Vergebliche Klage vor Gericht / Juristen sahen keinen Grund für eine Wiedergutmachung

Das Verhalten deutscher Gerichte lernte in der Nachkriegszeit der Sohn des in den Tod getriebenen jüdischen Einzelhändlers Albert Lewkonja kennen. Die Entschädigungspraxis war restriktiv.

Sohn Hans Lewkonja ließ sich später unter dem Namen Hans Leff in Australien nieder. Das Grundstück in der Hohnstraße 13 bis 15 war 1939, zusammen mit dem Kaufhaus und dem Wohnhaus der Familie in der Marienstraße 64, zwangsweise verkauft und der Erlös auf einem Sperrkonto deponiert worden. Das Konto wurde im Juni 1941 beschlagnahmt.

Versuche von Hans Lewkonja nach dem Krieg, den 1937 beim Verkauf vorenthaltenen Geschäftswert für das Warenhaus (auch als good-will bezeichnet, gemeint sind ein Preis für Ruf der Firma, ihre Marktstellung bei Lieferanten und die Größe des Kundenstamms) in einem Wiedergutmachungsverfahren zu erlangen, schlugen fehl. Hans Lewkonja und sein Vater hatten im September 1937 zunächst nur Inventar und das Warenlager an Ludwig Kanzler veräußert, die Geschäftsräume hatten sie mietweise zur Verfügung gestellt. Kanzler weigerte sich damals, den good-will zu honorieren, unter Hinweis auf die inzwischen beim Verkauf jüdischer Geschäfte übliche Praxis. Eine Wiedergutmachung des immateriellen Geschäftswertes hat der Regierungspräsident 1961 abgelehnt.

Die daraufhin von Hans Lewkonja eingereichte Klage wurde 1962 vom Detmolder Landgericht abgewiesen. Trotz der bekannten Boykotte und daraus resultierender Einbußen jüdischer Geschäfte erkannte das Gericht für den Zeitraum 1933 bis 1937 beim Kaufhaus Lewkonja keine besondere Beeinträchtigung des Geschäftswertes. Die Nichtbeachtung des good-will beim Verkauf rechtfertigte nach Ansicht des Gerichts darüber hinaus keine Wiedergutmachung durch das Land NRW (Rechtsnachfolger des Dritten Reiches). Die Richter erkannten lediglich einen privaten Rückerstattungsanspruch gegenüber dem inzwischen vermögenslosen Ex-Kaufmann Kanzler.

Hans Lewkonja war zugleich eine Entschädigung für seine Haftzeit im KZ-Buchenwald verweigert worden. Er war am 9. November 1938, wie alle männlichen Juden zwischen 16 und 60 Jahren verhaftet und, nach eigener Aussage, bis Mitte Dezember im Konzentrationslager festgehalten worden. Politisch Verfolgten des Nazi-Regimes stand eine Entschädigung von fünf DM für jeden Hafttag zu. Das Gericht zweifelte an, dass der Kläger mindestens einen Monat in Haft verblieben war. Bei der unterstellten geringeren Haftdauer entfiel ein gesetzlicher Anspruch.