Truppenverbände der Ordnungspolizei und ihre Aufgaben
Vorschrift für die Führung und Verwendung der Polizeitruppe von 1943

1.
Die bewaffnete uniformierte Ordnungspolizei ist neben der Wehrmacht und Waffen-SS waffentragender Repräsentant des Staates. Ihr obliegt gemeinsam mit der Sicherheitspolizei und der Waffen-SS die Wahrung und Sicherung des inneren Bestandes des Reiches, insbesondere Verhinderung und Bekämpfung gewaltsamer Rechtsverletzungen, der Schutz des Staates und seiner Einrichtungen, sowie Verhütung und Abwehr von Angriffen gegen die Volksgemeinschaft, den Volksgenossen und dessen Rechtsgüter.
Im Kriege fallen der Ordnungspolizei neben ihren erweiterten Aufgaben im Heimatkriegsgebiet besondere Aufgaben im Operationsgebiet, in den rückwärtigen Kriegsgebieten und in den besetzten Feindgebieten zu. Ihre vornehmste Aufgabe ist hierbei ist die Befriedung und Sicherung der von der Wehrmacht errungenen und in die Reichshoheit übernommenen Gebiete.

2.
Die bewaffnete, uniformierte Ordnungspolizei erfüllt ihre exekutiven Aufgaben in der Regel durch den täglichen Ordnungsdienst. Darüber hinaus fallen ihr Aufgaben zu, die nur durch den Einsatz geschlossener Polizei-Verbände (Polizei-Truppen) gelöst werden können.
Die Grundsätze der Verwendung der Ordnungspolizei im täglichen Ordnungsdienst sind in der PDV 27 niedergelegt. Die nachfolgende Vorschrift enthält die Führungsgrundsätze für den Einsatz der Polizeitruppe und der Luftschutzpolizei mit Ausnahme geschlossener Verbände der Feuerschutzpolizei. Soweit im Kampf für die Polizeitruppe als Mittel zur Lösung ihrer Aufgaben in Betracht kommt, konnten die in der HDV 300 niedergelegten Führungsgrundsätze des Heeres in die vorliegende Vorschrift teilweise übernommen werden. Abweichungen von diesen Bestimmungen sind durch die zwischen Ordnungspolizei und Heer hinsichtlich Aufgaben, Gliederung, Bewaffnung und Ausrüstung bestehenden Unterschiede bedingt.

3.
Für Aufgaben, die vom ordnungspolizeilichen Einzeldienst nicht erfüllt werden können, stehen der Ordnungspolizei truppenmäßig gegliederte, bewaffnete und ausgerüstete Einheiten und Verbände zur Verfügung. Zu diesen zählen die
Polizei-Regimenter,
Polizei-Bataillone,
Polizei-Reiterabteilungen
Polizei-Nachrichten-Abteilungen
Polizei-Kompanien und –Züge, mot.-Kompanien und –züge
Polizei-Reiterschwadronen, - züge und –staffen
Polizei-Panzerkompanien und –Züge
Polizei-Geschütz-Züge
Polizei-Pionier-Züge
Kraftfahrstaffeln
Werkstattzüge sowie Sonder- und Begleitkommandos.

Ihre Gliederung und Ausrüstung befiehlt der Chef der Ordnungspolizei.

4.
Aufgaben größeren Umfangs können die Zusammenfassung mehrer Verbände und Einheiten zu größeren Polizei-Truppenverbänden notwendig machen. Neben ihrer besonderen Verwendung im Einsatz dienen die Truppenverbände der Ordnungspolizei auch der Schulung und Erziehung des Nachwuchses des Polizei.

5.
Die Einheiten der Polizei gehören etatmäßig zu einer Polizei-Verwaltung (Heimatstandort) und unterstehen dort dem Kommandeur der Schutzpolizei. Gendarmerie-Einheiten unterstehen dem Kommandeur der Gendarmerie. Verbände und Einheiten der Polizei-Truppe können im Falle besonderen Einsatzes auf höheren Befehl anderen Kommandobehörden taktisch und versorgungsmäßig unterstellt werden (auswärtiger Einsatz).

6.
Im Gegensatz zu den Wehrmachtseinheiten, die in der Regel im Rahmen großer Verbände im Zusammenwirken aller Waffengattungen gegen einen gleichartigen Gegner kämpfen, erwachsen den Truppenverbänden der Ordnungspolizei Aufgaben, die in ihrer Vielseitigkeit und Verschiedenartigkeit ein Höchstmaß an Anforderungen an das Können und die Wendigkeit ihrer Führer, Unterführer und Männer stellen.
Die Grundlagen der Polizeitruppe ist der soldatisch hervorragend ausgebildete Einzelkämpfer. Die Beherrschung rein militärischer Aufgaben ist für jede Einheit, jeden Führer, Unterführer und Mann der Polizeitruppe Vorraussetzung. Eine auf dieser Grundlage aufbauende, besonders polizeifachliche und weltanschauliche Ausbildung und Schulung befähigen Führer, Unterführer und Männer der Polizeitruppe zur Bewältigung ihrer zahlreichen Aufgaben, die sich in gleicher Weise verteilen auf Gebiete des militärischen und polizeilichen Kampfeinsatzes, der besonderen Sicherung (Objektschutz), des Großen Aufsichtsdienstes, der Katastrophenabwehr und des Luftschutzes.

7.
Soweit den Polizei-Truppenverbänden militärische Kampfaufgaben in Ausnahmefällen im Rahmen der Wehrmacht gestellt werden, gelten für sie für die Dauer der Unterstellung unter die Wehrmacht die entsprechenden Wehrmachtsvorschriften.
Bei Eintritt in den Kampf im Rahmen der Wehrmacht werden den Polizei-Verbänden und – Einheiten erforderlichenfalls fehlende schwere Infanterie-Waffen zugewiesen. Ihre Unterstützung durch andere Waffengattungen (Artillerie, Panzer, Flugzeuge, Pionier usw.) ist Aufgabe des Wehrmachtsverbandes, dem sie unterstellt ist.

8.
Im Kriege und in Spannungszeiten werden den Truppenverbänden der Ordnungs-Polizei vielfach besondere Sicherungsaufgaben übertragen. Sie dienen entweder vorbeugend dem Zweck, mögliche Angriffe auf besonders gefährdete (staats-, kriegs- und lebenswichtige) Anlagen und Objekte zu verhindern oder dem Schutz der Volksgemeinschaft allgemein. Im einzelnen erwachsen den Truppenverbänden hierbei folgende taktische Aufgaben:
Sicherung von Gebäuden, Objekten und Gelände (Objektschutz im erweiterten Sinne)
Grenzsicherung
Sicherung von Baulagen besonderer Art (z.B. von Straßen, Befestigungsanlagen, militärischen Objekten und dergleichen)
Sicherung von Nachschublinien der Wehrmacht (Rollbahnen) und Bahnstrecken bei besonderen Anlässen. (Durchfahrt von Sonderzügen)
Bewachung von Material- und Beutelagern, Gefangenlagern und dergleichen
Absperrung von Stadtteilen (z.B.Ghettos), Seuchenherden (bei Ausbruch von Epidemien), verminter Geländeteilen usw.

Neben der Sicherung einzelner Objekte und Anlagen können besondere Umstände es erforderlich machen, daß einem größeren Truppenverband der Ordnungspolizei die Sicherung ganzer Gebiete (z.B. besetzter Gebiete) übertragen wird. Hierbei sind Sicherungsbezirke und – abschnitte einzuteilen, die einzelnen Polizei-Verbänden übertragen werden. Diesen obliegt die Sicherung der einzelnen Objekte und Anlagen in ihrem Bereich nach dem Grade ihrer Wichtigkeit und Gefährdung

9.
Besondere Unruhegebiete, vor allem, wenn Kampfhandlungen stattgefunden haben, sind einer gründlichen Befriedung zu unterziehen. Aufgabe der Befriedung ist die Unschädlichmachung aller noch vorhandenen, den bisherigen Kampfhandlungen entgangenen Gegner, die Sicherstellung gegnerischer Waffen und Kampfmittel, die Erfassung der gegnerischen Führungsunterlagen, des Propaganda- und Beweismaterials sowie die Zerstörung der gegnerischen Versorgungsbasis.
Bei der Befriedung können der Polizeitruppe sowohl Aufgaben des polizeilichen Kampfeinsatzes als auch sonstige polizeilichen Aufgaben (z.B. Durchsuchungen, Festnahmen, Gefangenen-Transportbegleitung usw.) erwachsen.

10.
Der Einsatz von Truppenverbänden der Ordnungspolizei im Großen Aufsichtsdienst dient der Erfüllung friedensmäßiger Polizeiaufgaben, die wegen ihres Umfanges und ihrer Ausdehnung von ordnungspolizeilichen Einzeldienst allein nicht erfüllt werden können. Der Anlass zum Ansatz des großen Aufsichtsdienstes sind in der Regel Großveranstaltungen größten Ausmaßes, Paraden usw. Die Aufgaben, die der Polizeitruppe hierbei gestellt werden, sind neben Absperrungen und sonstigen Ordnungsaufgaben die Sicherung des Verkehrs, Lenkung der Volksmasse, sowie die Aufrechterhaltungen der Ordnung und Sicherheit im Veranstaltungsraum allgemein.
Im Kriege erweitern sich auch die Aufgaben des großen Aufsichtsdienstes. Verkehrsregelung der Ordnung im Aufmarsch- und Operationsgebiet des Heeres, Durchführung von Räumungen und Evakuierungen in feindbedrohten Zonen, Betreuung großer Menschentransporte aller Art (z.B. Umsiedlung, ausländischer Arbeiter, usw) können den Einsatz von Truppenverbänden der Ordnungspolizei oder von Teilkräften von ihnen erforderlich machen...