SS-Oberscharführer

* 26.09.1915 in Westdorf (Sankt Michaelisdonn)
† 12.11.1977 in Herten

letzter bekannter Wohnort:
Herten Paschenbergstraße 82

Reichsdeutscher

Sohn eines Angestellten der Reichsbahn

9 Jahre Volksschule

bis 1935
Fleischerlehre in Hohenweststedt (Abschluß/Gesellenprüfung)

Beruf: Fleischer/Metzger

ab 19.07.1935
Mitglied der Bewaffneten Verbände der SS
(Kleemann kam zur 6./SS-Germania bei Arolsen. Von 1935 bis 1937 war er dort kaserniert)

01.08.1937
Beförderung zum SS-Sturmmann

1937
Versetzung nach Hamburg (die Versetzung geschah aus Zwecken der weiteren Ausbildung. Als er diese beendet hatte, wurde er wieder nach Arolsen beordert)

12.09.1937
Beförderung zum SS-Rottenführer

ab 1937
Mitglied der NSDAP (Mitglieds Nu. 4 629 413)
(Bundesarchiv BArch R9361-III-96670)

1939
Obwohl seine reguläre Dienstzeit 1939 hätte enden sollen, wurde er aufgrund des sich anbahnenden Krieges nicht entlassen und der Waffen-SS unterstellt.
(Bundesarchiv BArch Z42IV-2026)

ab 00.10.1939
ab Oktober 1939 war er mit seiner Einheit in Beroun bei Prag stationiert

1939
Kleemann stellte beim Rasse- und Siedlungshauptamt der SS einen Antrag auf eine Erlaubnis zur Kriegshochzeit. (SS-Angehörige durften, getreu dem Leitsatz einer „arischen Elite“ nur dann heiraten, wenn die Ehe von oberer Stelle genehmigt wurde)

18.10.1939
die Hochzeit wird freigegeben

24.10.1939
Kleemann Hermann heiratet Kleemann Emmy W.

19.01.1940
Ab dem 19.01.1940 befand Kleemann sich aufgrund einer Verwundung, die er sich am Knie zuzog, im Lazarett Berlin-Lichterfelde.

ab 1941 Angehöriger der Lagermannschaft im KL
Auschwitz
(
Block 11 Lagerarrest danach Kommandoführer im Stammlager Auschwitz)

01.05.1941
Beförderung zum SS-Unterscharführer

01.02.1943
Beförderung zum SS-Scharführer

Auschwitz, 11. Juni 1943
Kommandanturbefehl Nr. 25/43
Besuch von Schwager und Schwägerin auf die Dauer von 14 Tagen

ab Sommer 1943 Rapportführer im NL
Eintrachthütte

Auschwitz, 15. September 1943
Standortbefehl Nr. 39/43
dem SS-Angehörigen Kleemann Hermann wurde das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern verliehen

23.12.1943
der SS-Scharführer Kleemann schlägt im NL
Eintrachthütte einen Häftling fast blind, woraufhin dieser auf das Krankenrevier gebracht werden musste. Am Folgetag ist Kleemann dann in den Krankenbau gestürmt, um den Häftling nach Auschwitz Birkenau deportieren zu lassen, was dessen sicheren Tod in den Gaskammern bedeutete.
(Der Häftlingsarzt Dr. med. L. Eitinger schilderte diese und noch weitere Gräueltaten Kleemanns in einem Brief an den Autoren und Mitbegründer des Auschwitz-Komitees Hermann Langbein in aller Ausführlichkeit: „Am Weihnachtsabend 1943 war der SDG.
[Sanitätsdienstgrad] Wloka verreist. Kleemann, der mit Wloka nicht auf gutem Fuße stand, weil dieser sich nicht in den Krankenbau vom Rapportführer hineinreden lassen wollte, benutzte die Gelegenheit, ‚im Krankenbau aufzuräumen‛. Es handelte sich hier speziell um einen Häftling, der am Tage vorher von Kleemann so geschlagen worden war, dass er schwere Blutungen in den Augen hatte. Kleemann behauptete, dies sei Sabotage, holte den Häftling hinaus und hat ihn nach Birkenau ins Krematorium geschickt.“

01.02.1944
Beförderung zum SS-Oberscharführer

ab März 1944 Lagerführung im NL
Janinagrube
In Janinagrube erhielt Hermann Kleemann von den Häftlingen den Spitznamen „Revolverking“, was daher rührte, dass er immer schnell zu diesem gegriffen haben soll. Die Pistolentasche habe er dabei stets offen getragen.
Mehrere Häftlinge schildern einen Vorfall, bei dem Kleemann auf die Hand eines Gefangenen, bei dem es sich vermutlich um den Lagerältesten handelte, schoss. Dieser hatte eine Spielkarte in die Luft halten müssen, während Kleemann versuchte diese mit seiner Pistole zu treffen. Er verletzte den Häftling dabei. „Oft mußte ein polnischer Häftling einen Gegenstand in der ausgestreckten Hand halten, und Kleemann schoß auf den Gegenstand. Nicht immer traf er.“

September 1944 - Januar 1945 Lagerführer im NL
Bismarckhütte
(Hermann Kleemann wohnte mit Frau und Kindern in Holzbaracken innerhalb des Lagers, aber mit einem Zaun vom Häftlingslager abgetrennt.)

00.01.1945
Kleemanns Frau zieht von Bismarckhütte wieder nach Dithmarschen in Schleswig-Holstein

am 18.01.1945 Führer eines Todesmarsches vom KL Auschwitz zum KL Mittelbau-Dora
(Am 18. Januar 1945, neun Tage vor Einmarsch der Roten Armee in Chorzow, wurde das Lager aufgelöst. Alle Häftlinge marschierten unter Führung des SS-Oberscharführers Kleemann innerhalb von zwei Tagen nach Gleiwitz. Marschunfähige Häftlinge wurden erschossen. Von Gleiwitz wurden die Häftlinge in Waggons nach Mittelbau-Dora und in dessen Augenlager Ellrich --Woffleben und --Niedersachswerfen gebracht. Am 4.Mai 1945 befreiten amerikanische Soldaten die Überlebenden während des Evakuierungsmarsches bei Hagenow.)

bis 04.04.1945 Lagerführer im NL
Woffleben

am 04.04.1945 Angehöriger der Begleitmannschaft eines Todesmarsches zum KL Bergen-Belsen

Orden, Ehrenzeichen und Medaillen
Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern (01.09.1943)

1945
Nach der Kapitulation kehrte Kleemann zurück zu seiner Frau, nach Dithmarschen in Schleswig-Holstein. Dort wurde er durch englische Truppen gefangengenommen und in das Internierungslager Elmshorn gebracht. (laut Gerichtsakten zwei Monate)

22.07.1947
Aus einem Bericht des Polizeimeisters der Direktion Brunsbüttelkoog vom 22.07.1947 geht hervor, dass Kleemanns Frau am 05.05.1941 von Eddelak in Schleswig-Holstein nach Auschwitz gezogen ist.
(Bundesarchiv BArch Z42IV-2026)

22.10.1947
„Im Spruchgerichtverfahren ist er am 22. Oktober 1947 durch die 6. Spruchkammer in Bielefeld zu zwei Monaten Gefängnis wegen Zugehörigkeit zur SS verurteilt worden“.

30.07.1948
Die Staatsanwaltschaft Itzehoe erstattete am 30.07.1948 eine Strafanzeige gegen Hermann Kleemann wegen „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ und Tötung eines Häftlings. Kern des Verfahrens war der Räumungstransport aus dem Lager Woffleben und der Zwischenhalt in Glückstadt an der Elbe, welcher später aus ermittlungstaktischen Erwägungen als zu wenig zielführend erachtet wurde.
Hermann Kleemann bestritt vor Gericht, im Allgemeinen verantwortlich für die Zustände im KZ-Woffleben oder beim Räumungstransport vom 05.04.1945 gewesen zu sein. Noch sei er – entgegen der Anklage – Lagerführer des KZ Woffleben und des Transports gewesen.
Im Kontext des Transportes sagte Kleemann über sich selbst aus, dass er niemanden erschossen oder getötet habe, noch wurde in seiner Gegenwart ein Häftling erschossen oder getötet.
(Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig LAS Abt. 352. Nr. 421 Bl. 67.)

Aussage des ehemaligen Häflings: Ernest O. Abel
Ernest O. Abel konterkariert diese Selbstdarstellung, indem er beobachtet haben will, dass Kleemann „Häftlinge, die vor Schwäche im Glied zusammengesunken sind, solange in den Bauch getreten hat, bis sie entweder tot liegen blieben oder sich wieder aufrichteten.“ Als es in einem der 35 Waggons während des Transportes zu einem Streit kam, habe Kleemann einen der Streitenden aus dem Waggon holen lassen und diesen mit den Worten „Schau dir das an“ mit dem Gesicht zur Grube stellen lassen. Dann habe er seinen Revolver aus dem Futteral gezogen, durchgeladen und den Gefangenen mit einem Genickschuss exekutiert.
(Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig LAS Abt. 352. Nr. 421 Bl. 65a)
(Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig LAS Abt. 352. Nr. 421 Bl. 146)

26.07.1950
Der Hamburger Forensiker Dr. Fritz, einer der zwei Sachverständigen, welcher für die Exhumierung der 64 gefundenen Leichen vom 26.07.1950 in Handeloh zuständig war, stellte fest, dass sechs der Leichen mit einem Genickschuss getötet wurden.
Zudem ließen sich die gefunden Leichen zweifellos dem Transport zuordnen, an dem Hermann Kleemann Transportführer gewesen war.
(Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig LAS Abt. 352.Nr. 421 Bl. 500, an den
Oberstaatsanwalt 24a Lüneburg, 21. November 1957)

25.05.1951
„Im Namen des Volkes“ erging am 25.05.1951 folgendes Urteil: „Der Angeklagte wird auf Kosten der Landeskasse freigesprochen.“
(Landesarchiv Schleswig-Holstein in Schleswig LAS Abt. 352.2 Nr. 421 Bl. 420)

Berufsangabe 1961: Bergmann

1964
Kleemann war mit seiner Frau seit 1964 in Herten in Nordrhein-Westfalen wohnhaft.

weitere Daten
1. Frankfurter Auschwitz-Prozess
Strafsache gegen Mulka u.a.
4 Ks 2/63
Landgericht Frankfurt am Main
Vernehmungsprotokoll 7776–7782

1970 wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Häftlingstötungen in Eintrachthütte aufgenommen, das 1975 eingestellt wurde. Die Angeschuldigten waren entweder bereits verstorben oder konnten nicht identifiziert werden. Bruno Brodniewicz gilt seit 1945 als verschollen. Die Ermittlungen gegen den ehemaligen Kommandoführer Hermann Kleemann und den ehemaligen Funktionshäftling Hans Salzmann wurden wegen mangelnden Tatverdachts eingestellt.

30.04.1971
Beruflich war er im Bergbau tätig, am 30.04.1971 wurde ihm gekündigt und er wurde frühverrentet.
(Nds. 721 Hannover Acc. 2007/082 Nr. 8 Bl. 179, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)

23.12.1973
Zeugenbefragung Kleemann Hermann (Christoph)
Diese fand in Herten, in der Wohnung Kleemanns statt. Ein früheres Gesuch des Landeskriminalamtes, die Vernehmung in Köln stattfinden zu lassen, wurde von Kleemanns Frau als aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar erachtet. Ihr Mann habe ein schweres Herzleiden und bereits zwei schwere Herzinfarkte hinter sich, weswegen er zu 100 Prozent Invalide sei. Sie erbat „auf den
Gesundheitszustand ihres Mannes Rücksicht zu nehmen und auf eine Zeugenaussage zu verzichten.“
Diesem Wunsch kamen die Ermittler nicht nach.
Hermann Kleemann stellte nach seiner rechtlichen Belehrung, nicht aussagen zu müssen oder einen Rechtsanwalt hinzuziehen zu können, klar, dass er als Zeuge aussagen wolle.
Er erklärte seinen bereits geschilderten Gesundheitszustand und fügte diesem an: „Auch muss ich sagen, dass ich während meiner beruflichen Tätigkeit zweimal eine Gehirnerschütterung erlitten habe, durch welche mein Erinnerungsvermögen doch erheblich in Mitleidenschaft gezogen worden ist, so dass ich die Bitte aussprechen muss, mich nicht noch einmal mit derartigen, so weit zurückliegenden Dingen zu belästigen.“

Zur Sache machte Kleemann im Folgenden die Aussagen über den erfragten Tatbestand: Bismarckhütte. Er sei erstens für die Verpflegung zuständig gewesen und zweitens für seine Kommandoeinheit. Mit der Bewachung als solches habe er selber aber nichts zu tun gehabt, genauso wenig habe er Appelle abgehalten. Generell machte Kleemann keinen Angaben zu Namen, er könne sich an keine mehr erinnern.
Während seiner Zeit im Lager Bismarckhütte 1944 und der Evakuierung 1945 habe er keine Tötungsdelikte an Häftlingen miterleben können. Sowas sei ihm auch nie zu Ohren gekommen. Er stellte zu allen möglichen Anklagepunkte zu jeder Zeit fest, dass er diese zwar nicht ausschließen könne, betonte gegenüber dem Landeskriminalamt aber, sich an derlei Dinge nicht zu erinneren.
Er wisse jedoch, dass der Kontakt zu den Häftlingen sehr gut gewesen sei. So gibt er an, dass er sich täglich persönlich von der Qualität des Essens für die Gefangenen überzeugen musste. Des Weiteren sagte er aus: „Ich selbst habe auch noch zusätzliche Lebensmittel für die Häftlinge des Lagers besorgt, soweit dies in
meiner Macht lag.“
Abschließende Worte Kleemanns zur Befragung lesen sich wie folgt: „Ich bitte, sie sofort zu beenden, da ich mich zu Bett legen muss. Auch eine spätere nochmalige Vernehmung lehne ich ab. Ich bitte, mich mit diesen Sachen nicht mehr zu belästigen.” Diese Aussagen lassen sich zur Bewertung der Selbstwahrnehmung Hermann Kleemanns heranziehen. Er möchte mit „derlei“ Dingen aus der Vergangenheit nichts mehr zu tun haben. Das Gericht ließ Kleemann trotzdem für den
13.2.1979 vorladen.
(Nds. 721 Hannover Acc. 2007/082 Nr. 10 Bl. 128, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)
(Nds. 721 Hannover Acc. 2007/082 Nr. 10 Bl. 131-137, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)
(Nds. 721 Hannover Acc. 2007/082 Nr. 10 Bl. 131-137, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)
(Nds. 721 Hannover Acc. 2007/082 Nr. 10 Bl. 131-137, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)

1975
Vernehmung Müller Karl (ehemaliger Häftling im KL Auschwitz)
Kleemann arbeitete im Hinrichtungskommando an der schwarzen Wand (die Hinrichtungen durch Erschießen durchführte)
(Nds. 721 Hannover Acc. 2007/082 Nr. 11 Bl. 145, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht
Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)

1975
Vernehmung Kasner Max (ehemaliger Häftling im KL Auschwitz)
Kleemann war Mitglied des Hinrichtungszuges auf dem Hof des 11. Blockes in Auschwitz. Auch in
Janinagrube zeigte er seine Grausamkeit in unzähligen Fällen, ja auch durch Hinrichtung von Häftlingen.
(Zeugenaussage Nds. 721, Acc. 2007/082 Nr.4 Bl. 32, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)

Am 08.07.1975 verfügte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover eine Anklage nach §211 StGB.: Mord
(Nds. 721 Hannover Acc. 2007/082 Nr. 10 Bl. 137-139, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hannover, Strafsache gegen Niemeyer, Kleemann u.a. wegen Mordes.)

„Da haben wir ja hier Glück gehabt“ – Räumungstransport mit Halt in Glückstadt”
https://www.dithmarschen-wiki.de/Hermann_Kleemann 08.07.1975

Herten Paschenbergstraße 82


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