Aktenzeichen L 8 R 228/05

Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.11.2005 geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 verurteilt, dem Kläger Regelaltersrente ab 01.07.1997 unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von Februar 1941 bis Juni 1942 zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung von sogenannten Ghetto-Beitragszeiten aufgrund einer Beschäftigung im Ghetto Wlodawa in dem Zeitraum von Februar 1941 bis Juni 1942.

Der jüdische Kläger ist nach der Bescheinigung des israelischen Einwanderungs- und Meldeamtes am 00.00.1919 in Wlodawa (Polen) geboren. Er war zunächst polnischer Staatsangehöriger und besitzt nunmehr die israelische Staatsangehörigkeit. Er wanderte im Jahre 1957 nach Israel aus. Er erhielt aufgrund des Bescheides des Regierungspräsidenten Köln vom 05.11.1970 eine Beihilfe wegen Freiheitsentziehung (§ 43 BEG) für den Zeitraum vom 20.08.1940 bis 25.04.1943.

Unter dem 14.08.1966 gab der Kläger in seinem Entschädigungsverfahren eine Freiheitsentziehung von Ende 1940 bis Frühling 1943 im "ZAL Falkenberg" in Wlodawa an.

In einer eidesstattlichen Erklärung vom 22.10.1968 gab der Kläger im Entschädigungsverfahren an, er habe Mitte des Monats Februar 1940 in das Ghetto Wlodawa zwangsübersiedeln müssen, wo er bis Ende 1940 verblieben sei und schwere Zwangsarbeit habe leisten müssen, ohne hierfür bezahlt worden zu sein. Ende 1940 sei er in das "ZAL Falkenberg/Wlodawa" geschickt worden. Auch dort habe er bis Ende April 1943 unentgeltlich schwere Zwangsarbeit leisten müssen. Ende April 1943 sei es ihm schließlich gelungen zu flüchten.

Der 1903 geborene Zeuge N L bestätigte in einer eidesstattlichen Erklärung vom 31.05.1967, mit dem Kläger im Zeitraum von Ende 1940 bis zum Frühling 1943 schwere Zwangsarbeiten ohne Entlohnung in dem "ZAL Falkenburg" verrichtet zu haben.

Der 1898 geborene Zeuge W M gab im Entschädigungsverfahren des Klägers unter dem 25.10.1968 eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Erklärung ab.

Gegenüber der Jewish Claims Conference -JCC- gab der Kläger unter dem 07.03.1993 an, er sei im Februar 1941 mit seiner Familie im Ghetto Wlodawa interniert worden. Seine ganze Familie sei in diesem Ghetto liquidiert worden. Er habe Meliorationsarbeiten geleistet - bei einem Teich, aber auch im Wald, wo er Bäume gefällt und die Stämme auf den Schultern aus dem Wald getragen habe. Für diese schwere Arbeit sei das Essen völlig unzureichend gewesen. Im Ghetto Wlodawa sei er an Bauchtyphus erkrankt. Er sei dann (Nov. 1942) in das AL Adampol gekommen. Dort habe er bei Feldarbeiten gearbeitet, hauptsächlich beim Graben. Im November 1943 sei er von Adampol entkommen und habe sich in den Wäldern versteckt. Im Januar 1945 sei er befreit worden.

Am 04.11.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).

Im Fragebogen für Ersatzzeiten gab der Kläger zur Verfolgung durch den Nationalsozialismus Folgendes an:

"Febr 1941 - Nov 1942 Ghetto Wlodawa Freiheitsentziehung Nov 1942 - Nov 1943 (Arbeitslager) Freiheitsentziehung Nov 1943 - Jan 1945 versteckt - Freiheitseinschränkung"

Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG gab er an, er habe von Februar 1941 bis November 1942 außerhalb des Ghettos Wlodawa in Wäldern unter Bewachung von Soldaten gearbeitet. Zu den verrichteten Arbeiten gab er an: "Mileratia (Falkenberg), Bäume gesägt, Boden austrocknen, (Wasser) Flüsse umgeändert deren Weg, Entwässerung". Die Arbeit sei ihm vom Judenrat vermittelt worden. Er habe acht Stunden täglich gearbeitet. Hierfür habe er "Essen - Nahrungsmittel" erhalten. Die Fragen nach dem Erhalt von Barlohn und Sachbezügen verneinte er.

Mit Bescheid vom 04.07.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers mit der Begründung ab, die Angaben des Klägers sprächen dafür, dass er Zwangsarbeit geleistet habe.

Dagegen legte der Kläger am 10.07.2003 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er unter dem 29.03.2004 in einer persönlichen Erklärung aus, er habe seine Tätigkeit aus freiem Willensentschluss ausgeführt. Obwohl dies keine angenehme Beschäftigung gewesen sei, sei er froh gewesen, sich so mit den zusätzlichen Lebensmitteln seinen Lebensunterhalt zu erleichtern, zumal er sich im Ghetto ohne Familie befunden habe. Er sei lediglich auf dem Weg und nicht während der Arbeit bewacht worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.05.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Am 03.06.2004 hat der Kläger zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, in einer Vergleichssache (Verfahren des F G) habe die Beklagte eine Tätigkeit im Ghetto Wlodawa nach dem ZRBG anerkannt.

In einer vom Kläger beigebrachten Erklärung des F G vom 07.04.2003 aus dessen Streitverfahren L 3 RJ 21/01 beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen führte dieser aus, er habe von Juli 1940 bis zum 30.11.1942 außerhalb des Ghettos Wlodawa für die Firma Falkenberg gearbeitet. Auf dem Weg von und zur Arbeit sei er von einem Gruppenführer bewacht worden, während der Arbeit nicht. Der Arbeitseinsatz sei freiwillig und dank Vermittlung des Judenrates des Ghettos zustande gekommen. Im Rahmen der Firma Falkenberg habe er Kanäle gegraben, damit das Wasser von den Feldern habe abfließen können, und Baumstämme vom Wald gebracht, die für den Kanalbau nötig gewesen seien. Er habe 8-10 Stunden täglich gearbeitet. Er habe für die Arbeit Quittungen erhalten, mit welchen er Nahrungsmittel habe einkaufen können. Er habe wöchentlich von der Firma einen kleinen Barlohn erhalten, an den Betrag erinnere er sich nicht, ein kleiner Zusatz zu den Coupons.

Des Weiteren hat sich der Kläger auf eine von ihm vorgelegte Erklärung der Zeugin T T1 vom 19.12.2004 berufen. Danach kennt sie den Kläger seit ihrer Jugend, in Wlodawa seien sie Nachbarn gewesen, sie hätten sich gut gekannt. Sie wisse, dass der Kläger täglich 8 Stunden bei Entwässerungsarbeiten gearbeitet habe. Als Lohn für seine selbst gesuchte Arbeit habe er Essen und Lebensmittel für zu Hause erhalten.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 zu verurteilen, die Tätigkeiten von Februar 1941 bis November 1942 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG anzuerkennen und die Regelaltersrente zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt;

die Klage abzuweisen.

Die Kriterien der Freiwilligkeit und der Entgeltlichkeit seien nicht erfüllt.

Mit Urteil vom 09.11.2005 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten nicht zu. Es sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass er entgeltlich im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b ZRBG tätig geworden sei. Das Kriterium der Entgeltlichkeit grenze Ghetto-Arbeiten nach dem Typus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung einerseits von der nicht versicherten Zwangsarbeit andererseits ab. Ein Entgelt könne nur dann angenommen werden, wenn es zum Umfang und der Art der geleisteten Arbeit noch in einem angemessenen Verhältnis stehe. Allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Leistung hätten keinen Versicherungspflicht begründenden Entgeltcharakter. Die Gewährung von Verpflegung am Arbeitsort stelle kein versicherungspflichtiges Entgelt dar, da sie als freie Unterhaltsgewährung versicherungsfrei sei. Bei der Gewährung von Lebensmitteln komme es darauf an, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch oder nach vorbestimmtem Maße zur beliebigen Verfügung gegeben worden seien (Bezugnahmen auf Bundessozialgericht -BSG-, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R). Nach diesen Grundsätzen sei nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger die von ihm behauptete Beschäftigung in den Wäldern nahe des Ghettos Wlodawa gegen Entgelt verrichtet habe. Auch ein freiwilliges Beschäftigungsverhältnis sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Gegen einen eigenen Willensentschluss des Klägers sprächen Indizien, die aus seinen eigenen Erklärungen und denen der Zeugen im Entschädigungsverfahren zu ersehen seien.

Gegen das ihm am 21.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, in der Region Generalgouvernement habe es eine Arbeitsverwaltung durch Judenräte gegeben. Dies habe die Aufnahme einer freiwilligen, selbstgewählten Arbeit ermöglicht. Nach der BSG-Entscheidung vom 07.10.2004 hätten nur allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Leistung keinen Entgeltcharakter mehr. Nach den Ausführungen des Historikers Golczewski in seinem Gutachten sei die Grenze der Geringfügigkeit überschritten gewesen. Im Übrigen seien Lebensmittel nach den heranzuziehenden damaligen Verhältnissen wertvoller als Lohn gewesen. Auch in Deutschland habe eine Lebensmittelrationierung bestanden. Nach den Ausführungen des Historikers Golczewski sei der Ertrag der Ghettoproduktion partiell als Lohn ausgeschüttet worden, für einen anderen Teil des Ertrags habe der Judenrat Lebensmittel gekauft und so allgemein das Ghetto versorgt. Auch die nicht in der Produktion tätigen Menschen (etwa die Angestellten der Ghettoverwaltung etc.) und die städtischen Dienstleistungen (Abfallbeseitigung etc.) seien außer aus den von dem Judenrat direkt erhobenen Steuern und Gebühren eben aus den so erwirtschafteten Erträgen bezahlt worden. Nach den historischen Erkenntnissen könne es als gesichert angesehen werden, dass die erforderlichen versicherungsrechtlichen Grundsätze, wie die Aufnahme einer Beschäftigung aus eigenem Entschluss und einer dem Beschäftigten selbst zufließenden Entlohnung erfüllt seien.

Zur weiteren Stützung seines Begehrens hat der Kläger eine Erklärung von N1 L1 (früher L2), Kläger in dem Verfahren L 8 R 263/05 des Senats, aus dem Jahre 1965 beigebracht, die dieser offensichtlich in einem Entschädigungsverfahren des M1 M2 abgegeben hat. Diese Erklärung hat folgenden Wortlaut: " Anfang 1940 bin ich mit dem o.g. M1 M2 zusammen in die Zwangsarbeitsgruppe für Ameliortions und Wasserwirtschaft und Forstwirtschaft der Holzheimer Gesellschaft unter Leitung von C G1 zugewiesen. Wir pflegten in Gruppen unter Wache zur Arbeit geschelpt zu werden und Abends wieder ins Ghetto eingeliefert. Später ist für uns ein Sonderlager (geschlossen und stark bewacht) direkt an der Grenze des Ghettos in Wlodawa errichtet worden. Diese Lager ist mit fast allen Insassen am 30. April 1943 von besonderen SS, SA und ukrainischen Einheiten vernichtet worden."

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09.11.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.07.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.05.2004 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente ab 01.07.1997 unter Berücksichtigung von Ghetto-Beitragszeiten nach dem ZRBG von Februar 1941 bis Juni 1942 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist der Auffassung, beim Kläger habe in der streitgegenständlichen Zeit kein freiwilliges und entgeltliches Beschäftigungsverhältnis vorgelegen.

Der Senat hat eine Auskunft von Yad Vashem (YV) vom 05.03.2007 eingeholt, der Unterlagen zu Wlodawa beigefügt worden sind. Hierbei handelt es sich um einen Auszug aus "The Encyclopedia of Jewish Life before und during the Holocaust", herausgegeben von Shmuel Spector, einen Auszug aus "Leben und Fall von Wlodawa und Umgebung", herausgegeben von Shimon Kanz, einen Auszug aus Pinkas Hakehillot sowie Zeitzeugenberichte von F1 U, T3 P und von F G. Auf den Inhalt dieser Unterlagen wird Bezug genommen.

Der Kläger hat das von Dr. Zarusky in der Streitsache L 8 R 209/07 des Senats am 02.06.2008 erstellte Gutachten beigebracht, auf dessen Inhalt verwiesen wird.

Die Unterlagen der JCC zu dem Antrag des Klägers auf Leistungen aus dem Zwangsarbeiterfonds hat der Senat beigezogen. Die JCC hat mitgeteilt, dass der Kläger eine Entschädigung aufgrund seines Verfolgungsschicksals im "Arbeitslager Flackenberg" im Jahr 1943 erhalten habe und Leistungen vom Härtefonds nicht beantragt worden seien.

Yad Vashem hat auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass dort ein Bericht des Klägers über sein Verfolgungsschicksal nicht vorliege. Ein Zeitzeugenbericht bei der Shoah Foundation existiert ebenfalls nicht.

Nach dem von der Beklagten übersandten israelischen Versicherungsverlauf verfügt der Kläger über 323 Monate an Versicherungszeiten zur israelischen Nationalversicherung.

Des Weiteren ist der Verwaltungsvorgang der Beklagten betreffend F G, beigezogen zum Verfahren L 8 R 263/05 (N1 L1) und die in der Entschädigungsakte des N1 L1 enthaltenen Erklärungen von ihm selbst und von K I jeweils vom 10.10.1955 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Auf den jeweiligen Inhalt wird Bezug genommen.

Darüber hinaus hat der Senat eine Aufstellung mit Auszügen aus Erklärungen des N1 L1 vom 10.10.1955 in dessen Entschädigungsverfahren, der Zeugen K I und T2 L3 vom selben Tag in dem Entschädigungsverfahren des N1 L1 und des W M in den Entschädigungsverfahren des F G und des Klägers zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und des Verfahrens gemacht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Verwaltungsakten der Beklagten und der den Kläger betreffenden Entschädigungsakte sowie der beigezogenen Streitakte L 13 R 211/06 des LSG NRW betreffend die Zeugin T T1, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist in dem Umfang, in dem der Kläger sie in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat, begründet. Die Klage, die der Kläger hinsichtlich der anzuerkennenden Ghettobeitragszeiten in zulässiger Weise (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) auf die Zeit von Februar 1941 bis Juni 1942 beschränkt hat, ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig und beschwert den Kläger (§ 54 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat Anspruch auf Gewährung von Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten für den Zeitraum von Februar 1941 bis Juni 1942.

Der Anspruch auf Altersrente folgt aus § 35 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2007 maßgebenden Fassung (a.F.; vgl. § 300 Abs. 1 SGB VI) auch dann, wenn er auf Ghettobeitragszeiten gestützt wird. Die Bestimmungen des ZRBG stellen demgegenüber keine eigenständige Anspruchsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente dar (BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 28/06, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4). Die Vorschriften des SGB VI sind trotz des Auslandswohnsitzes der Klägerin (vgl. § 30 Abs. 1 1. Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; BSG, Urteil v. 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 48 Nr. 17).

Nach § 35 SGB VI a.F. haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie (wie der am 10.02.1919 geborene Kläger seit dem 10.02.1984) das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren erfüllt haben. Die Wartezeit von 5 Jahren kann mit Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI erfüllt werden, wobei Ersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 SGB VI allerdings nur dann Berücksichtigung finden, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt (BSG, Urteil v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht oder den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI) oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Der Kläger hat die Wartezeit von 60 Monaten mit 17 Monaten Ghettobeitragszeiten (dazu unter I.), 43 Monaten Beitragszeiten, die nach dem deutschisraelischen Sozialversicherungsabkommen (DISVA) anrechenbar sind (dazu unter II.), erfüllt.

I.

Auf die Wartezeit sind Ghettobeitragszeiten von Februar 1941 bis Juni 1942 nach § 2 Abs. 1 ZRBG anzurechnen. Nach dieser Vorschrift gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Gemäß § 1 ZRBG muss der Kläger sich als Verfolgter (1.) in einem Ghetto (2.), das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat (3.), zwangsweise aufgehalten (4.) haben. Zudem muss er eine Arbeit (5.) in diesem Ghetto (6.) ausgeübt haben, die eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss (7.) gegen Entgelt (8.) darstellte und für die der Kläger nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erhält (9.). Ferner darf die Anerkennung des Anspruchs nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen sein (10.). Beweismaßstab ist die Glaubhaftmachung (§ 1 Abs. 2 ZRBG i. V. m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale muss also nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich sein, d. h. es muss mehr für als gegen sie sprechen, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss v. 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900, § 15 Nr. 4). Die genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

1. Der Kläger ist Verfolgter im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG. Der Begriff des Verfolgten entspricht demjenigen des § 1 Abs. 1 Bundesentschädigungsgesetz -BEG- (BSG, Urteil v. 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr 3). Der Kläger erhielt wegen Freiheitsentziehung gem. § 43 BEG eine Beihilfe (Bescheid des Regierungspräsidenten Köln v. 05.11.1970), die die Eigenschaft als Verfolgter gem. § 1 Abs. 1 BEG voraussetzt. Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieses Bescheides, sodass seine Bindungswirkung für die Beklagte dahingestellt bleiben kann.

2. In Wlodawa hat im nunmehr noch geltend gemachten Zeitraum (Februar 1941 bis Juni 1942) ein Ghetto bestanden. Als Ghetto im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG ist eine Stadt, ein Stadtteil oder -viertel anzusehen, wo die jüdische Bevölkerung untergebracht wurde, und zwar im Wege der Absonderung, Konzentration und Internierung (vgl. Senat, Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04 [rkr.], sozialgerichtsbarkeit.de). Die Existenz eines diesen Erfordernissen entsprechenden Ghettos im Streitzeitraum ist durch das von Dr. Zarusky im Verfahren L 8 R 209/07 erstattete Gutachten belegt, das der Senat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht hat und im Wege des Urkundsbeweises verwertet (§ SGG Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 415, 416 ZPO; vgl. BSG, Urteil v. 24.06.1980, 1 RJ 84/79, Juris, mwN). Danach ist von einem "geschlossenen" Ghetto bereits ab dem 17.01.1941 (S. 7 ff des Gutachtens) auszugehen. Die Auflösung des Ghettos ist im Oktober 1942 in Angriff genommen worden (S. 14 des Gutachtens). Die Richtigkeit dieser Feststellungen ist im Übrigen von der Beklagten auch nicht bezweifelt worden.

3. Wlodawa hat im sog. Generalgouvernement, Distrikt Lublin, und damit in einem vom Deutschen Reich im Anspruchszeitraum besetzten Gebiet gelegen (vgl. im Einzelnen BSG, Urteil v. 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17).

4. Der Kläger hat sich jedenfalls in der Zeit von Februar 1941 bis Juni 1942 zwangsweise im Ghetto Wlodawa aufgehalten. Dieser zwangsweise Aufenthalt im Ghetto Wlodawa ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Aussagen des Klägers, der Zeugenaussagen in seinem Entschädigungsverfahren, der Erklärungen von N1 L1 und K I im Entschädigungsverfahren des N1 L1 jeweils vom 10.10.1955 sowie der Zeugenerklärung des W M im Entschädigungsverfahren des F G und dessen eigener Aussagen sowie unter Berücksichtigung der im Gutachten von Dr. Zarusky dargestellten historischen Erkenntnisse glaubhaft gemacht.


Der Kläger selbst hat in seiner Erklärung im Entschädigungsverfahren vom 22.10.1968 angegeben, sich ab Februar 1940 bis Ende 1940 im Ghetto Wlodawa und ab Ende 1940 bis Ende April 1943 im ZAL Falkenberg/Wlodawa aufgehalten zu haben. Diese Angaben wurden im Entschädigungsverfahren durch die Zeugen N L und W M in ihren wesentlichen Aussagen bestätigt. Gegenüber der JCC erklärte der Kläger hingegen, er sei im Februar 1941 mit seiner Familie im Ghetto Wlodawa interniert worden und im November 1942 in das AL Adampol gekommen. Die in den vorgenannten Erklärungen genannten Daten sind allerdings teilweise unzutreffend. Dieser Gesichtspunkt allein spricht nicht gegen einen Aufenthalt des Klägers im Ghetto Wlodawa im Streitzeitraum. Denn die Angabe unzutreffender Daten kann auf den verschiedensten Ursachen beruhen, die nicht zwingend vom Kläger herrühren müssen. Denkbar ist insoweit beispielsweise eine geringe Mühewaltung in zeitlicher und sachlicher Hinsicht der die Erklärungen aufnehmenden Personen oder auch Verständigungsschwierigkeiten zwischen Erklärenden und die Erklärungen aufnehmender bzw. protokollierender Person. Es stehen allerdings Erklärungen weiterer Personen aus anderen Streitverfahren mit Bezug zum Ort und Ghetto Wlodawa sowie historische Erkenntnisse zur Verfügung, die eine Aufklärung des Sachverhalts auch gerade in Bezug auf den Kläger ermöglichen, was im Vergleich zu den zahlreichen anderen Streitverfahren nach dem ZRBG, die der Senat zu bearbeiten hatte bzw. hat, eine bislang einmalige Sondersituation darstellt.

Danach ergibt sich, dass das Ghetto Wlodawa seit dem 17.01.1941 existierte (s. zu 2.). Die Einrichtung eines Zwangsarbeitslagers für den arbeitsfähigen Teil der jüdischen Bevölkerung erfolgte nach den insoweit ausführlichen und detailreichen Erklärungen des N1 L1 sowie des K I jeweils vom 10.10.1955 in dem Entschädigungsverfahren des N1 L1 Mitte 1942, also etwa Juni/Juli 1942. Zu diesem Zeitpunkt wurden nicht arbeitsfähige und arbeitsfähige Bevölkerungsteile getrennt und die arbeitsfähigen Bewohner in einem Lager für Zwangsarbeiter untergebracht.

Dass der Kläger sich in dem Streitzeitraum im Ghetto Wlodawa aufhalten musste, ist im Übrigen aus den Aussagen des W M in den Entschädigungsverfahren des Klägers und des F G zu ersehen. Der am 15.05.1898 in Wlodawa geborene W M bestätigte den Aufenthalt des F G im Ghetto Wlodawa sowie die bei der "Fa. Falkenberg" verrichteten Arbeiten in einer Erklärung im Entschädigungsverfahren des F G. Zu dessen Gunsten erkannte die Beklagte später nach ergänzenden Angaben und Beibringung einer Zeugenaussage der T3 P Ghetto-Beitragszeiten für die Beschäftigung für die Wasserwirtschaftsfirma unter der Leitung Falkenbergs an und gewährt ihm eine Regelaltersrente. Wie oben bereits ausgeführt, bestätigte W M im Entschädigungsverfahren des Klägers ebenfalls dessen Aufenthalt in Wlodawa und die für Falkenberg ausgeübten Tätigkeiten. Es sprechen keine Gesichtspunkte dafür, dass die Lebensumstände des Klägers und des F G im Hinblick auf bestehende Freiheitsbeschränkungen unterschiedlich gestaltet waren. Insbesondere gibt es keine Erkenntnisse darüber, dass einzelne jüdische Bewohner Wlodawas von der Ghettoisierung ausgenommen waren. Es ist daher überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht, dass der Kläger ebenso wie F G, N1 L1 und K I sich im Ghetto Wlodawa aufhalten musste und von dort aus die Entwässerungs- und Waldarbeiten für die deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter der Leitung C G1 ausübte.

5. Es ist glaubhaft, dass der Kläger während seines Aufenthalts im Ghetto Wlodava in der Zeit von Februar bis Juni 1942 Entwässerungs- und Waldarbeiten in der Umgebung von Wlodawa für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter dem dortigen Leiter G1 verrichtet hat.

Diese Tätigkeiten hat der Kläger durchgängig in Entschädigungsverfahren, aber auch im vorliegenden Rentenverfahren mit unterschiedlichen Formulierungen angegeben bzw. beschrieben. Diese Angaben sind glaubhaft im Sinne einer guten Möglichkeit. Für ihre Richtigkeit spricht zunächst, dass der Kläger die wesentlichen Umstände der Arbeit - d.h. die Beschreibung der Arbeit als Entwässerung zur Bodenaustrocknung und als Baumfällarbeiten - in mehreren Erklärungen konsistent beschrieben hat.

Die Angaben des Klägers wurden zudem im Entschädigungsverfahren durch die Zeugen N L und W M und im Klageverfahren durch die von ihm beigebrachte Erklärung der Zeugin T T1 vom 19.12.2004 bestätigt.

Die Berichte des Klägers und der Zeugen sind auch ohne weiteres mit den historischen Erkenntnissen zum Ghetto Wlodawa zu vereinbaren. Denn nach den Ausführungen von Dr. Zarusky in seinem Gutachten vom 02.06.2008, die sich der Senat zu eigen macht, war die deutsche Firma Rhode, die für das Wasserwirtschaftsamt Chelm Entwässerungs- und Regulierungsarbeiten unternahm, größter Arbeitgeber Wlodawas. Verantwortlich vor Ort war der Schachtmeister C G1. Zur Durchführung der Flussregulierungsarbeiten an der Wlodawka, einem kleinen Fluss, der bei Wlodawa in den Bug mündet, sowie der Entwässerungsarbeiten hat sich G1 jüdischer Arbeitskräfte bedient, die ihm vom Arbeitsamt zur Verfügung gestellt wurden. Zunächst waren nur 180 Juden bei ihm beschäftigt; ihm Laufe des Jahres 1942 hat sich diese Zahl dann auf etwa 1500 Juden erhöht (S. 11 des Gutachtens).

6. Die Arbeit des Klägers hat, wie von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG gefordert, "in einem Ghetto" stattgefunden, obwohl sich die Arbeitsstelle außerhalb des Ghettos, einige Kilometer von diesem entfernt, in der Umgebung von Wlodawa bzw. in den Wäldern befunden hat.

Auch Arbeiten, die außerhalb des räumlichen Bereichs eines Ghettos verrichtet wurden, werden vom ZRBG erfasst, wenn sie Ausfluss der Beschäftigung im Ghetto waren (so BSG Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4 - 5075 § 1 Nr. 3). Die ausgeübte Arbeit muss dem Verfolgten zwar von einem Unternehmen mit Sitz im Ghetto angeboten oder von einem solchen Unternehmen bzw. der eingesetzten "Ghetto-Autorität", ggf. ähnlich einer Arbeitnehmerüberlassung oder einer Arbeitsvermittlung, zugewiesen worden sein. Davon ist hier auszugehen.

So hat der Kläger bereits im Verwaltungsverfahren angegeben, die Tätigkeit in der Wasserwirtschaft durch Vermittlung des Judenrates erhalten zu haben, was F G in seiner schriftlichen Erklärung vom 07.04.2003 mit der ergänzenden Erklärung bestätigte, dass der Arbeitseinsatz freiwillig und dank Vermittlung des Judenrates des Ghettos zustande gekommen sei. Diese Angaben korrespondieren mit den Schilderungen Dr. Zaruskys, nach denen Falkenberg die jüdischen Arbeitskräfte vom Arbeitsamt (des Ghettos) zur Verfügung gestellt wurden (vgl. S. 11 des Gutachtens).

Sind die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, liegt eine Beschäftigung "in einem Ghetto" bei einer Arbeitsstelle außerhalb des Ghettos jedenfalls dann vor, wenn eine tägliche Rückkehr der Arbeitskräfte nach der Verrichtung der Arbeit in das Ghetto erfolgte. Eine solche ist ebenfalls glaubhaft gemacht. So hat Dr. Zarusky (vgl. S. 11 des Gutachtens) unter Verwertung des Urteils des Landgerichts (LG) Hannover vom 29.10.1964 (2 Ks 4/63) ausgeführt, "dass die Juden zuerst in der Stadt wohnten, frühmorgens auf den im Südwesten der Stadt gelegenen Hof Fa(lkenbergs) kamen, einem Areal, das neben dem Wohngebäude des Schachtmeisters Fa(lkenberg) gelegen war und auf dem sich Geräteschuppen befanden, die Arbeitsgeräte in Empfang nahmen und sich zu den angewiesenen Arbeitsplätzen begaben. Des Abends kehrten die Juden, die von Fa(lkenberg) entlohnt und verpflegt wurden, zu ihren Familien zurück." Diese Darstellung gewinnt dadurch weitere Überzeugungskraft, dass auch N1 L1 und K I in ihren Erklärungen im Entschädigungsverfahren des N1 L1 jeweils am 10.10.1955 dargelegt haben, dass sie Arbeiten bei der Entwässerung von Sümpfen einschließlich Baumfällarbeiten für eine deutsche Wasserwirtschaftsfirma unter der Leitung Falkenbergs ausgeübt hätten und jeden Tag morgens zu der Arbeitsstelle, die etwa 8 km von der Stadt entfernt gewesen sei, zurückgeführt worden seien. Schließlich bestätigte N1 L1 in seiner Erklärung aus 1965 in dem Entschädigungsverfahren des M1 M2, dass abends eine Rückkehr in das Ghetto nach Verrichtung der Entwässerungs- und Waldarbeiten erfolgte.

7. Bei der von dem Kläger ausgeübten Entwässerungs- und Waldarbeiten unter der Leitung G1 hat es sich um eine Beschäftigung gehandelt, die aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) ZRBG).

a) Mit den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG formulierten Tatbestandsmerkmalen der aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung gegen Entgelt hat der Gesetzgeber an den Begriff des versicherungspflichtigen entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses angeknüpft, wie er für Arbeitsverhältnisse unter Ghettobedingungen in der sog. Ghettorechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15; vom 21.4.1999, B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 16; v. 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; v. 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1) konkretisiert worden ist (std. Rechtsprechung des Senates; vgl. nur Urteil v. 28.01.2008, L 8 RJ 139/04, sozialgerichtsbarkeit.de m.w.N.).

Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere (aber nicht notwendigerweise) in einem Arbeitsverhältnis. Arbeit in diesem Sinne ist die auf ein wirtschaftliches Ziel gerichtete, planmäßige Arbeit eines Menschen, gleichviel ob geistige oder körperliche Kräfte eingesetzt werden. Die Arbeit ist nichtselbstständig, wenn sie fremdbestimmt ist, d.h. der Arbeiter dem Weisungs- bzw. Direktionsrecht des Arbeitgebers unterliegt und in den organisatorischen Ablauf des Betriebs eingebunden ist. Maßgeblich ist dabei jeweils das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit.

Das Merkmal der "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen Beschäftigung" verdeutlicht dabei, dass der Typus des von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG erfassten Beschäftigungsverhältnisses abzugrenzen ist von einer unter Zwang zustande gekommenen oder verrichteten Arbeit. Diese Abgrenzung kann ebenfalls nur im Einzelfall erfolgen. Sie orientiert sich allerdings an der grundsätzlichen Überlegung, dass eine Arbeit sich um so mehr der Zwangsarbeit annähert, als sie von hoheitlichen Eingriffen überlagert ist, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann. In diesem Sinne kann für Zwangsarbeit z.B. die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeitern an ein Unternehmen sprechen, auf die der Arbeiter keinen Einfluss hat. Je nach den Umständen des Einzelfalles gilt dasselbe für die Bewachung während der Arbeit oder die Züchtigung auf der Arbeitsstelle. Auch die Art der zu verrichtenden Arbeiten kann einen Hinweis auf Zwangsarbeit liefern, wenn sie von dem konkreten Betroffenen schlechterdings unter der Annahme eines eigenen Willensentschlusses nicht erwartet werden konnte (ausführlich Senat, Urteil v. 12.12.2007, L 8 R 187/07, sozialgerichtsbarkeit.de).


Demgegenüber ist es für den eigenen Willensentschluss des Arbeiters unerheblich, aus welchen weiteren Motiven die Arbeit aufgenommen wurde. Auch existenzielle Not (z.B. die Angst vor dem Verhungern oder der Deportation in ein Zwangsarbeits- oder Vernichtungslager) schließt das Zustandekommen eines Beschäftigungsverhältnisses daher nicht aus. Dass derartige Motive außer Betracht zu bleiben haben, wird zusätzlich durch § 1 Abs. 1 ZRBG belegt, der den zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto mit den damit typischerweise verbundenen Konsequenzen des Hungers und der Bedrohung mit Deportation und Vernichtung sogar als Tatbestandsmerkmal voraussetzt.

b) Vor dem geschilderten historischen Hintergrund ist die Verrichtung der Entwässerungs- und Waldarbeiten unter der Leitung G1 durch den Kläger aus eigenem Willensentschluss überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht. Denn nach den Ausführungen von Dr. Zarusky in seinem Gutachten vom 02.06.2008, die für den Senat gut nachzuvollziehen sind und auch von der Beklagten nicht in Abrede gestellt wurden, stellte sich der Besitz eines Arbeitsplatzes als notwendige Voraussetzung für das Überleben der Ghettohaft dar (S. 9 ff des Gutachtens). Der Judenrat hatte auf Anordnung der deutschen Behörde nach Bedarf Arbeitskraftkontingente bereit zu stellen, doch ist die Meldung der Ghettoinsassen zur Arbeit aus eigenen Stücken erfolgt, weil der Erwerb zusätzlicher (Lebens-)Mittel für die Allermeisten eine Überlebensnotwendigkeit dargestellt hat. Keinesfalls ist es innerhalb des Ghettos so gewesen, dass der auf den Judenrat ausgeübte Zwang zur Bereitstellung von Arbeitskräften unmittelbar weiter gegeben worden ist. Im Gegenteil haben sich meist mehr Menschen beworben als überhaupt Stellen vorhanden waren. Nur wer Glück hatte, über gute Beziehungen oder spezielle Qualifikationen verfügte, konnte aus den zahlreichen Interessenten für eine Stelle herausstechen und einen Arbeitsplatz erhalten.

Dr. Zarusky hat in seinem Gutachten weiter nachvollziehbar heraus gearbeitet, der Grund für die hohe Zahl von Beschäftigten bei Falkenberg habe darin bestanden, dass dieser alle seine Möglichkeiten ausnutzt, um die Juden vor der Verfolgung zu schützen. Er nahm wesentlich mehr Arbeitskräfte auf, als ihm zustanden, warnte sie vor den bevorstehenden "Aktionen" und bot einer größeren Zahl ein Versteck in einer rundherum durch Strohballen getarnten Scheune. Hiermit korrespondierend schildert auch die Zeugin T3 P in ihrem bei Yad Vashem abgegebenen Zeitzeugenbericht die unter Falkenberg arbeitenden Juden als die Elite des Ghettos, die für ihre vermeintliche Sicherheit von den übrigen Ghettobewohnern beneidet wurden.

Vor diesem Hintergrund hat der Senat keine durchgreifenden Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung des Klägers im Widerspruchsverfahren vom 29.03.2004, dass er die Entwässerungs- und Waldarbeiten aus freiem Willensentschluss ausgeführt hat. Soweit der Kläger erläuternd angegeben hat, er sei froh gewesen, sich mit den zusätzlichen Lebensmitteln seinen Lebensunterhalt zu erleichtern, zumal er sich im Ghetto ohne Familie befunden habe, spiegelt diese Darstellung genau die von Dr. Zarusky beschriebene Lebenssituation der Ghettobewohner von Wlodawa wider.

Für die Aufnahme der Entwässerungs- und Waldarbeiten aus eigenem Willensentschluss durch den Kläger spricht, dass auch F G diese Arbeiten verrichtet und nach seinen, im Tatbestand dargestellten Angaben diese aus eigenem Willensentschluss aufgenommen hat, was auch die Beklagte als glaubhaft gemacht angesehen hat und aufgrund von Ghetto-Beitragszeiten eine Regelaltersrente gewährt. Es liegen wiederum auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Arbeitseinsatz des Klägers auf andere Weise zustande gekommen sein könnte als der des F G.

Wenn der Kläger in seiner Erklärung im Entschädigungsverfahren angegeben hat, während des Aufenthalts im Ghetto Wlodawa und "ZAL Falkenberg/Wlodawa" Zwangsarbeiten verrichtet zu haben, ist in der Wortwahl nicht ein Indiz für "Zwangsarbeit" zu erkennen. Dasselbe gilt für die Verwendung des Begriffs "Zwangsarbeit" im Zusammenhang mit den ausgeübten Tätigkeiten im "ZAL Falkenberg" im Entschädigungsverfahren des Klägers durch die Zeugen N L und W M. Denn wie das BSG bereits ausdrücklich entschieden hat (BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R) gibt die Verwendung des Begriffs "Zwangsarbeit" wegen seiner subjektiven Prägung keinen Aufschluss über die konkreten Arbeitsbedingungen. Im Gegenteil ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass Verfolgte alle während ihres zwangsweisen Aufenthaltes in einem Ghetto ausgeübten Beschäftigungen auch im Nachhinein als Zwangsarbeit empfunden haben. Es kommt hinzu, dass die hier maßgebliche Differenzierung "freier" und "unfreier" Zwangsarbeit auf den Besonderheiten der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beruht und weder im allgemeinen Sprachgebrauch noch im historischen Verständnis zwingend in gleicher Weise nachvollzogen werden muss. Dementsprechend ist in der Literatur noch im Jahr 2001 mit Blick auf das Gesetz zur Errichtung einer Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZStiftG) die - im Nachhinein bestätigte - Annahme geäußert worden, die Partnerorganisationen der Stiftung würden im Rahmen der von ihnen festzustellenden Leistungsberechtigung den Begriff der Zwangsarbeit nicht in gleicher Weise abgrenzen wie die deutsche Rentenversicherung (vgl. Gerhard, Amtliche Mitteilungen LVA Rheinprovinz 2001, 36, 38).

Vorstehende Ausführungen beanspruchen in vorliegendem Verfahren umso mehr Geltung, als der Kläger in seiner Erklärung gegenüber der JCC im Zusammenhang mit der Schilderung der während seines Aufenthalts im Ghetto Wlodawa verrichteten Entwässerungs- und Waldarbeiten auf die Verwendung des Begriffs "Zwangsarbeit" und auch sonst auf eine einen Zwang beschreibende Schilderung verzichtet hat.

Schließlich geht der Senat davon aus, dass auch die von dem Kläger und F G beschriebene Bewachung auf den Wegen von und zur Arbeit im vorliegenden Fall kein Indiz für Zwangsarbeit ist. Diese Bewachung war lediglich Ausfluss der allgemeinen Lebensbedingungen im Ghetto Wlodawa und stellte sich gleichsam als Fortsetzung und Sicherstellung des zwangsweisen Aufenthaltes in einem solchen Ghetto als "verlängerter Ghettozaun" dar. Der Senat geht davon aus, dass die Bewachung vorliegend eben zur Sicherstellung der Ghettoinhaftierung, das heißt, der Verhinderung einer Flucht aus dem Ghetto aber nicht der Erzwingung der Arbeitsleistung diente. So wird auch gerade im Entschädigungsverfahren weder vom Kläger noch von den übrigen bei den Entwässerungs- und Waldarbeiten eingesetzten F G, N1 L1 und K I von körperlichen Übergriffen der Wachmannschaften (insbesondere zur Erzwingung der Tätigkeiten) berichtet.

8. Schließlich ist glaubhaft, dass der Kläger seine Beschäftigung unter Falkenberg gegen Entgelt (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG) ausgeübt hat.

a) Entgelt in diesem Sinne ist als ein die Versicherungspflicht in der deutschen Rentenversicherung begründendes Entgelt anzusehen (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1). Maßgebend sind dabei die Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) in der im Streitzeitraum geltenden Fassung (a.F.). Zum Entgelt gehörten dabei nach § 160 a.F. neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohnes oder neben ihm von dem Arbeitgeber oder einem Dritten erhielt. Jedoch war eine Beschäftigung, für die als Entgelt nur freier Unterhalt gewährt wurde, versicherungsfrei (§ 1227 RVO a.F.; vgl. zum Folgenden außerdem BSG, Urteil vom 30.11.1983, 4 RJ 87/92; Mentzel/Schulz/Sitzler, Kommentar zum Versicherungsgesetz für Angestellte, 1913, § 7 Anm. 3; RVO mit Anmerkungen, herausgegeben von Mitgliedern des Reichsversicherungsamtes, 1930, § 1227 RVO Anm. 1 ff.). Als freier Unterhalt i.S.v. § 1227 RVO a.F. ist dabei dasjenige Maß von wirtschaftlichen Gütern anzusehen, das zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Arbeitnehmers erforderlich ist, nicht aber das, was darüber hinausgeht. Zum freien Unterhalt gehören insbesondere Unterkunft, Beköstigung und Kleidung. Die betreffenden Sachbezüge müssen nach Art und Maß zur Bestreitung des freien Unterhalts geeignet und bestimmt sein. Das ist der Fall, wenn sie in geringem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten gewährt werden. Bei Gewährung von Lebensmitteln ist daher zu prüfen, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden (dann freier Unterhalt) oder aber zur beliebigen Verfügung, wie es z.B. bei Deputaten der Fall ist. Die Grenze des freien Unterhalts ist insbesondere dann überschritten, wenn die gewährte Menge erheblich das Maß des persönlichen Bedarfs übersteigt. Das ist unter anderem dann anzunehmen, wenn die gewährten Sachbezüge ausreichen, nicht nur den freien Unterhalt des Beschäftigten selbst, sondern auch eines nicht bei demselben Arbeitgeber beschäftigten Familienangehörigen sicherzustellen (vgl. VDR, Kommentar zur RVO, 5. Aufl., 1954, § 1228 Rdnr. 5). Werden demgegenüber anstelle des freien Unterhalts auch nur auch geringe Geldbeträge zur Bestreitung des notwendigen Unterhalts gegeben, so ist dies keine freie Unterhaltsgewährung mehr. Geldleistungen stehen demnach der Gewährung des freien Unterhalts nicht gleich, auch wenn sie den unbedingt zum Lebensunterhalt erforderlichen Betrag nicht übersteigen und nicht einmal erreichen. Allerdings geht die bisherige Rechtsprechung davon aus, dass das Entgelt eine Mindesthöhe erreichen muss, damit man von einer entgeltlichen versicherungspflichtigen Beschäftigung ausgehen kann. Bei Barzahlung neben freiem Unterhalt reicht es aus, wenn das Entgelt die Grenze von einem Sechstel bis einem Drittel Ortslohn überschritt.

b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze reichen die dem Kläger als Gegenleistung für seine Arbeit gewährten Bezüge aus, um Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen.


Der Senat geht vorliegend davon aus, dass der Kläger für seine Tätigkeiten unter der Leitung G1 im noch streitigen Zeitraum zumindest auch eine Barentlohnung in polnischen Zloty erhalten hat. Entscheidende Bedeutung hat hierbei für den Senat, dass eine solche geringe Barentlohnung bereits in den zeitlich weit zurückliegenden schriftlichen Erklärungen von N1 L1 und des Zeugen L3 im Entschädigungsverfahren betreffend N1 L1 jeweils im Oktober 1955 und damit relativ zeitnah zu den relevanten historischen Ereignissen Erwähnung gefunden hat. So führte der Zeuge L3 aus: "Die Arbeit wurde nur ganz geringfügig bezahlt, die Bezahlung reichte kaum zum Kauf von Zigaretten aus." N1 L1 selbst gab an: " ... ferner hörte von diesem Zeitpunkt ab (Anmerkung des Senats: gemeint ist der Zeitpunkt des Umzugs in das ZAL Mitte 1942), die bis dahin bezahlte geringe Vergütung für die Arbeit auf." Der Erwähnung einer Barentlohnung für die geleisteten Tätigkeiten bereits im Entschädigungsverfahren kommt besonders hoher Beweiswert zu. Denn schließlich handelt es sich um relativ zeitnahe Erklärungen, die für das Entschädigungsverfahren nicht nur unerheblich, sondern vom Sinn und Zweck des Verfahrens - zumindest aus Laiensicht - für die Anspruchsbegründung nicht förderlich waren. Schließlich ging es im Entschädigungsverfahren darum, gerade die Schwere des individuell erlittenen Verfolgungsschicksals darzustellen. Jedenfalls gab es keinerlei Anlass, die Entlohnung einer unter den Zwangsbedingungen der Ghettohaft ausgeübten Tätigkeit darzustellen.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen sieht der Senat die eigenen Angaben des Klägers zu der ihm für die Entwässerungs- und Waldarbeiten gewährten Gegenleistung als widerlegt an. Seine Angaben sowohl im Entschädigungsverfahren als auch im Verwaltungsverfahren sind unzutreffend und letztlich damit zu erklären, dass der Kläger sich an die betragsmäßig geringe Barentlohnung neben der Gewährung von Essen bzw. Nahrungsmitteln, der unter den spezifischen Lebensumständen in einem Ghetto die weitaus größere Bedeutung zukam, nicht mehr erinnern konnte bzw. kann.

Schließlich erachtet der Senat den Erhalt von Barlohn auch vor dem historischen Hintergrund als wahrscheinlich im Sinne einer guten Möglichkeit. Dr. Zarusky zitiert ohne Abschwächung aus dem Urteil des LG Hannover, wonach bei den Entwässerungsarbeiten beschäftigten Juden von Falkenberg entlohnt und verpflegt worden seien. Hieraus und aus den Angaben des F G ergibt sich iSe überwiegenden Wahrscheinlichkeit ebenfalls, dass die Barentlohnung neben einer Verpflegung bzw. Lebensmittelzuteilung gewährt wurde. Dies entspricht den historischen Erkenntnissen zum Ghetto Wlodawa, die Dr. Zarusky eingehend dargestellt hat (vgl. S. 9 ff des Gutachtens).

Darüber hinaus ist überwiegend wahrscheinlich, dass das dem Kläger am Arbeitsplatz gezahlte Entgelt der Höhe nach neben dem Bezug von Lebensmittelcoupons zumindest 1/6 des üblichen Ortslohns überschritten hat.

Insofern kann mangels einer konkreten Erinnerung nicht auf die Angaben des F G und N1 L1 zurückgegriffen werden, was nach einem Zeitablauf von mehr als 60 Jahren ohne weiteres verständlich ist und im Übrigen im Umkehrschluss wiederum für die Erlebnisfundiertheit der übrigen Angaben der Genannten spricht. Ausgehend von den historischen Erkenntnissen zur Entlohnung von nichtjüdischen und jüdischen Arbeitern und Arbeiterinnen im Generalgouvernement (S. 9 des Gutachtens von Dr. Zarusky) betrug der Monatslohn für einen ungelernten jüdischen Arbeiter 130 Zloty, was einem Wochenlohn von etwa 30 Zloty entspricht, so dass 1/6 des Ortslohns wöchentlich 5 Zloty ausmacht. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die Angaben des F G und des N1 L1 als zutreffend, wenn sie von einem geringen Lohn bzw. einer geringen Vergütung gesprochen haben. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der dem Kläger gezahlte Barlohn den geringen Betrag von 5 Zloty wöchentlich nicht überschritt. Es ist im Gegenteil davon auszugehen, dass gerade der Leiter der Wasserwirtschaftsfirma, C G1, sich der Verordnungslage entsprechend verhalten und die danach für jüdische Arbeitskräfte bestimmten Löhne gezahlt hat. Es ist bereits dargestellt worden, dass G1 große und vielfältige Anstrengungen unternahm, um das Leben vieler Juden zu schützen. Es liegt also nahe, dass er bei der Entlohnung nicht anders handelte, sondern vielmehr dafür Sorge trug, dass die Entlohnung der jüdischen Arbeitskräfte der Verordnungslage entsprach, um diese soweit wie unter den gegebenen Bedingungen möglich ökonomisch in die Lage zu versetzen, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

9. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger für seine Arbeit im Ghetto Wlodawa anderweitige Leistungen aus einem System sozialer Sicherheit erhält. Hinsichtlich der Leistungen aus einem Sicherungssystem des Staates Israel ist für den Senat aus einer Vielzahl von Streitverfahren nach dem ZRBG offenkundig (§ 202 SGG i.V.m. § 291 ZPO) und im Übrigen zwischen den Beteiligten auch unstreitig, dass in den Leistungen der israelischen Nationalversicherung ausschließlich Zeiten ab deren Einrichtung im Jahr 1954 Berücksichtigung finden, nicht jedoch Zeiten nationalsozialistischer Verfolgung.

10. Die Anerkennung von Beitragszeiten scheitert schließlich nicht daran, dass der Kläger eine Entschädigung nach dem EVZStiftG erhalten hat. Wie der Senat bereits entschieden hat, erstrecken sich die in § 16 Abs. 1 S. 2 EVZStiftG geregelte Ausschlusswirkung und die Verzichtswirkung des § 16 Abs. 2 S. 2 EVZStiftG nicht auf den Anspruch auf Zahlung einer Rente aufgrund von Beitragszeiten nach § 2 Abs. 1 ZRBG (Senat, Urteil vom 18.06.2008, L 8 R 298/07, sozialgerichtsbarkeit.de, mit eingehender Begründung).

II.

Auf die Wartezeit von 60 Monaten sind neben den 17 Monaten Ghetto-Beitragszeiten 43 anrechenbar, die der Kläger in Israel zurückgelegt hat (Art. 20 Abs. 1 DISVA). Welche Ersatzzeiten zu berücksichtigen sind, kann daher vorliegend dahinstehen und ist von der Beklagten noch im Einzelnen zu prüfen.

III.

Da der Kläger den Rentenantrag am 04.11.2002 gestellt hat, beginnt die Rente am 01.07.1997 (§ 3 Abs. 1 Satz 1 ZRBG i.V.m. § 99 Abs. 1 Satz 1 SGB VI).

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Der Senat hat keinen Anlass gehabt, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG). Sämtliche angesprochenen Rechtsfragen sind in der Rechtsprechung des BSG bereits hinreichend geklärt. Der vorliegende Rechtsstreit wirft ausschließlich Fragen der einzelfallbezogenen Beweiswürdigung auf.