auschwitz, erhielt Glücks das Deutsche Kreuz in Silber. In einer Stellungnahme wurde er von den Nationalsozialisten in seiner Rolle als Schreibtischtäter belobigt: „Wenn sich hier in den ganzen Kriegsjahren keinerlei Schwierigkeiten ergeben haben und die Kriegsindustrie in kürzester Zeit mit den angeforderten Arbeitskräften versorgt werden konnte, dann ist das das Verdienst des SS-Gruppenführers Glücks. Er hat durch diese Leistung einen wesentlichen Beitrag zur Kriegsrüstung und damit zur Kriegsführung geleistet.“

am 16. April 1945 wurden die Gebäude der WVHA in Oranienburg durch alliierte Bombenangriffe zerstört und die Behörde wurde nach Born a. Darß verlegt. Am gleichen Tag, reisten Glücks und seine Frau reisten mit dem Auto nach Ravensbrück

am 26. April 1945 zogen die Glücks nach Born a. Darß

am 30. April 1945 zogen die Glücks ufgrund des schnellen Vormarsches der Roten Armee nach Warnemünde.

am 2. Mai 1945 flohen die Glücks mit einigen anderen WVHA Beamten nach Flensburg

am 2. Mai 1945, Nachmittags, parkten sie ihre Fahrzeuge in einem Wald in der Nähe von Friedrichshöh; Glücks und seine Frau blieben in dieser Nacht mit Frau Stöhr, in Friedrichshöh.

am 3. Mai 1945, gingen einige aus der Gruppe in die Kriegsmarineschule, Mürwik; Glücks und Frau sind in dieser Gruppe nicht erwähnt und was sie in den nächsten Tage taten, ist nicht bekannt. Allerdings ist bekannt, dass sich Glücks Richard mit Himmler in dieser Zeit getroffen haben.

am 10. Mai 1945, soll er im Marine Lazarett Flensburg-Mürwik unter dem Falschnahmen ​​Sonneman Selbstmord begangen haben. Eine Sterbeurkunde wurde hier von einem Marineoberstabsarzt Dr. Lorentzen ("Todesursache Vergiftung durch Cyankali") ausgestellt. Lorentzen wurde später in Bad Segeberg verhaftet

am 10. Mai 1945, zwei Tage nach der deutschen Kapitulation, sah Glücks kein Ausweg mehr. Mit einer Zyankalikapsel setzte der Schreibtischmörder seinem Leben ein Ende.


Flucht Himmlers und Gefolge

Die von Frederick Forsyth in seinem Thriller Die Akte Odessa aufgestellte Behauptung, dass Glücks überlebte, sich unter dem Namen Ricardo Suertes nach Südamerika absetzten konnte und dort ein Netzwerk von geflüchteten Nationalsozialisten aufbaute, ist eine Fiktion und entspricht nicht den Tatsachen.

Im Ärzteprozeß mehrfach erwähnt:
Glücks war an der Organisation der Lost-Versuche durch August Hirt. der Sterilisationsexperimente Carl Claubergs und der Meerwasser-Versuche der Luftwaffe im Konzentrationslager Dachau beteiligt

Auszeichnungen
Deutsches Kreuz in Silber
1914 EK I
1914 EK II
KVK I m. Schw.
KVK II m. Schw.
Ehrenkreuz für Frontkämpfer
Ehrendegen des RF SS
Totenkopfring der SS

14.11.1940

Rudolf Höß, Kommandant des KL Auschwitz, benachrichtigt schriftlich den Inspekteur der Konzentrationslager Richard Glücks, das die 11 "Häftlinge", die in die Flucht des Häftlings Tadetisz Wiejowski verwickelt sind, mit einem Straftransport auf den Weg zum KL Flossenbürg geschickt worden seien und am 18. November am Bestimmungsort einträfen.

26.01.1941

Am 26. Januar 1941 - sechs Tag nach der Wannsee-Konferenz - erhielt Richard Glücks, vom Reichsführer-SS ein Telegramm folgenden Inhalts:
„Nachdem russische Kriegsgefangene in der nächsten Zeit nicht zu erwarten sind, werde ich von den Juden und Jüdinnen, die aus Deutschland ausgewandert werden, eine große Anzahl in die Lager schicken. Richten Sie sich darauf ein, in den nächsten 4 Wochen 100 000 männliche Juden und bis zu 50 000 Jüdinnen in die KL aufzunehmen. Große wirtschaftliche Aufgaben und Aufträge werden in den nächsten Wochen an die Konzentrationslager herantreten. SS-Gruppenführer Pohl wird Sie im Einzelnen unterrichten.“ Einen Tag zuvor hatte Himmler bereits Pohl und Heydrich über seinen bevorstehenden Befehl informiert. Mit seinem Verwaltungschef telefonierte der Reichsführer-SS gegen 11 Uhr. Das Gespräch hatte „wirtschaftliche Neuaufgaben“ zum Inhalt. Zudem wurde Pohl für den 28. Januar ins Büro des Reichsführer-SS geladen. Heydrich und Himmler sprachen um 17 Uhr über „Juden in die KLs“.

16.07.1941

Richard Glücks macht die Lagerkommandanten darauf aufmerksam, daß die Zahl der gelungenen Fluchtversuche von Häftlingen aus Konzentrationslagern zugenommen habe. Das betreffe vor allem die Polen und in einem Falle einen sog. Rot-SpanienKämpfer. Glücks stellt fest, daß die Ursache, warum die Häftlinge alles täten, um aus den Lagern zu fliehen, der im Osten geführte Krieg sei. Deswegen habe der Reichsführer SS beschlossen, daß jeder Lagerkommandant dafür verantwortlich sei, den Häftlingen eine Flucht unmöglich zu machen. Er befiehlt, alle SS-Mannschaften, Bereitschaften, Wachkompanien entsprechend zu belehren. Für den Fall einer gelungenen Häftlingsflucht ordnet er, im Falle eines festgestellten Verschuldens der SS-Männer, an, die der Pflichtversäumnis Schuldigen strengstens zu bestrafen.

14.08.1941

Glücks teilt den Lagerkommandanten mit, daß die Urnenbestellungen frühzeitig an das Inspektorat zu richten seien, weil die Firmen Großkopf Ludwig u. Co. aus Ilmenau sowie J A. Topf u. Söhne aus Erfurt, die die Aufträge erhalten, mehr Zeit für die Anfertigung und Lieferung der Urnen brauchten.

22.09.1941

Am 22. September 1941 war Glücks, der Inspekteur der Konzentrationslager, über die vorgesehene Aufnahme von 200.000 Kriegsgefangenen in die Konzentrationslager informiert worden.

24.09.1941

Richard Glücks genehmigt den Familien der Häftlinge die einmalige Zusendung von Unterwäsche und eines Pullovers.

21.10.1941

Richard Glücks benachrichtigt die Kommandanten der Konzentrationslager, daß die Korrespondenz in bezug auf russische Kriegsgefangene in Zukunft mit folgenden Bezeichnungen zu kennzeichnen sei:
1.) 14 b 18 bei allgemeinem Schriftverkehr und Veränderungsmeldungen
2.) 14 f 7 bei natürlichen Todesfällen
3.) 14 f 8 bei Selbstmorden und Unglücksfällen
4.) 14 f 9 bei Erschießungen auf der Flucht
5.) 14 f 10 bei Verletzungen infolge Waffengebrauchs
6.) 14 f 14 bei Exekutionen
Die bisherige Aktenbezeichnung «Az.: 14» solle durch die o. g. Bezeichnungen ergänzt werden.

30.11.1941

Der Inspekteur der Konzentrationslager und der Bevollmächtigte für den Arbeitseinsatz benachrichtigen die Kommandanten der Konzentrationslager, daß wahrscheinlich zu gegebener Zeit die russischen Kriegsgefangenen zur Arbeit herangezogen werden können. Während der Sitzungen am 10. und 11. November 1941 wird bereits eine kurze Einführung über die Häftlingsstärke und die Lohngestaltung gegeben. Im Zusammenhang damit wird angeordnet, die entsprechenden Meldungen über die russischen Kriegsgefangenen anzufertigen, wie sie seit dem 27. Oktober 1941 für die übrigen Häftlinge verpflichtend seien.
Und zwar:
1.) Stärkemeldung (auch Stichtagmeldungen am 1. und 15. des Monats)
2.) Forderungsnachweis
3.) Facharbeiter-Stärkemeldung
4.) Einsatz im Lager nach Berufsgrupen

25.01.1942

Der Reichsführer SS Himmler benachrichtigt den Inspekteur der Konzentrationslager Glücks, daß die Konzentrationslager in den nächsten Wochen vor ernste Aufgaben gestellt würden und daß er über Einzelheiten durch SS-Obergruppenführer Oswald Pohl informiert werde. Da in der nächsten Zeit keine Transporte von russischen Kriegsgefangenen zu erwarten seien, werde er in den folgenden vier Wochen 100 000 Juden und 50 000 Jüdinnen, die aus dem Reichsgebiet ausgesiedelt werden sollen, in die Konzentrationslager schicken.

12.02.1942

Glücks läßt die Lagerkommandanten die Anzahl der Häftlinge, die innerhalb des Lagers bei Aufräumungsarbeiten und zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Konzentrationslager beschäftigt sind, herabsetzen bis auf maximal ein Zehntel der in jedem Lager einsitzenden Zahl arbeitsfähiger Häftlinge. Er betont gleichzeitig, daß zu den bewilligten zehn Prozent gesunder Häftlinge bedingt taugliche Häftlinge für Aufräumungs- und Säuberungsarbeiten zusätzlich Verwendung finden können. Diese Anordnung soll die verstärkte Beschäftigung der Häftlinge in der Rüstungsindustrie, die die SS in der Nähe oder auf dem Gelände der Konzentrationslager auszubauen beabsichtigt, ermöglichen.

16.06.1942

am 16.06.1942 um 17:30 Uhr trifft Glücks zu einem Besuch im KL Auschwitz ein.

11.07.1942

Glücks teilt am 11.07.1942 in einem Rundschreiben an die Kommandanten der Konzentrationslager mit, daß nach Informationen des RSHA aus den Konzentrationslagern an die Gestapo, insbesondere in Brünn, Pakete mit Häftlingskleidung geschickt worden seien, an denen in einigen Fällen Beschädigungen durch Schüsse oder Blutflecke festgestellt worden seien. Ein Teil der Pakete sei in beschädigtem Zustand eingetroffen, so daß fremde Personen Einsicht haben nehmen können. In Kürze werde das RSHA eine Anordnung erlassen, die die Übersendung des Nachlas ses verstorbener Häftlinge regele. Bis eine generelle Regelung zur Vermögenseinziehung erfolge, sei ab sofort der Versand des Nachlasses bzw. der Kleidung der hingerichteten Häftlinge einzustellen.

06.08.1942

Rundschreiben Glücks vom 6. 8. 1942 an die KZ-Kommandanten (»Verwertung der abgeschnittenen Haare«): »Aus ausgekämmten und abgeschnittenen Frauenhaaren werden Haargarnfüßlinge für U-Boot-Besatzungenund Haarfilzstrümpfe für die Reichsbahn angefertigt.« Glücks weiter: »Schnitthaar von männlichen Häftlingen kann nur von einer Länge von 20 mm an Verwertung finden.« (Sonderkommando Haartrockenraum Auschwitz)

Zusammenfassung

Die Kommandanten von 15 Konzentrationslagern bekamen von ihm ihre Anweisungen. Richard Glücks galt als höflicher Mann – und organisierte an seinem Schreibtisch die Ausbeutung der Häftlinge bis zu ihrem Tod.

Das Rundschreiben ging an die Kommandanten aller Konzentrationslager: „Betrifft: Verwertung der abgeschnittenen Haare“. Menschenhaar, hieß es darin, sei ein wichtiger Rohstoff, zu Garn versponnen würden daraus Füßlinge für U-Bootbesatzungen und Eisenbahner. Versuchsweise solle auch das Haar männlicher Häftlinge genutzt werden, wenn es denn mindestens zwei Zentimeter lang sei. Und weil der Schreiber dieser Zeilen außerordentlich gründlich war, fiel ihm noch etwas ein. Lange Haare könnten ja auf der Flucht das Untertauchen erleichtern. Deshalb solle „eine Kennzeichnung der Häftlinge in der Weise erfolgen, dass mit einer schmalen Haarschneidemaschine mitten über den Kopf eine Haarbahn geschnitten wird.“ Das Wort „schmal“ ist gesperrt geschrieben, um seine Bedeutung zu unterstreichen. Gezeichnet am 6. August 1942 von Richard Glücks.

Im Zusammenhang mit dem Holocaust, dem Massenmord an Millionen Menschen, fallen neben dem Namen Adolf Hitler meist solche wie Heinrich Himmler, Reinhard Heydrich oder Adolf Eichmann. Richard Glücks ist kaum jemandem bekannt. Dabei spielte er eine zentrale Rolle. Als Chef der Amtsgruppe D im SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt verwaltete Glücks das gesamte Konzentrationslager-System. Er war es, der vor 70 Jahren, im Januar 1940, eine Delegation in einen bis dato kaum bekannten Ort namens Auschwitz schickte, um dort das Terrain für ein neues Lager zu sondieren. Von ihm erhielten die Kommandanten der einzelnen Lager regelmäßig ihre Weisungen. Während Eichmann im Reichssicherheitshauptamt die Deportationen organisierte, war Glücks für die Einweisung der Häftlinge in die Lager zuständig. Er organisierte ihre erbarmungslose Ausbeutung bis zum letzten Haar.

Richard Glücks war zwei Tage jünger als Adolf Hitler. Am 22. April 1889 wurde er in Odenkirchen bei Mönchengladbach geboren. Das Gymnasium musste er noch vor dem Abitur verlassen, seine Lehre machte er in der elterlichen Versicherungsgesellschaft. Er ging ins Ausland, arbeitete als Kaufmann in England und Südamerika. In Buenos Aires erreichte ihn die Nachricht vom Kriegsausbruch. Um in diesen Krieg ziehen zu können, nahm er einiges auf sich, schiffte sich mit gefälschten Papieren als Schweizer Matrose auf einem norwegischen Frachter ein, der ihn zurück nach Deutschland brachte. Als Beobachtungsoffizier und Batterieführer kämpfte er in den mörderischen Schlachten der Westfront, an der Somme und vor Verdun, wurde mit dem Eisernen Kreuz Erster und Zweiter Klasse und dem Ehrenkreuz für Frontkämpfer ausgezeichnet.

Nach dem Krieg machte Richard Glücks eine für Leute seines Schlages typische Karriere. Als am 11. November 1918 in Compiègne die Vereinbarung über einen Waffenstillstand unterzeichnet wurde, standen noch Millionen Soldaten an der Front. Manche wurden in die neu gebildete vorläufige Reichswehr aufgenommen. Zu ihnen gehörte zum Beispiel Adolf Hitler, der im Auftrag der Nachrichten- und Aufklärungsabteilung des Münchner Gruppenkommandos politische Versammlungen observierte. Viele andere ehemalige Frontsoldaten schlossen sich daheim revolutionären Bewegungen an. Mehrere hunderttausend gingen zu den Freikorps, Freiwilligenverbänden, in denen sich Monarchisten, Nationalisten und Antisemiten sammelten, radikale Gegner der Arbeiter- und Soldatenräte, die sich nach der Novemberrevolution gebildet hatten. Bei der blutigen Unterdrückung des Berliner Spartakusaufstandes, der Münchner Räterepublik und anderer Erhebungen spielten die Freikorps eine wichtige Rolle.

Richard Glücks schloss sich im Ruhrgebiet dem Freikorps Lichtschlag an. Die Truppe war bald für ihre Brutalität berüchtigt, viele sprachen vom „Freikorps Totschlag“. 1930 trat Glücks der NSDAP bei, zwei Jahre später ging er zur SS, machte rasch Karriere, stieg 1935 zum Standartenführer auf, eine hauptamtliche Position. Er heiratete die erheblich jüngere Alice Klages, die er zuvor ihrem „schweinischen“ Ehemann abspenstig gemacht hatte, einer „in geschlechtlicher Beziehung abnorm veranlagten“ Person, wie es in seiner Personalakte heißt – was immer Glücks darunter verstand. Ganz entgegen der nationalsozialistischen Gebärpropaganda schenkte Alice Klages dem „Führer“ kein Kind, die Ehe blieb ohne Nachwuchs.

Ein entscheidendes Karrieredatum für Richard Glücks ist der 1. April 1936. Er wird zur Inspektion der Konzentrationslager (IKL) versetzt, die von Theodor Eicke geleitet wird. Eicke war zunächst Kommandant des Konzentrationslagers Dachau gewesen. Dort hatte er das „Dachauer Modell“ der von der SS organisierten Lagerverwaltung entwickelt, das nach und nach auf alle großen Konzentrationslager übertragen wurde. Theodor Eicke war ein oft brutaler Typ, manche nannten ihn einen Schlächter. 1934 hatte er im Auftrag Adolf Hitlers den SA-Stabschef Ernst Röhm ermordet und damit den Aufstieg der SS zu einer eigenständigen Organisation mit eingeleitet. Die Organisation des Lageralltags interessierte ihn nicht. Auch den Korruptionsvorwürfen, die gegen verschiedene Wachmannschaften erhoben wurden, ging er nicht nach. Richard Glücks dagegen, der ehemalige Artillerie-Offizier, der wegen einer Kriegsverletzung hinkte, war ein zurückhaltender Mensch, wird als höflich im persönlichen Umgang beschrieben. Er sollte sich als beflissener Verwalter der Vernichtungsmaschinerie erweisen.

Heinrich Himmler, der „Reichsführer SS“, war nicht gewillt, wegen der aktenkundigen Unregelmäßigkeiten eine Untersuchung gegen Eicke einzuleiten. Er löste das Problem anders: Nach dem deutschen Überfall auf Polen wurde Eicke in den Osten geschickt. Als Kommandeur der SS-Division „Totenkopf“ war Eicke in den eroberten polnischen Gebieten für „Säuberungs- und Sicherheitsmaßnahmen“ zuständig und damit zweifellos in seinem Element. Nachfolger von Eicke als Leiter der IKL wurde 1939 Richard Glücks. Und sein Aufgabengebiet sollte nun gewaltig expandieren. Zusätzlich zu den bestehenden sechs Konzentrationslagern errichtete die IKL bis 1942 fünf neue Lagerkomplexe: Auschwitz, Neuengamme, Natzweiler, Groß-Rosen und Majdanek. Vor allem Auschwitz entwickelte sich zu einer Vernichtungsmaschine, wie sie die Welt noch nicht gesehen hatte. Der Name des kleinen oberschlesischen Städtchens wurde zum Synonym für das jedes menschliche Vorstellungsvermögen übersteigende Verbrechen der Vernichtung des europäischen Judentums.

Im Januar 1940 reiste auf Anordnung von Glücks erstmals eine Kommission nach Auschwitz, das 60 Kilometer westlich von Krakau im sogenannten Generalgouvernement lag. Die Kommission besichtigte die in der Nähe der Kleinstadt gelegenen ehemaligen österreichischen Kavalleriekasernen, hielt die vorhandenen Bauten für die Errichtung eines Lagers zunächst für nicht geeignet, korrigierte sich aber nach einer zweiten Besichtigung. Glücks meldete Himmler, dass das Gelände nach Beseitigung einiger baulicher Mängel doch infrage kam. Und am 27. April gab Himmler Glücks den Befehl, dort ein Konzentrationslager einzurichten und es durch Häftlinge ausbauen zu lassen. Rudolf Höß wurde zwei Tage später zum Kommandanten des neuen Lagers ernannt.

Mit dem Plan, einen großen Häftlingskomplex zu errichten, verbanden sich noch weitere Überlegungen. Die Nationalsozialisten behaupteten einen historischen Anspruch auf diese einst von Deutschen kolonisierten Räume und sahen hier im Osten den den Deutschen angeblich fehlenden Lebensraum. Auschwitz war 1270 als deutsche Stadt gegründet worden und das sollte es nun wieder werden. Der Architekt Hans Stosberg wurde zum Sonderbeauftragten für den Generalbebauungsplan der Stadt ernannt. Heinrich Himmler wollte hier das „Musterbeispiel für die Siedlung im Osten“ errichten und sogenannte Volksdeutsche ansiedeln. Die neue Siedlung sollte den Namen „HeinrichHimmler-Stadt“ tragen.

Auschwitz sollte aber nicht nur große Zahlen von Häftlingen und deutsche Neusiedler beherbergen. Schon 1940 geriet Auschwitz auch in das Blickfeld der I.G. Farben. Otto Ambros, ein alter Schulkamerad von Himmler, der nun eine führende Position bei dem Chemiekonzern innehatte, sah in Auschwitz den idealen Standort für die Produktion von Buna, einem synthetischen Kautschuk. Die I.G. Farben waren mit 200 000 Beschäftigten eines der größten Privatunternehmen der Welt und für die deutsche Rüstungsproduktion von erheblicher Bedeutung. Neben Kautschuk stellten sie auch synthetisches Benzin her, das die Abhängigkeit vom knappen Rohöl verringern sollte. Kautschuk und Benzin wurden ab 1941 im Konzentrationslager Auschwitz III (Buna Monowitz) produziert. Eine Tochterfirma der I.G. Farben, die Degesch, lieferte das Gas Zyklon B, mit dem unterdessen im Lager Auschwitz II (Birkenau) Menschen vergast wurden.

Es wurde immer deutlicher, dass der wachsende Komplex der Konzentrations- und Vernichtungslager zwei zentrale Funktionen hatte. Das eine war die Systematisierung der Massenvernichtung hin zum Völkermord, das andere die Zwangsarbeit. Man wollte die „Untermenschen“, für die im rassistischen Weltbild der Nazis kein Platz war, ausbeuten bis zum Letzten und sie schließlich beseitigen. Die Sklavenarbeit in den Lagern führte zur „Vernichtung durch Arbeit“, wie das im NS-Jargon offiziell hieß. Im März 1942 wurde das „SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt“ gegründet, das in Berlin-Lichterfelde, Unter den Eichen 135, seinen Sitz hatte. Heute ist dort eine Außenstelle des Bundesbauamtes untergebracht. Hier wurden die SS-eigenen Industriebetriebe verwaltet. Richard Glücks leitete das Amt D, zuständig für das „Konzentrationslagerwesen“. Er war zentral verantwortlich für die Verteilung neuer Häftlinge auf die Lager sowie für die Organisation der Zwangsarbeit. Das tat er mit bemerkenswerter Konsequenz. Selbst die Kranken, deren Lebenserwartung oftmals nur noch wenige Tage betrug, sollten noch bis zuletzt zum „Endsieg“ beitragen, „zu einer entsprechenden Arbeit, die sie auch im Bett verrichten können, herangezogen werden.“


Richard Glücks verwaltete insgesamt 15 Konzentrationslager mit 500 Außenlagern. Seine Einsatzfreude erwarb ihm die Anerkennung seiner Vorgesetzten. In einer Stellungnahme vom Januar 1945 heißt es: „Wenn sich hier in den ganzen Kriegsjahren keinerlei Schwierigkeiten ergeben haben und die Kriegsindustrie in kürzester Zeit mit den angeforderten Arbeitskräften versorgt werden konnte, dann ist das das Verdienst des SS-Gruppenführers Glücks. Er hat durch diese Leistung einen wesentlichen Beitrag zur Kriegsrüstung und damit zur Kriegsführung geleistet.“ Am 25. Januar 1945, zwei Tage bevor die Rote Armee Auschwitz befreite, wurde Richard Glücks deshalb von Adolf Hitler das Deutsche Kreuz in Silber, einer der höchsten Orden des Dritten Reiches, verliehen.

Allen Anstrengungen der deutschen Kriegs- und Vernichtungsmaschine zum Trotz waren die sowjetischen Truppen immer rascher nach Westen vorgerückt. Die SS versuchte noch in den Sommermonaten des Jahres 1944, die Judenvernichtung zu forcieren. Zum Zentrum des Mordgeschehens wurde Auschwitz-Birkenau, das einzige noch intakte Vernichtungslager des Wirtschafts- und Verwaltungshauptamtes. In wenigen Wochen wurden über 400 000 ungarische Juden ermordet und zwei Lagerbereiche vollständig liquidiert, das Theresienstädter Familienlager und das sogenannte Zigeunerlager. Vor Eintreffen der Sowjets, 18. Januar 1945, wurden 58 000 Häftlinge auf einen Todesmarsch geschickt, lediglich 9000 Schwerkranke ließ man zurück. Die Gaskammern und Krematorien wurden gesprengt, Himmler hatte die wahnhafte Idee, so die Spuren der Judenvernichtung beseitigen zu können.

Anfang Mai 1945, Hitler war schon tot, begab sich Heinrich Himmler mit den Resten der Reichsregierung nach Flensburg. Er versammelte eine Entourage von 150 Getreuen um sich, unter ihnen Richard Glücks und Rudolf Höß. Die beiden waren am Abend des 3. Mai mit Himmler zusammen. Der erteilte ihnen den Befehl, sich als Unteroffiziere des Heeres zu verkleiden und über die grüne Grenze in das noch deutsch besetzte Dänemark zu gehen. Der Plan scheiterte. In Frederick Forsyths Thriller „Die Akte Odessa“ gelingt es Glücks als Ricardo Suertes („Suerte“ heißt Glück auf Spanisch), nach Buenos Aires zu entkommen, an den Ort seiner Anfänge, und ein Netzwerk für geflüchtete Nazis aufzubauen. Doch im Fall von Richard Glücks ging es in der Wirklichkeit wenigstens etwas gerechter zu als in der Literatur. Am 10. Mai, zwei Tage nach der deutschen Kapitulation, blieb Glücks kein Ausweg mehr. Mit einer Zyankalikapsel setzte der Schreibtischmörder seinem Leben ein Ende.
Von Ernst Piper

Düsseldorf Kronprinzenstraße 71