Auschwitz, 19. Januar 1944

1. Belobigung
Der SS-Uscha.
Johann Ratzka, 3. Komp, hat am 10.1.44 durch besondere Aufmerksamkeit und entschlossenes Handeln die Flucht von 2 Häftlingen verhindert. Ich spreche ihm für sein umsichtiges Verhalten meine besondere Anerkennung aus. Ratzka erhält als Belohnung 5 Tage Sonderurlaub.
Ich spreche dem SS-Schtz.
Paul Korhamer, 5. Komp, meine besondere Anerkennung aus, weil er am 4.1.44 durch umsichtiges Verhalten die Flucht eines Häftlings in Jaworzno verhindert hat. Korhammer erhält als Belohnung 5 Tage Sonderurlaub.

2. Ermordung eines SS-Angehörigen durch Häftlinge
Aus Anlaß der Ermordung des SS-Rottf. Peter Jarosiewitsch weist der Hauptamtschef, SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS Pohl, darauf hin, daß keinem Häftling zu trauen ist und hat gleichzeitig befohlen, daß
1. es die oberste Pflicht im Begleitdienst ist, sich 6 Schritte von den Häftlingen entfernt zu halten,
2. die mit Gewehr ausgerüsteten Begleitposten der Außenkommandos das geladene und gesicherte Gewehr nur noch unter dem rechten Arm auf der Patronentasche liegend zu tragen haben.

3. Mädchenwohnbaracken bei IG-Farben
Die IG-Farben, Werk Auschwitz, führt Klage darüber, daß Angehörige der Waffen-SS fast täglich bis in die späten Nachtstunden hinein sich in den Wohnlagern, insbesondere Gemeinschaftslager 8 (Karpfenteich) aufhalten, wo junge Mädchen untergebracht sind, und teilt gleichzeitig mit, daß das Betreten dieser Wohnbaracken für männliche Personen grundsätzlich verboten ist. Ich verbiete hiermit das Betreten dieser Wohnlagen Die
Stabsscharführer (es kann sich nur um Angehörige des KL Auschwitz III handeln, da für die übrigen SS-Angehörigen das Betreten bezw. Passieren der Stadt Auschwitz pp. verboten ist) haben täglich nach Beendigung des Dienstes bezw. vor Aushändigung des Urlaubscheines vorstehenden Befehl eindeutig den SS-Angehörigen zur Kenntnis zu bringen.

4. Wachvergehen
In einigen Fällen wurde festgestellt, daß SS-Männer auf den neuen Wachtürmen bei geschlossenem Fenster eingeschlafen sind. Ich ordne daher an, daß die Schiebefenster nicht ganz geschlossen sind, sodaß ein Spalt von etwa 5-10 cm Breite entsteht, damit frische Luft in die Wachtürme kommt. Die Männer sind dahingehend anzuweisen und die Kontrollorgane und Einheitsführer haben hierauf ihr besonderes Augenmerk zu richten, daß diese Anordnung überall durchgeführt wird. Bei der täglichen Wachbelehrung ist immer wieder darauf hinzuweisen, daß Wachvergehen, wozu auch Schlafen
auf dem Wachturm gehört, nicht disziplinär, sondern SS-gerichtlich geahndet werden müssen.

5. Haus Record
Am 11.1.44 gegen 6.15 Uhr hat ein SS-Mann auf der Baustelle Haus Record eine komplette Bratröhre für einen Küchenherd mit Türchen, 4 Herdplatten und Roststäbe mitgenommen. Ich nehme hier keinen Diebstahl an, sondern bin der Ansicht, daß der betreffende SS-Mann den Auftrag hatte, die betreffenden Sachen ,,zu holen" und dabei in ein falsches Haus geraten ist. Die Gegenstände sind sofort zurückzubringen. Im übrigen weise ich darauf hin, daß ich bei Diebstählen von Gegenständen aller Art strengste Bestrafung beim SS- und Polizeigericht beantragen werde.

6. Anforderung von Pistolenmunition
Es ist mir aufgefallen, daß bei Anforderungen von Pistolenmunition durch die einzelnen Dienststellen in der Hauptsache Kaliber 7.65 angefordert wird, obwohl die betreffenden Dienststellen verschiedene Pistolenfabrikate haben, sodaß angenommen werden muß, daß die Munition zu Privatzwecken verwendet wird. Es ist daher ab sofort bei Anforderung von Pistolenmunition gleichzeitig eine genaue Nachweisung herzureichen, aus der ersichtlich ist, durch wen und bei welcher Gelegenheit die Munition verschossen wurde.

7. SS-Leihbücherei
Von der Abteilung VI wird Klage darüber geführt, daß die im allgemeinen nur für 2 Wochen entliehenen Bücher über Gebühr lange behalten werden und bei ausgeschriebenen Mahnungen zur Rückgabe überhaupt nicht reagiert wird. Ich ordne daher an, daß der Leiter der Abteilung VI jeden SS-Angehörigen zu melden hat, der nach zweimaliger Mahnung das Buch nicht ordnungsgemäß zurückgegeben hat. Gleichzeitig wird der betreffende SS-Angehörige von einer weiteren Buchentleihung ausgeschlossen.

8. Verkehrsdisziplin im Interessengebiet
Das straßenverkehrswidrige Verhalten einzelner Fußgänger, Radfahrer und Fahrzeugführer gibt Veranlassung, Verkehrskontrollen durch die Gendarmerie des Amtsbezirks Auschwitz durchführen zu lassen. In meiner Eigenschaft als Amtskommissar des Amtsbezirks weise ich darauf hin, daß gerade die SS-Angehörigen meines Standortes sich keinesfalls offensichtliche Mängel und Verstöße gegen die Verkehrsvorschriften zuschulden lassen kommen dürfen. Die Verkehrssicherheit in meinem Amtsbezirk bzw. später zu bildenden Gutsbezirk, soll als mustergültig herausgestellt werden können.
Wenn auch die Befugnisse der örtlichen Polizei, - in diesem Falle der Gendarmerie des Amtsbezirks - gegenüber SS-Angehörigen eingeschränkt sind und die Bestrafungen sich nur auf gebührenpflichtige Verwarnungen beschränken, will ich darauf aufmerksam machen, daß bei jedem Übertreten der Verkehrsvorschriften durch SS-Angehörige die örtliche Gendarmerie mir Anzeige zu erstatten hat. Ich mache darauf aufmerksam, daß ich gegen Verkehrssünder strengste Maßnahmen ergreifen werde. Höchstgeschwindigkeit für Kraftfahrzeuge aller Art innerhalb des Lagers 25 Stundenkilometer.

9. Kraftfahrzeugzuteilung
Der Kommandantur KL Auschwitz III wird der Pkw Simca SS - 1 6802 zugeteilt.

10. Kirchenaustritt von SS-Angehörigen
Die Dienststellen und Einheiten des Standortes melden bis zum 15. eines jeden Monats schriftlich diejenigen SS-Angehörigen, welche die Absicht haben, aus einer Religionsgemeinschaft auszutreten. Fehlanzeige ist nicht erforderlich.

11. Bestellungen für SS-Abreiß- und SS-Taschenkalender 1944
Die Einheiten und Dienststellen melden ihren Bedarf an SS-Abreiß- bzw. SS-Taschenkalendern zum 25.1.44. Der Taschenkalender kostet RM 1,80, der Preis des Abreißkalenders ist nicht bekannt.

12. Meldung der Volksdeutschen und germanischen SS-Angehörigen
Alle Dienststellen und Einheiten des Standortes melden zum 20. jeden Monats zahlenmäßig die Volksdeutschen- und germanischen Freiwilligen, getrennt nach ihrem Herkunftsland. (z.B.: Volksdeutsche aus Rumänien, Kroatien, Dänemark, dann Großrussen usw.) Diese Aufstellung dient monatlich als Schlüssel für die Verteilung des Schriftenmaterials.

13. Fronturlauberheime für die Waffen-SS und Polizei
Im September 1943 wurden im Protektorat Böhmen und Mähren die ersten drei Fronturlauberheime der Waffen-SS und Polizei eröffnet. Gleichzeitig erfolgte die Eröffnung des Heimes ,,Berggasthof Schanz“ in der Steiermark. Diese Fronturlauberheime sollen in erster Linie den Urlaubern von der Front und deren Angehörigen zur Verfügung stehen. Sie sollen hier ihren Urlaub mit ihren Frauen, Kindern und Bräuten verbringen können. Bevorzugt werden solche Angehörigen der Waffen-SS und Polizei, deren Familien bombengeschädigt sind und solche, die keine Möglichkeit haben, ihren Urlaub in der Heimat zu verbringen. Aufnahmeanträge müssen an das SS-Hauptamt, Abteilung Soldaten- und Fronturlauberheime,
Berlin-Grunewald, Douglasstr. 7-1 1
eingereicht werden.
Preise: Einbettzimmer 6,- RM mit voller Verpflegung
Zweibettzimmer 11, - RM mit voller Verpflegung
Dreibettzimmer 15,- RM mit voller Verpflegung
Kind 3,- RM mit voller Verpflegung
In besonderen Fällen kann auf Antrag Ermäßigung gewährt werden. Nähere Auskunft, Prospekte usw. bei der Abteilung VI.

14. Gefunden
Vor dem Eingang zur Postzensurstelle wurde ein Geldbetrag gefunden. Derselbe kann beim Stabsscharführer der Kommandantur KL Auschwitz I gegen Nachweis in Empfang genommen werden.

15. Verloren
Das Soldbuch des SS-Strm.
Ferdinand Jesse, 2. Stb.Kp. ist verlorengegangen und wird für ungültig erklärt.

16. Diebstahl
Am 28.12.1943 wurde aus dem Fahrradschuppen bei der Bürobaracke der Zentralbauleitung der Waffen-SS und Polizei Auschwitz das Dienstfahrrad ZB Nr. 57 entwendet. Zweckdienliche Angaben sind an die Gerichtsabteilung zu richten.

17. Wohnhaus der SS-Maiden (fr. Ärztehaus)
Mit sofortiger Wirkung verbiete ich das Betreten des obengenannten Wohnhauses durch männliche Personen, auch von persönlichen männlichen Angehörigen. Ich gestatte den SS-Maiden, mit ihrem Besuch bis 22.00 Uhr das Unterführerheim im Kameradschaftsgebäude zu besuchen. Ich bleibe bemüht, im Haus der Waffen-SS das sogenannte Cafe für derartige Zwecke (Zutritt nur für SS-Angehörige mit Angehörigen mit entsprechendem Ausweis) einzurichten und freizugeben.

Der SS-Standortälteste
gez. Liebehenschel
SS-Obersturmbannführer

F.d.R.
Zoller
SS-Hauptsturmführer und Adjutant