Rawa

Thema

1933-1945 Deutsches Reich Opfer der Gemeinde (Stadt)

Rawa-Ruska ist eine Stadt im äußersten Westen der Ukraine an der Grenze zu Polen. Sie liegt an dem kleinen Fluss Rata und gehört zum Oblast Lwiw (Lemberg). Rawa Ruska befindet sich ungefähr 60 km nordwestlich von Lwiw (Lemberg) an der Fernstraße

Bereits Ende Juni 1941, beim Beginn des Russlandfeldzugs, wurde die Stadt von der Wehrmacht erobert und am 1. August 1941 als Teil des östlichen Galizien dem Generalgouvernement angeschlossen und Sitz einer Kreishauptmannschaft. Vom ersten Tag der deutschen Besatzung an wurde die Stadt zum Schauplatz des nationalsozialistischen Massenmordes.

In einem in der Stadt eingerichteten Kriegsgefangenenlager starben in den Jahren 1941/42 ca. 18.000 sowjetische Soldaten. Im März 1942 richtete die Wehrmacht in der Stadt ein Straflager für französische und belgische Kriegsgefangene ein (Stalag 325), die des Fluchtversuchs oder der Arbeitsverweigerung beschuldigt wurden. Der erste Transport traf am 13. April 1942 ein. In der Folge starb ein großer Teil der Insassen aufgrund der ungenügenden Lebensbedingungen.
Im März 1942 wurden etwa 1.000 Juden, vorwiegend ältere Menschen, vor dem Hauptquartier der Kriminalpolizei zusammengerufen und in das soeben fertiggestellte Vernichtungslager Belzec, das nur 22 km nordwestlich der Stadt gelegen war, deportiert. Am 27. Juli 1942 wurden dann weitere etwa 2.000 Juden nach Belzec deportiert. In den Folgemonaten passierten sehr viele Deportationszüge den Bahnknotenpunkt Rawa Ruska, da Belzec vor allem für die Ermordung der ostgalizischen Juden erbaut worden war. Jeder Zug musste dabei am Bahnhof halten, da von hier aus die Genehmigung eingeholt werden musste, nach Belzec weiterzufahren. Dies konnte nur dann ohne längeren Aufenthalt geschehen, wenn man im Lager nicht noch mit der Ermordung des vorherigen Transports beschäftigt war. Der deutsche Unteroffizier Wilhelm Cornides hat in einem als Cornides-Bericht bekannt gewordenen Text beschrieben, wie er beim Umsteigen in Rawa Ruska am 31. August 1942 mehrere Transporte sah und offene Gespräche über das tödliche Schicksal der Deportierten mit anhörte.
Einzelnen Juden gelang es bei den teilweise ganztägigen Aufenthalten in Rawa, aus den Zügen zu fliehen. Wenn sie nicht von den auf dem Bahnhof postierten Wachen erschossen wurden, konnten sie sich zuweilen in der Stadt verstecken. Im September 1942 richteten die Deutschen schließlich ein räumlich eng begrenztes Ghetto mitten im Stadtzentrum ein, in dem nicht nur die verbliebenen Juden von Rawa Ruska eingesperrt wurden, sondern auch Juden aus umliegenden Ortschaften, so dass bald 15.000 Menschen dort leben mussten. In mehreren Aktionen wurde das Ghetto zwischen Dezember 1942 und Juni 1943 von den Deutschen und ukrainischen Helfern geräumt.
In ihrer Verzweiflung versteckten die Juden Kranke und Sterbende in Erdlöchern, um sie vor dem Zugriff zu bewahren. Dennoch konnte der SS- und Polizeiführer von Galizien, Fritz Katzmann, in seinem abschließenden Bericht Lösung der Judenfrage im Distrikt Galizien vom 30. Juni 1943 nach oben melden, dass man 3.000 Menschen aus den Verstecken geholt habe und es damit gelungen sei, die Pestbeule zu vernichten. Bei den so genannten Aktionen wurden viele der im Ghetto lebenden Juden an Ort und Stelle ermordet, weitere nach Belzec oder in das KZ Janowska bei Lemberg deportiert.
Schon im September 1943 waren die Verbrechen der Deutschen in Rawa-Ruska durch Berichte von Entkommenen auch im neutralen Ausland bekannt. Beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz wurde damals ein Bericht über die Räumung der Ghettos in Galizien verfasst, in dem auch ein Massaker der Deutschen im Dezember 1942 in Rawa-Ruska behandelt wurde. Nachdem sämtliche Juden deportiert und ermordet waren, wurde das Ghetto abgebrannt und dem Erdboden gleich gemacht. Heute ist die Fläche mit Wohnblocks überbaut.
Ende Juli 1944 wurde die Stadt von der Roten Armee befreit.