Ghetto Theresienstadt

Der Transport vom 25.7.42 setzte sich aus Deportierten aus den Regierungsbezirken Aachen und Düsseldorf zusammen. Der Zug verließ Aachen laut Fahrplan um 9.25 Uhr morgens und ereichte Düsseldorf nach kurzen Zwischenhalten in Düren und Neuss um 11.34 Uhr. In der Abgangsmeldung der Gestapo Düsseldorf heißt es: "Am 25.7.1942 um 13'15 Uhr wurden mit Sonderzug Da 71 insgesamt 978 Juden aus Düsseldorf nach Theresienstadt in Marsch gesetzt." [LAV NRW R, Mikrofilm A 28/2] In der Eingangsliste von Theresienstadt, wo der Zug am folgenden Tag um 11.26 Uhr eintreffen sollte, sind dagegen 980 Namen verzeichnet.

Am 15. Mai 1942 erliess das Referat IVB4 neue Richtlinien, die von Gestapochef Heinrich Müller unterzeichnet waren und die Deportationen von Juden ins sogenannte "Altersghetto" betrafen. Die Deportation der Bewohner von Altersheimen wurde zum vordringlichen Ziel. Juden mit ausländischer Staatsbürgerschaft und Juden, die in kriegswichtigen Industriezweigen arbeiteten, waren von den Deportationen ausgenommen. Eine Woche später, am 21. Mai 1942, verlangte Eichmann in einem durch Heinrich Müller unterschriebenen Telegramm von fast allen Staatspolizei(leit)stellen die zahlenmäßige Angabe der für Deportationen in Frage kommenden Juden. Bereits am nächsten Tag beauftragte die Düsseldorfer Gestapo ihre Außenstellen und Grenzpolizeistellen sowie die Landesräte und Bürgermeister in Wuppertal, Essen, Krefeld, Mönchengladbach, Geldern, Viersen und Neuss, einen „Bericht über die ansässigen Juden“ zu erstellen. Am 27. Mai 1942 teilte die Staatspolizeileitstelle Düsseldorf dem RSHA per Fernschreiben mit, dass noch 154 Juden in den Osten sowie 1.735 nach Theresienstadt deportiert werden können.
Im Gegensatz zu anderen Orten existiert über die Deportationen aus Düsseldorf eine umfangreiche Dokumentation, die einen genauen Überblick ermöglicht: Am Freitag, dem 3. Juli 1942, benachrichtigte das RSHA die Gestapoleitstelle Düsseldorf über zwei geplante Deportationen von Düsseldorfer Juden am 21. und 25. Juli nach Theresienstadt. Am 7. Juli 1942 kündigte Rolf Günther, Eichmanns Stellvertreter im Judenreferat, der Düsseldorfer Gestapo die Bereitstellung von zwei Sonderzügen der Reichsbahn für diese Transporte an. Die Planung der ersten beiden Deportationen gestaltete sich aufgrund der großen Zahl der Deportierten und damit einhergehenden Komplexität anders als die später folgenden Transporte von Düsseldorf nach Theresienstadt.
Die Aufsicht führten die Generalbetriebsleitungen Ost in Berlin, West in Essen und Süd in München. Die verschiedenen Reichsbahndirektionen (Köln, Wuppertal, Essen, Kassel, Frankfurt a. M., Erfurt, Dresden) sowie die Behörde des Reichsprotektors und die Bahnverwaltung in Prag stimmten sich ab und benutzten einen grundlegenden Verkehrsplan. Danach musste der Bedarfsfahrplan zum Transport der Juden zu den jeweiligen Sammellagern ausgearbeitet werden. Verbindungsmann zwischen der Gestapo und den Reichsbahndirektionen war der Düsseldorfer Polizeiassistent Waldbillig.
Am 22. Juli 1942 bat ein Angestellter des Mitteleuropäischen Reisebüros in Köln von der Düsseldorfer Staatspolizeileitstelle, ihm einen Schein mit der Zahl der in Frage kommenden Personen und dem Fahrziel zukommen zu lassen. Das Reisebüro würde diesen Schein dann der Gestapoaußenstelle in Aachen weiterleiten. Der Fahrpreis wurde auch angegeben: 16,60 Reichsmark pro Person für eine Entfernung von 827 km. Für den Gepäckwaggon wurden 0,80 Reichsmark pro Kilometer berechnet. Am 24. Juli 1942 vermerkte die Düsseldorfer Gestapo, dass dem Reisebüro ein Schein mit der Anzahl der Personen aus Düsseldorf (700 Juden) und der Zahl des Begleitkommandos (16 Beamte) überreicht wurde. Zudem bestellte die Düsseldorfer Gestapo vier Güterwagen, da den Deportierten aus Aachen schon drei Güterwagen zur Verfügung gestellt wurden. Die Abteilung II B 4 (Judenangelegenheiten) verpflichtete sich, die Kosten zu übernehmen.
Der vorherigen Planung zufolge sollte der Transport 278 Juden aus dem Aachener Gestapobereich sowie 738 aus dem Bereich der Gestapoleitstelle Düsseldorf umfassen: Duisburg (155 Juden), Mönchengladbach (112), Krefeld (232), Kleve (14), Dinslaken (5), Düsseldorf-Mettmann (4), Geldern (10), Grevenbroich (36), Kempen (88), Opladen (7), Moers (30), Wesel (27), Neuß (7), und Viersen (11).
Aufgrund von Suiziden gibt es Unterschiede zwischen der geplanten Zahl der Deportierten und der Zahl der Menschen auf dem Transport: am 4. August 1942 berichtete die Gestapo über die beiden ersten Transporte und notierte „Änderungen“ im Verhältnis der Zusammenstellung der Deportierten. Acht Krefelder Juden, vorgesehen für Transport VII/2, hatten Selbstmord begangen. Es handelte sich wahrscheinlich um drei Ehepaare und zwei Schwestern. Das Schicksal der restlichen Juden, die für den Transport vorgesehen waren, aber nicht deportiert wurden, ist unbekannt.
Die Juden aus der Umgebung wurden hauptsächlich in Güterwagen und in Begleitung von zwei Wachposten nach Düsseldorf transportiert. Sie kamen aus verschiedenen Orten: Die Juden aus Dinslaken und Wesel wurden am 24. Juli bis 9 Uhr am Duisburger Hauptbahnhof an die Außenstelle Duisburg übergeben. 147 Duisburger Juden wurden schon frühmorgens mit LKWs zum Duisburger Haupbahnhof gebracht. 77 von ihnen kamen um 5 Uhr vom Meidericher Ghettohaus auf der Baustraße 34-36, sechs Kilometer vom Hauptbahnhof entfernt.
Die Juden aus Kleve, Geldern, Moers, Kempen und Krefeld wurden alle zur selben Zeit (9 Uhr) am Krefelder Hauptbahnhof an die Außendienststelle Krefeld übergeben. Gleichzeitig wurden die Grevenbroicher und Viersener Juden in Mönchengladbach an die lokale Außendienststelle abgeliefert. Die Juden aus Neuß, Opladen und Düsseldorf-Mettmann wurden am selben Tag bis 15 Uhr zum Schlachthof Düsseldorf geführt.
Der Düsseldorfer Schlachthof diente als Hauptsammellager für die aus der Umgebung deportierten Juden. Seine Nähe zum Bahnhof und dessen langen und relativ gut vor der Öffentlichkeit abgeschirmten Rampen und die Größe des Schlachthofes, wo man ansonsten Vieh schlachtete, waren für die Organisation der Deportationen „ideal“. Die Juden und ihr Gepäck wurden durch Kriminalpolizisten gründlich auf Wertsachen und verbotene Gegenstände durchsucht. Sie durften nur wenig mitnehmen: einen Koffer oder Rucksack mit Kleidung und Schuhen, Verpflegung für acht Tage, sowie "brauchbare Gegenstände" wie Handwerkzeug und Nähmaschinen. Im Sammellager wurden die Juden gezwungen, eine Vermögenserklärung auszufüllen und die Beschlagnahmeformulare ihres Vermögens zu unterschreiben.
Ein Kommando der Waffen-SS unter Führung von Oberscharführer Erich Weber bewachte den Schlachthof. Für die Entladung und Beladung der Gepäckwagen waren, wie im letzten Transport, die SS-Leute Gestermann und Fischer zuständig. Zusätzlich zu den eingesetzten Kriminal- und Ordnungspolizisten verlangte die Düsseldorfer Gestapo von der jüdischen Gemeinde, Juden als Ordner einzuteilen.
15 bewaffnete Schutzpolizisten unter der Führung von Hauptmann Gehrke wurden als Wachmannschaft für den Transport und das Geld, das die Juden mitnehmen sollten (50 Reichsmark pro Person), eingeteilt.
Der Zug mit der Bezeichnung „Da 71“ bestand vermutlich am Anfang aus sechs Personenwagen und verließ Aachen am 25. Juli 1942 um 9:25 Uhr. Er erreichte um 11:34 Uhr den Güterbahnhof Düsseldorf–Derendorf, wo 14 Dritte-Klasse-Waggons angekoppelt wurden. Um 13:15 Uhr fuhr er weiter und traf am 26. Juli 1942 um 11:26 Uhr in Theresienstadt ein. Am 20. Juli 1942 schickte die Abteilung für Judenangelegenheiten der Düsseldorfer Gestapo eine Dokumentation an 52 Adressanten (Tagesbefehl Nr. 4/291/42g.), in welcher der Fahrplan mit den durchfahrenen Stationen und den jeweiligen An- und Abfahrtszeiten enthalten ist.
Bei der Ankunft in Theresienstadt bekam der Transport die Bezeichnung VII/2. Die römische VII steht für Düsseldorf.
Am 18. August 1942 schickte das Judenreferat der Düsseldorfer Gestapo einen Schnellbrief an das RSHA mit einer Kopie an deren juristischen Abteilung. In Düsseldorf wollte man das Vermögen von „vom Transport verhinderten Juden“ (wegen Selbstmord oder Flucht) konfiszieren. Am 28. August antwortet Dr. Billinger, Leiter des Referates II A, und verwies auf das Gesetz vom 14. Juli 1933, welches die Juden als Volks- und Staatsfeinde definierte. Zusätzlich könne man gemäß dem Erlaß vom 4. Juli 1942 jüdisches Vermögen beschlagnahmen, welches bisher zugunsten der Förderung volks- und staatsfeindlicher Zwecke verwendet wurde.
Der Autorin Ulrike Schrader zufolge hatte die Gestapo bis September 1942 durch die ersten beiden Transporte nach Theresienstadt (VII/1 und VII/2) 1.089.676,27 RM an jüdischem Vermögen geraubt.
Bis zum Jahresende 1942 waren mindestens 224 der Deportierten in Theresienstadt umgekommen. Bekannt ist, dass 16 Menschen aus diesem Transport zu Beginn des Jahres 1943 und im Laufe des Jahres 1944 weitere 122 nach Auschwitz weiterdeportiert wurden. Von diesen überlebten drei Frauen. Insgesamt überlebten aus dem Transport VII/2 nur 61 Juden. Einer der Deportierten, Erich Ruschkewitz starb am 7. Mai 1945 in Theresienstadt, einen Tag vor der Befreiung.
Quelle: Gedenkstätte Yad Vashem

Transportliste

Rauch Elisabeth geb. Herzberg
* 23.10.1875 in Aachen
Wohnort: Aachen Krefelder Straße 29
Wohnort: Aachen Lothringer Straße 103
Wohnort: Magdeburg Westendstraße 1
Wohnort: Aachen Krefelder Straße 29
Letzter Wohnort: Aachen
Försterstraße 28 (Judenhaus (Ghetto))
Deportation 25.07.1942 Aachen ins Ghetto Theresienstadt (Transport VII/2, Zug Da 71)