* 27.03.1901

geb. Ort
Erlangen

geb. Land
Deutschland, Bundesland Bayern, Regierungsbezirk Mittelfranken, kreisfreie Stadt Erlangen

Todestag
10.05.1959

Todes Ort/Land
Langenzenn
Deutschland, Bundesland Bayern, Regierungsbezirk Mittelfranken, Landkreis Fürth

Michael Poeschke wurde 1901 als neuntes Kind eines Schneidermeisters geboren.
Ab 1915 absolvierte er eine Lehre als technischer Zeichner.
1915 trat er in die sozialistische Arbeiterjugend ein, deren Erlanger Gruppe er von 1919 bis 1923 leitete.
1919 trat er in die SPD ein.

Ab 1923 war er Redakteur des Erlanger Volksblattes
Als Redakteur des Erlanger Volksblattes hat er seine Meinung frei geäußert und die Dinge, die ihm nicht gepasst haben, die er mit vielen anderen als ungerecht und unmenschlich empfand beim Namen genannt – beschrieben also. Unvorstellbar dass er, genauso wie viele anderen Sozialdemokraten die auch in Erlangen beim Volksblatt gearbeitet haben, wie zum Beispiel Peter Zink oder Josef Felder, der als Reichstagsabgeordneter gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt hat, für seine Gesinnung als Sozialdemokrat im wahrsten Wortsinne bluten musste.

Am 09.03.1933 wird Michael Poeschke und der frühere Landtagsabgeordnete Peter Zink in den Redaktionsräumen des „Erlanger Volksblattes“von den Nazis wegen seiner offenen Berichterstattung brutal mißhandelt und zusammengeschlagen. Er wird anschließend trotz seiner Verletzungen im
Amtsgerichtsgefängnis Erlangen inhaftiert ("Schutzhaft"). Am Abend des 09.03.1933 wird er in die chrirurg. Abteilung der Universität Erlangen eingeliefert.
Aus der Krankenakte:
„Anamnese: 09. März 1933 Kopfverletzung in Erlangen durch Nationalsozialisten,
seither immer Kopfschmerzen; war nicht bewußtlos. Kein Blutaustritt aus Nase und Ohren.
Er ist dann vom 10.03.1933-26.04.1933 in den Amtsgerichtsgefängnis Erlangen und Bad Windsheim inhaftiert. Am 26.04.1933 wird er ins Konzentrationslager
Dachau verschleppt, wo er bis zum 27.04.1933 inhaftiert bleibt. Am 27.04.1933 wurde er kurzzeitig für die Eröffnung des bayerischen Landtages, dessen Mitglied er nach der Neu-Zusammensetzung geworden war, entlassen. An der Abstimmung über das bayerische Ermächtigungsgesetz am 29. April 1933, bei der die SPD-Fraktion mit "Nein" stimmte, konnte er nicht teilnehmen; er musste wegen der in der Haft erlittenen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

(Die Annahme des bayerischen Ermächtigungsgesetzes am 29. April bedeutete schließlich das Ende einer selbständigen Landespolitik. Die SPD- Abgeordneten votierten trotz der persönlichen Bedrohung gegen das bayerische Ermächtigungsgesetz. In den folgenden Jahren kamen mehrere SPD- Parlamentarier immer wieder in die sogenannte „Schutzhaft" in Konzentrationslager oder waren gezwungen ins Ausland zu emigrieren).

Aussage von Mitgliedern der SPD-Fraktion
„In der Fraktionssitzung, die vor der Eröffnung des Landtags stattfand, bekamen wir zum ersten Mal ein anschauliches Bild, wie es in den Konzentrationslagern des Dritten Reiches zuging. Der sozialdemokratische Abgeordnete Poeschke aus Erlangen, der eben aus Dachau entlassen worden war, humpelte mühsam, zerbeult und zerschlagen, ins Zimmer. Wir zogen ihm das blutige Hemd vom Leib. Vom Nacken bis zu den Oberschenkeln und Ellenbogen war die ganze Haut blauschwarz gefärbt, an vielen Stellen geplatzt, das rohe Fleisch mit Blutgerinnsel verklebt.
Der Mann war völlig verstört, er zitterte an allen Gliedern und weinte immer wieder während seiner Erzählung:
Man hatte ihn schon im März in Schutzhaft genommen, aber erst vor zwei Tagen noch nach Dachau gebracht, als bereits der Befehl, Abgeordnete freizulassen, veröffentlicht worden war.

Aussage:
Ich wurde in einen abgelegenen Raum des Lagers geführt. Dort warteten bereits SS-Kerle, die lange, derbe Stecken in der Hand hatten. Man riß den Opfern die Hosen und Hemden herunter. Ein Gefangener nach dem anderen wurde auf den Boden gelegt und vor den Augen seiner Leidensgefährten ausgepeitscht. Je mehr einer schrie, je wilder sich sein zuckender Leib aufbäumte, um so wütender schlugen die Henkersknechte zu.

Am folgenden Tag wurde Poeschke freigelassen. Lagerkameraden mußten ihn unter die Arme nehmen und stundenlang mit ihm auf und ab gehen, bis er sich frei bewegen konnte.

Der Zustand Poeschkes war so bedenklich, daß wir uns entschlossen, ihn sofort in ein Krankenhaus zu überführen.“

Auszug aus der Krankheitsgeschichte HB.Nr. 674/1933 des Krankenhauses München-Schwabing über den Zustand von Michael Poeschke nach seiner Mißhandlung im KZ Dachau.
Im Konzentrationslager seit 27.04.33. Sei in Fürth und in Dachau wiederholt geschlagen worden. Wegen Landtagstagung sei er jetzt entlassen worden.
Appetit fast keiner, Schlaf wenig. Außer den Beschwerden durch die Hämatome
und einer starken Abgeschlagenheit klagt er über stechende Schmerzen im Kreuz
rechts, die durch das Gesäß in den rechten Oberschenkel gingen. ... Haut: Der ganze Rücken, seitlich nach vorne die Nierengegend und das Gesäß hinab bis Mitte Oberschenkel sind ein zusammenhängendes subcutanes Hämatom. Weitere große Hämatome an beiden Armen über der Ellenbeuge, die ungefähr den halben Oberarm emporragen. An der rechten Brustseite von Mitte Clariculi (Schulterbein) bis Lungen-Lebergrenze Spuren von Stockschlägen anscheinend“.

Michael Poeschke berichtete im Rahmen der juristischen Aufarbeitung des NS-Unrechts am 23. Juli 1948 selbst rückblickend über den weiteren Gang der Ereignisse:
„Nach den Mißhandlungen wurde ich mit etwa 5 Leuten in eine Klosettzelle gesperrt und uns ein Strick hineingeworfen, offenbar zu dem Zweck, daß wir uns erhängen sollten. Diesen Gefallen haben wir den SS-Bestien nicht erwiesen. Am gleichen Abend wurde ich in das sogen. Krankenrevier eingeliefert und traf dort Häftlinge, die in einer grauenvollen, barbarischen Weise mißhandelt waren und wegen der dabei erlittenen, zum Teil lebensgefährlichen Verletzungen ins Revier gebracht werden mußten“.

Am 30.06.1933 wird Poeschke erneut im Konzentrationslager Dachau inhaftiert, wo er bis zum 20.06.1934 inhaftiert bleibt.
Nach seiner Entlassung wird er mit Berufsverbot belegt; er darf auch nicht nach Erlangen zurückkehren und ging daher als Leiter einer Versicherungs-Außenstelle nach Oberschlesien.

1939 wird er zur Wehrmacht eingezogen, Er erlebt den 2. Weltkrieg an verschiedenen Kriegsschauplätzen als Soldat mit
Ende Juli 1945 wird Poeschke aus französischer Kriegsgefangenschaft entlassen und kehrt nach Erlangen zurück.

Am 06.08.1945 wird er zum 2. Bürgermeister der Stadt Erlangen ernannt.
Ab 1945 gehört Poeschke auch dem mittelfränkischen Bezirkstag an, dessen Präsident er ab 1954 war.
Am 04.09.1946 wählt ihn der Erlanger Stadtrat als Nachfolger von Anton Hammerbacher zum Erlanger Oberbürgermeister. In diesem Amt wurde er 1948 durch den Erlanger Stadtrat sowie in Direktwahlen 1952 (92,4 Prozent der Stimmen gegen einen Kandidaten der KPD) und 1958 (57,8 Prozent gegen Heinrich Lades, CSU) bestätigt.

In die Amtszeit von Michael Poeschke als Oberbürgermeister fällt die Ansiedlung des Stammsitzes der Siemens-Schuckert-Werke in Erlangen, die später in der Siemens AG aufgingen.
Michael Poeschke hat die zentralen Weichen für das Nachkriegs-Erlangen gestellt, für ein Erlangen als blühender Wirtschaftsstandort, für ein Erlangen, in dem aber die Kommunalpolitik auch ihren sozialen und kulturellen Auftrag erfüllte. Vom Wohnungsbau über die Linderung der Schulraumnot bis zur Förderung der kulturellen Einrichtungen. Poeschkes vernetztes kommunalpolitisches Denken sollte uns heute noch Vorbild und Ansporn sein.
Engagiert war Poeschke auch im sozialen Wohnungsbau, zunächst mit der Gründung der "Sparaktion Sozialer Wohnungsbau" 1948, die 1950 in die städtische Wohnungsbaugesellschaft GeWoBau überführt wurde. Bis 1956 entstanden bei der GeWoBau 6.000 Wohnungen.

Weiterhin förderte Poeschke die Erlanger Universität, unter anderem als Wiederbegründer des Universitätsbundes.


Am 10. Mai 1959 starb Michael Poeschke unerwartet in Langenzenn, im Haus seiner Schwiegereltern, an einem Herzinfarkt.

Seine Frau Frida wird zusammen mit ihrem neuen Lebensgefährten dem jüdischen Verleger Shlomo Lewins am 19. Dezember 1980 von einem Mitglied der "Wehrsportgruppe Hoffmann" in ihrem Haus an der Erbradstraße ermordet.