22.10.1907

Am 22. Oktober besucht Hitler mit seinen Schwestern ihren jüdischen Hausarzt. Dr. Eduard Bloch macht ihnen wenig Hoffnung. Vielleicht kann ein Medikament den Tod ein wenig hinaus­schieben: Jodoform. Es ist allerdings teuer. Die Kinder kaufen es. Der Arzt verzichtet vorerst auf ein Honorar. Er hat in Linz den Ruf eines Arme-Leute-Doktors. Ab November tröpfelt er das stechende Desinfektionsmittel täglich in die offene Wunde. Die Kranke schreit vor Schmerzen. Bleich und versteinert verfolgt Adolf ihr schweres Leiden. Das Mittel verätzt das Bindegewebe. Dann greift es die Blutgefäße an. Schließlich ist der ganze Brustraum entzündet. Selbst ein paar eingeflößte Tropfen Wasser bereiten der Mutter Höllenqualen. Sie verliert immer häufiger das Bewusstsein. Kommt sie zu sich, stützt Adolf die Kranke, die nur noch aus Haut und Knochen besteht. Dr. Bloch spritzt Morphium, um die Qualen der Sterbenden zu lindern.

21.12.1907

Hitlers Mutter stirbt in den frühen Morgenstunden des 21. Dezembers. Ihre Kinder haben die Kerzen des bereits aufgestellten Christbaumes angezündet. Als Dr. Bloch eintrifft, sitzt Adolf am Totenbett und zeichnet. Ihr kleines, verknittertes Foto wird er ein Leben lang bei sich tragen. In jedem seiner späteren Schlafzimmer wird sie auf sein Bett blicken. Ein enttäuschtes, müdes Gesicht, in Öl gemalt. Ihren Geburtstag erklärt der Reichskanzler Hitler zum Ehrentag der deutschen Mutter. "Ich bin Ihnen ein Leben lang dankbar", sagt Adolf Hitler nach der Beerdigung zu Dr. Bloch. Er wird dieses Versprechen halten. Als nach dem Anschluss Österreichs Nazis in seine Praxis eindringen, bittet Bloch Hitler um Hilfe. Er reagiert sofort. Gestapobeamte schützen sein Haus, bis er ausreisen kann. Dem über Sechzigjährigen gelingt in Amerika kein Neuanfang mehr. Die Behörden erklären seine Arztpapiere für ungültig. Arm und verbittert stirbt er 1945 in der Bronx von New York.