Darß-Zingst

Deutschland, Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, Landkreis Nordvorpommern, Amt Darß/Fischland

erste Erwähnung
Winter 1941/42

letzte Erwähnung
Winter 1941/42
(Im April 1942 transportierte die SS alle Häftlinge ins Stammlager Neuengamme zurück; der Rücktransport hatte sich verzögert, da das Stammlager wegen einer Fleckfieberepidemie unter Quarantäne stand.)

Häftlinge
50 männliche Häftlinge
(Bis auf den Lagerältesten und den Koch waren die Häftlinge Zeugen Jehovas.)

Arbeit
Schneiden von Schilfrohr
(dieses wurde an die Rohrmattenflechterei des Konzentrationslagers Ravensbrück geliefert)

Unterbringung
Gaststätte Borner Hof
(„Witt's Gasthaus" (später auch „Borner Hof") wurde um 1885 erbaut und entwickelte sich schon zehn Jahre später zum ersten Hotel am Platze. War Prinz Eitel Fried¬rich als Jagdgast auf dem Darß, wurde er von hier mit Rauchware und Getränken beliefert.)

Wachmannschaft
SS-Oberscharführer
Jauch Ewald
* 23.04.1902 in Schwenningen
† 11.10.1946 in Hameln
(1945 Lagerführer im Außenlager Bullenhuser Damm)

SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS
Mueller-Darß Franz
* 29.04.1890 in Lindau
† 18.06.1976 in Lenggries
vor 1945 Beauftragter für das Diensthundewesen beim Reichsführer-SS

Bemerkungen
Die Außenlager auf Darß waren die ersten des KZ Neuengamme.

Bis 1945 lebten im Darßwald in den 1930er Jahren angesiedelte Wisente. Hermann Göring und später Erich Honecker hielten hier Jagden ab. Bekannte Forstmänner, die auf dem Darß wirkten, waren Ferdinand von Raesfeld (von 1890 bis 1913) und Franz Mueller-Darß (1925 bis 1945).

Nach 1945 diente der «Borner Hof» als Freizeiteinrichtung. Die Geschichte des Lagers wurde in der DDR erstmalig durch Wilhelm Steinhauer und eine Schülergruppe «Die jungen Historiker» dokumentiert. Auf dem Friedhof in Born befindet sich ein Erinnerungsstein an die ermordeten Häftlinge mit der Inschrift: «Hier ruhen fünf unbekannte Opfer des Faschismus — ermordet 1944». Eine juristische Aufarbeitung fand nicht statt.

SS-Ogruf. u. Generalleutnant der Waffen-SS
Glücks Richard
(am 26. April 1945 zogen die Glücks nach Born a. Darß)


Opfe
Richard Rudolphr
Geboren am 11. Juni 1911
Verfolgungsgrund: Zeuge Jehovas (Bibelforscher), Wehrdienstverweigerer
Dauer des Freiheitsentzuges: 18 Jahre, 11 Monate
Land: Deutschland, Schleswig-Holstein, Oldenswort
Richard Rudolph erlebte als Kind den Ersten Weltkrieg, was in ihm eine große Abscheu gegen Krieg bewirkte. Er wurde am 2. Juli 1936 im Alter von 25 Jahren verhaftet und Anfang Mai 1945 befreit. Er kam in die Gefängnisse Hirschberg, Breslau und Alexanderplatz in Berlin sowie in die Konzentrationslager Sachsenhausen, Neuengamme, dessen Außenlager Darß-Wieck, Darß-Zingst und Salzgitter-Watenstedt/Leinde und Ravensbrück.
Von 1950 bis 1960 musste er in der kommunistischen DDR wegen seines Glaubens zehn Jahre Haft in Gefängnissen verbüßen. In den knapp 19 Jahren Haft war Rudolph insgesamt in sechs Konzentrationslagern und Lagern sowie in neun Gefängnissen inhaftiert. Im Januar 1961 gelang ihm die Flucht nach West-Berlin in die Bundesrepublik Deutschland. Als einer der letzten lebenden so genannten „Doppelverfolgten“ unter zwei deutschen Diktaturen war er als Zeitzeuge tätig und eine Vorträge führten ihn 2004 sogar an Universitäten in Japan.