Auschwitz

Mit diesem Transport werden 895 "Häftlinge" aus dem Polizeiliches Durchgangslager Westerbork (Durchgangslager für Juden, Zigeuner und Resistenzkämpfer) ins KL Auschwitz deportiert. Nach der Übernahme ins Lager erhalten die übernommenen Männer die Häftlingsnummern 47843 – 48493. Die übernommenen Frauen erhalten die Häftlingsnummern 9027 - 9127

Der zweite Massendeportation von Westerbork nach Auschwitz-Birkenau datiert auf den 16. Juli 1942. Der Historiker Houwink ten Cate geht davon aus, dass der Transport überstürzt zusammengestellt wurde, weil eine Deportation aus Frankreich verschoben worden war, Reichsführer SS Heinrich Himmler das Vernichtungslager aber am 17. Und 18. Juli besuchen sollte. Die Deportationsliste der Zentralstelle wurde von in Westerbork tätigen Vertretern der Lippmann, Rosenthal & Co Bank kopiert und an Hans Fischböck weitergegeben, Generalsekretär für Finanzen und Wirtschaft in den Niederlanden, dem die Bank unterstand. Die Liste für diesen Transport zeigt, dass mindestens 586 Männer, Frauen und Kinder von Westerbork nach Auschwitz-Birkenau deportiert wurden. Ganze Familien sind aufgeführt, die jüngste Deportierte, ein Mädchen, war gerade sechs Monate, als man sie verschleppte. Der älteste Deportierte war 1879 geboren, womit er deutlich über dem Durchschnittsalter der Deportierten lag. Wie bei der vorherigen Deportation, befanden sich auch auf diesem Transport viele deutsche Juden. Da die Anzahl von 600-800 Deportierten (die Angabe schwanken), die am 16. Juli aus Amsterdam mit dem Zug in Westerbork eintrafen, wesentlich geringer war als von den Deutschen erwartet – ihr erklärtes Ziel war, zwischen dem 14. und 17. Juli 4.000 Juden aus den Niederlanden zu deportieren – füllten sie die anvisierte Quote mit Deportierten auf, die am Tag zuvor aus Amsterdam in Westerbork eingetroffen waren. Jozef Hony, der zusammen mit seiner Frau und seinem Kind deportiert wurde, bezeugte 1947: "Unser Transport war sehr groß. Es gab nicht ausreichend Platz im Zug, so dass einige erste am nächsten Tag abfahren sollten." Unter den Deportierten befanden sich auch 309-312 jüdische Männer, die als "kriminell" klassifiziert und am 16. Juli vom Lager Amersfoort, in der Nähe von Utrecht, nach Westerbork gebracht wurden. 27 von ihnen waren als "Schutzhäftlinge" (euphemistische Bezeichnung für Konzentrationslagerhäftlinge) registriert. Diese Gruppe setzte nie einen Fuß ins Durchgangslager, sondern musste direkt am Bahnhof Hooghalen in den Deportationszug nach Auschwitz steigen. Die Mehrzahl der Deportierten setzte sich jedoch aus Personen zusammen, die erst am 16. Juli in Westerbork eingetroffen waren sowie einigen, die am Tag zuvor in das Durchgangslager gekommen waren. Am 23. Juli 1942 meldete der niederländische Polizist Kornelius Jan Meijer, der in Hooghalen Dienst hatte, an den Bürgermeister von Beilen, dass die Deportierten am 16. Juli von der niederländischen SS mit Tritten und in Eile in den Deportationszug gezwungen worden seien. Der Zug habe sich aus 15 Waggons zusammengesetzt, zwei Passierwaggons für die deutsche Wachmannschaft und 13 Güterwaggons ohne Toilette für jeweils 70 Deportierte. Mejer berichtete weiter, dass 2.000 Brotrationen und Gemüse verladen worden seien, ob auch Wasser, wusste er nicht. Mit größter Wahrscheinlichkeit passierte der Zug in Nieuweschans die Grenze zu Deutschland, fuhr dann über Bremen, Hamburg (oder Hannover) und Berlin, weiter durch das besetzte Polen via Liegnitz (Legnica), Breslau (Wroclaw), Oppeln (Oppole), Cosel (Koźle) and Katowice (Kattowitz). Er traf am 17. Juli im Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau ein, zusammen mit dem Transport, der Westerbork am 15. Juli verlassen hatte. Danuta Czechs Auschwitz Chronik zufolge erreichten am 17. Juli insgesamt 2.000 Deportiere mit den beiden Transporten den Güterbahnhof des Lagers – 1.303 Männer und 697 Frauen und Kinder. Nach der Selektion an der alten Rampe wurden 1.251 Männer und 300 Frauen zur Zwangsarbeit in Auschwitz eingegliedert. Die Männer wurden mit den Nummern 47088-47687 tätowiert, die Frauen mit 8801-8999 sowie 9027-9127. Die anderen 449 Jüdinnen und Juden wurden sofort in den Gaskammern ermordet. Bei seinem Besuch des Lagers am 17. Juli wohnte Himmler der Vernichtung der Juden aus den Niederlanden bei. Dem Juristen Robert M.W. Kempner zufolge, Stellvertreter des US-Chefanklägers im Nürnberger Prozess vor dem Internationalen Militärgerichtshof, hat nur eine Person die Deportation vom 16. Juli 1942 aus Westerbork überlebt.

Aus Dokumenten geht hervor, daß die registrierten Häftlinge aus dem am 15. Juli vom holländischen Westerbork abgefahrenen Judentransport beim Morgenappell des 17. Juli in Auschwitz bereits in den Lagerbestand aufgenommen worden waren. Somit war der Transport zwischen dem Abendappell des 16. und dem Morgenappell des 17. Juli eingetroffen.
Dementsprechend waren die registrierten Häftlinge aus den von Westerbork abgegangenen Transporten beim Morgenappell des 18. Juli schon im Lagerbestand verzeichnet, was bedeutet, daß diese beiden Transporte zwischen dem Abendappell des 17. und dem Morgenappell des 18. angekommen sein mußten.
Zu jener Zeit galt für die Häftlinge die von Rudolf Höß im Sonderbefehl vom 17. April 1942 festgelegte Arbeitszeit von 6 bis 19 Uhr, mit einer Stunde Pause für das Mittagessen. Berücksichtigt man die Zeit, welche die Rückkehr der Außenkommandos ins Lager beanspruchte, kann man mit Sicherheit davon ausgehen, daß der Abendappell nicht vor 20 Uhr stattfand. Daraus läßt sich folgern, daß der erste Transport nicht vor 20 Uhr des 16. und nicht nach 6 Uhr des 17. Juli in Auschwitz angelangt sein kann und daß der andere Transporte nicht vor 20 Uhr des 17. und nicht nach 6 Uhr des 18. Juli angekommen sein kann.

16.07.1942
von Abfahrtsbahnhof Westerbork
Teilstrecke
Bahnhof Hooghalen
(LKWs, Fußmarsch)

von Abfahrtsbahnhof
Bahnhof Hooghalen
Teilstrecke
Güterwagen
KL Auschwitz