Drancy (La Cité de la Muette)


Durchgangslager Drancy

Bezeichnung
Internierungslager für Juden und unerwünschte Elemente

Gebiet
Frankreich, Region Île-de-France, Département Seine-Saint-Denis, Arrondissement Bobigny, Kanton Drancy

Gebiet heute

Eröffnung
10.1939 (14.06.1940)

Schließung
17.08.1944

Unterstellung

Häftlinge

Geschlecht
Männer, Frauen und Kinder

Einsatz der Häftlinge bei

Art der Arbeit

Lagerausstattung

Ausstattung der Insassen

Lageralltag

Bemerkungen


Das im August 1941 errichtete Sammellager Drancy liegt im nordöstlichen Teil von Paris. Es befand sich in einem riesigen Gebäudekomplex (La Cité de la Muette), der zwischen 1932 und 1936 errichtet worden ist und als eines der interessantesten und fortgeschrittensten Architekturprojekte dieser Art im 20.Jahrhundert gilt.
Bis zum 2.Weltkrieg diente der Komplex als Wohnsiedlung, dann als Kaserne, schließlich als Sammellager für zu deportierende Juden. Zwischen Kriegsende und 1976 wurden die Gebäude wieder als Kaserne genutzt, dann aber weitgehend abgerissen. Lediglich der Teil, der als Sammellager diente, blieb erhalten.
Das Lager hatte eine Fläche von 200x400 m. An jeder Ecke befand sich ein Wachturm. Französische Polizisten bewachten es ursprünglich. 4.500 Menschen konnten hier untergebracht werden. Zwischen 21. August 1941 und 17. August 1944 passierten 70.000 Menschen dieses Lager.
Am 2. Juli 1943 übernahm Alois Brunner das Kommando des Lagers, assistiert von vier SS-Offizieren. Das französische Personal wurde entlassen. Nun setzte man Gefangene als Lagerpolizei ein (Membres du Service d’Ordre).

Die Lagerinsassen litten unter einem permanenten Mangel an Nahrung. Bis November 1942 belief sich die tägliche Essensration auf 600-800 Kalorien. Von Zeit zu Zeit konnten die Gefangenen diesen Notstand mildern, weil ihnen gestattet wurde, Essenspakete von Verwandten, französischen Hilfsorganisationen und dem Roten Kreuz zu empfangen. Unter Brunners Leitung verschlechterte sich die Essensversorgung schnell wieder


Beschreibung des Lagers von Drancy

Departement und Gebiet: Département Seine-Saint-Denis (93), Siedlung von La Muette.

Betrieb: Eröffnung im Oktober 1939, wurde am 14. Juni 1940 von der deutschen Armee requiriert, die Deutschen fliehen aus dem Lager am 17. August 1944.

Größe : Wohnhäuser der Siedlung von La Muette.

Aufnahmekapazität: ca. 5000 Personen.

Kategorie : Militärlager, Internierungslager, Konzentrationslager, Deportationslager.

Insassen :englische und französische Kriegsgefangene, Kommunisten, Verdächtige (Angehörige der fünften Kolonne), französische und ausländische Juden, Kinder.


Die Chronologie von Drancy

20. August 1941:
Eröffnung des Lagers als Internierungslager für Zivilisten (vorher war es ein Kriegsgefangenenlager).

15. Dezember 1941:
Infolge eines Attentats auf einem deutschen Offizier werden 70 Personen, darunter 53 Juden aus dem Lager von Drancy, auf dem Mont Valérien erschossen.

27. Mars 1942:
Erste Abfahrt aus Drancy nach Auschwitz, 1112 Personen werden in die Vernichtungslager deportiert.

Juli 1942:
Nach der Razzia des Vel d’Hiv werden Frauen und Kinder im Lager aufgenommen.

2. Juli 1943:
Die SS übernimmt die Leitung des Lagers von Drancy.

17. August 1944 :
Befreiung des Lagers von Drancy.


Drancy in Zahlen

4 000 Personen werden nach der Razzia im 11. Arrondissement von Paris im Lager von Drancy interniert. Alle sind Juden, in der Mehrheit Ausländer oder Staatenlose.

14 Internierte werden nach der Entdeckung eines Fluchtstunnels im Lager von der Gestapo festgenommen, verhört und gefoltert. Danach werden sie mit dem Transport 63 am 20. Novembre 1943 nach Auschwitz deportiert. Von den 14 Personen werden 12 aus dem Zug springen und sich dem Widerstand anschließen.

Ca. 65 000 Juden wurden von den französischen und deutschen Behörden während des Krieges aus Drancy deportiert. Die Gesamtzahl der deportieren Juden während dieser Zeit wird auf 76000 geschätzt.


67 von 79 Transporten wurden im Lager von Drancy zusammengestellt.


Übersicht

Nach der deutschen Besetzung Frankreichs im Mai und Juni 1940 wurde ein großer Gebäudekomplex, die Cité la Muette, die ursprünglich als öffentliche Wohnanlage geplant, später jedoch als Polizeikaserne genutzt worden war, von der deutschen Wehrmacht beschlagnahmt und in das wichtigste Haftlager für Juden, aber auch für Angehörige anderer ethnischer oder sozialer Minderheiten umgewandelt.

Wie andere Haftanstalten in Frankreich war das Sammellager Drancy auf Befehl der Besatzungsmacht unter der Federführung des Höheren SS- und Polizeiführers in Frankreich, des späteren SD, eingerichtet worden und hatte der Kontrolle der SS bis Juli 1942 unter SS-Hauptsturmführer Theodor Dannecker, bis Juni 1943 SS-Obersturmführer Heinz Röthke und ab 3. Juli 1943 unter den von SS-Hauptsturmführer Alois Brunner unterstanden. Es war wegen seiner Nähe zu dem großen Verschiebebahnhof ausgewählt worden. Das Lager wurde nach einer Menschenjagd gegen Pariser Juden im August 1941 eröffnet, als 4.000 Menschen verhaftet wurden.
Weitere Verhaftungswellen gegen Juden wurden durch die französische Polizei auf Beschluss des Vichy-Regimes von Marschall Philippe Pétain ab 1941 bis 1944 nicht nur in der besetzten Zone, sondern auch in der unbesetzten Südzone durchgeführt. Diese richteten sich auch gegen die aus Deutschland und Österreich nach Südfrankreich geflüchteten Juden, die in Internierungslagern auf ihr Visum, ihre Schiffspassage oder ihre Ausreise in ein Land ohne Verfolgung (meist die Vereinigten Staaten oder auch Mexiko, Kuba, China oder auf das Transitvisum für Spanien oder Portugal) warteten.

Das Lager in Drancy war ein viergeschossiger Gebäudekomplex in U-Form um einen ca. 400 m langen, ca. 40 m breiten Innenhof der Architekten Marcel Lods und Eugène Beaudoin, ursprünglich für 700 Menschen entworfen, in dem jedoch auf seinem Höhepunkt mehr als 7.000 Menschen eingesperrt waren.
Hatte es noch im Oktober 1939 der französischen Polizei zu Internierung von militanten Kommunisten gedient, so wurden zu Beginn des Krieges französische Kriegsgefangene, später gefangene jugoslawische und griechische Zivilisten hier eingesperrt. Das hufeisenförmige Lager war mit Stacheldraht und an allen vier Ecken von Wachttürmen umgeben und wurde von französischen Gendarmen bewacht.

Aufgrund von Dokumentenbeweisen und Zeugenaussagen sind die unmenschlichen Bedingungen und die Brutalität der französischen Wachen in Drancy bewiesen, zu denen die sofortige Trennung kleiner Kinder von ihren Eltern bei der Ankunft gehörte.

Klaus Barbie, der berüchtigte Schlächter von Lyon, entführte alle jüdischen Kinder, deren er bei Durchsuchungen französischer Kinderheime habhaft werden konnte, nach Drancy, von wo sie alle zur Ermordung nach Auschwitz geschafft wurden (siehe auch: Kinder von Izieu).

Noch im November 1941 waren ca. 800 internierte Kranke unter 18 Jahren freigelassen worden. Im Dezember 1941 wurden 40 Häftlinge aus Drancy zur Vergeltung eines französischen Angriffs auf einen deutschen Polizeioffizier exekutiert. Der Militärbefehlshaber in Frankreich, Otto von Stülpnagel, erhielt vom Oberkommando der Wehrmacht in Berlin wiederholt Forderungen nach Geiselerschiessungen zur Vergeltung von Anschlägen der Résistance auf deutsche Soldaten und Polizisten. Daraufhin forderte Stülpnagel seinerseits Ende 1941 die Deportation größerer Massen von Juden und Kommunisten nach dem Osten, weil die viel abschreckender auf die französische Bevölkerung wirkt als die von ihr nicht verstandenen Massenerschiessungen.

Im gleichen Monat erhielt Major Walter Bargatzky, ein Jurist, der zur Kommandantur der deutschen Militärverwaltung im Hotel Majestic gehörte, erstmals einen detaillierten Augenzeugenbericht über die Massentötungen nördlich von Kiew in Babi Jar.
Diese Schilderung kursierte schnell im deutschen Stab.

Anfangs wurde noch die Ansicht vertreten, dass es sich möglicherweise um Massentötungen aus lokalen Anlässen und an lokalen Schauplätzen ereignet haben möge. Als Reinhard Heydrich jedoch nach der Wannseekonferenz einen Exklusivvortrag vor den höheren Rängen des Hotel Majestic am 7. Mai 1942 hielt, in dem er von Versuchen zur Tötung von Juden durch speziell präparierte LKW sprach, deren Abgase die Deportierten töten sollten und in diesem Zusammenhang das Wort Vergasung erstmals verwendet wurde, bestand über das Schicksal der Juden von Drancy für die Anwesenden kein Zweifel mehr.
Bei dieser Gelegenheit führte Heydrich den neuen Polizei- und SS-Führer von Paris, Carl Oberg, ein, der nicht mehr, wie seine Vorgänger auf die Amtshilfe des Militärbefehlshabers der französischen Behörden angewiesen war, sondern nun unmittelbare Befugnisse zur Deportation erhielt. Er war berüchtigt für sein schikanöses Verhalten, sei es durch Verbot von Musik, Kartenspiel oder Tanz oder durch die Ablehnung von Hilfspaketen von Verwandten und Hilfsorganisationen an die Lagerinsassen.

Da alliierte Luftangriffe auf Pariser Verschiebebahnhöfe stattfanden, durch die die Deportationszüge Tag und Nacht rollten, kam es vor, dass plombierte Waggons infolge der Bombardements aufsprangen und Häftlinge flüchteten.

Um diese schneller von anderen unterscheiden zu können, kamen die Verantwortlichen auf die perfide Idee, Juden nur noch nackt zu transportieren.

Aus diesem Grunde erhielten diese Transporte die Bezeichnung Nackttransporte. Bargatzky, der dem deutschen Widerstand vom 20. Juli 1944 angehörte und bei Gelingen des Attentats zum Anklagevertreter gegen die Verantwortlichen der Besatzungsverbrechen ausersehen war, hatte diese Details gesammelt, um sie zur Grundlage einer Anklage wegen Wehrkraftzersetzung gegen die SD-Führer zu machen.

Nach Recherchen von Serge Klarsfeld verließen 42 Konvois mit 40.450 Verschleppten Drancy über den Bahnhof Bourget-Drancy zwischen dem 27. März 1942 und dem 23. Juni 1943. 21 Konvois mit 22.450 Deportierten wurden über den Bahnhof Bobigny im Norden in den Tod transportiert. 58 dieser Transporte erreichten Auschwitz-Birkenau, je zwei Todeszüge gingen nach Majdanek und Sobibor und einer nach Kaunas und Reval. Bis Juli 1943 wurden die Züge von Wachmannschaften der SS und französischen Gendarmen begleitet. Danach kam auch die Polizei aus Deutschland.

Viele französische jüdische Intellektuelle und Künstler wurden in Drancy gefangengehalten einschließlich Max Jacob, dem Philosophen Tristan Bernard und dem Choreographen René Blum.

Eine prominente internierte Person war Fania Fénelon, eine Sängerin aus Paris. Ihr Vater Jules Goldblum war Jude. Sie wurde bei der Unterstützung kommunistischer Aktionen gefasst, von der Gestapo verhaftet und in das Durchgangslager Drancy geschickt. Von dort wurde sie weiter nach Auschwitz geschickt, wo sie Mitglied des von Alma Rosé geleiteten Mädchenorchester von Auschwitz war. Sie überlebte das Konzentrationslager und den Todesmarsch und wurde von den Briten befreit. Alma Rosé war bis zu ihrer Deportation am 18. Juli 1943 ebenfalls für sechs Monate in diesem Lager interniert.


26.08.1942

Am Morgen des 26.08.1942 verläßt der Transport Nr. 24 den Bahnhof Bourget Drancy mit 1002 Personen, Ziel des Transportes ist das Konzentrationslager Auschwitz, wo er am 28.08.1942 eintrifft.


28.08.1942

Am 28.08.1942 verläßt der Transport No 25 (D901/20) mit 1000 Juden und unerwünschte Elementen das Internierungslager für Juden und unerwünschte Elemente Drancy, Ziel ist das Konzentrationslager Auschwitz, eine erste Selektion findet in Cosel statt. Der Transport erreicht Auschwitz am 02.09.1942. Bei der hier vorgenommenen Selektion werden 27 Frauen und 12 Männer als Häftlinge übernommen, die anderen werden der „Soderbehandlung“ zugeführt


09.09.1942

Am 09.09.1942 verläßt der Transport No 30 (D901/24) mit 1000 Juden und unerwünschte Elemente das Internierungslager für Juden und unerwünschte Elemente Drancy. Ziel ist das Konzentrationslager Auschwitz. Bei einer ersten Selektion in Cosel werden 200 Arbeitsfähige für Zwangsarbeitslager ausgesondert. Die anderen erreichen mit diesem Transport das Lager Auschwitz am 11.09.1942. Bei der hier durchgeführten zweiten Selektion werden 68 Frauen und 23 Männer als Häftlinge übernommen, 700 Menschen werden der „Soderbehandlung“ zugeführt.


Wachmanschschaft

SS-Hauptsturmführer Theodor Dannecker
SS-Obersturmführer Heinz Röthke
SS-Hauptsturmführer Alois Brunner


Name der Häftlinge

Baer Betty (Elisabeth) Karlsruhe Gau Baden (kreisfreie Stadt Karlsruhe)

Baer Richard Karlsruhe Gau Baden (kreisfreie Stadt Karlsruhe)
am 04.03.1943 nach KZ
Lublin-Majdanek überstellt

Bayer Etka (geb. Rubinstein) Karlsruhe Gau Baden (kreisfreie Stadt Karlsruhe)
zu einem unbekannten Datum überstellt nach KZ
Oswiecim (Ausschwitz)

Behr Alfred Wilhelm Karlsruhe Gau Baden (kreisfreie Stadt Karlsruhe)
überstellt von Lager
Récébédou
überstellt am 14.08.1941 mit Transport Nr. 19 nach KZ
Oswiecim (Auschwitz I) (Männerlager)

Katz Josef Ludwigshafen a. Rhein (Bayern, Regierungsbezirk Pfalz Stadt und Landkreis Ludwigshafen am Rhein)
überstellt von Internierungslager
Rivesaltes (F), überstellt am 20.11.1943 nach Vernichtungslager Katz Marianne (geb. Simon) Speyer (Bayern, Regierungsbezirk Pfalz Stadt und Landkreis Speyer)
überstellt von Internierungslager
Recebedou (F), überstellt am 28.08.1942 nach Vernichtungslager Auschwitz

Levy Barbara (Blüta) Mannheim (Land Baden, Landeskommissärbezirk Mannheim Stadt und Landkreis Mannheim)
überstellt von Internierungslager
Gurs
überstellt nach Vernichtungslager
Auschwitz

Levy Ludwig Mannheim (Land Baden, Landeskommissärbezirk Mannheim Stadt und Landkreis Mannheim)
überstellt von Internierungslager
Gurs
überstellt nach Vernichtungslager
Auschwitz

Fénelon Fania (Paris) eine bekannte Sängerin

Goldblum Jules (Paris)

Wallach Siegfried * 1988 Willich Ortsteil Schiefbahn, Wohnort Frankreich, + 1950
Emigration Brüssel
dep.
26.08.1942 Internierungslager für Juden und unerwünschte Elemente Drancy (La Cité de la Muette) – Konzentrationslager Auschwitz

Willner Hellmuth (Eddie)
* 15.08.1926
Mönchengladbach
Wohnort: Falls Church (USA
+ 30.03.2008 Falls Church (
Grab : Arlington National Cemetery)
Emigration: 1939 Belgien
dep.
11.09.1942 Internierungslager für Juden und unerwünschte Elemente Drancy - Konzentrationslager Auschwitz (Außenlager Blechhammer)
überstellt: 1944 Außenlager Blechhammer - Konzentrationslager Buchenwald (Außenlager
Langenstein-Zwieberge)
nach 1945: Major US-Armee


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