SS-Obersturmbannführer

* 16.04.1901 in Kassel
t 28.11.1958 in Santiago de Chile

Doktor der Rechtswissenschaften, Richter, Notar und Soldat

verheiratet mit Paulmann Hilde geb. Kemna

1930
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 265 653)

01.07.1937
Eintritt in die SS

30.01.1939
Beförderung zum SS-Obersturmbannführer

ab 01.11.1942
stellvertretender Chefrichter beim SS- und Polizeigericht in Kassel

1946
Über die »Rattenlinie« setzt sich Paulmann mit Frau und Kindern nach Argentinien ab

1950
Flucht nach Chile
die Familie zieht nach Chile (in die Stadt La Union)
Die Familie Paulmann hatte gegenüber chilenischen Behörden angegeben, vor der Armut im Nachkriegsdeutschland und der Gefahr des Kommunismus geflohen zu sein – schon damals eine Lüge.

1960
1960 war gegen Werner Paulmann von der Staatsanwaltschaft Frankfurt Haftbefehl erlassen worden

00.08.1960
die in Deutschland verbliebene Tochter Ursula informierte die deutschen Justizbehörden auf Anfrage, dass ihr Vater 1958 in Santiago de Chile verstorben sei.

1961
im Zuge der Ausschwitzprozesse wurde 1961 ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet. Paulmann war einer der 725 Beschuldigten in der Vorverhandlung zum 1.
Frankfurter Auschwitz-Prozess

Personalakte: Dr. Werner Paulmann
Archiv des Instituts des Nationalen Gedenkens in Warschau
IPN GK 757/793
Signature lang (iV Archiv) 649/793, 777/793

1. Frankfurter Auschwitz-Prozess
»Strafsache gegen Mulka u.a.«, 4 Ks 2/63
Landgericht Frankfurt am Main
95. Verhandlungstag, 1.10.1964
Vernehmung des Zeugen Gerhard Wiebeck
Ja, ich glaube, es war die Anklageschrift an das SS- und Polizeigericht Kassel. Denn der Obersturmbannführer Paulmann, der der Chefrichter war, und wir, wir hatten ja in Buchenwald auch Gerichtstage. Und zwar gegen die SS-Angehörigen, die nach dort bestellt wurden von den einzelnen Gefängnissen, weil sie Korruptionsdelikte, also praktisch Bereicherungsdelikte, begangen hatten. Und im Rahmen solcher Anklagen – ich kann mich ganz bestimmt daran erinnern, weil es mir sehr auffiel, es gehörte nämlich gar nicht in die Anklageschriften rein, weil es ja neben der Sache lag bei einem Korruptionsdelikt –, ich erinnere mich genau, da war auch davon die Rede, von der Vergasung. Vielleicht hängt es damit zusammen, wenn ich mich dazu ausdrücken darf, also mit der Häftlingstötung, vielleicht daß im Rahmen dieser Dinge, weil da ja sehr viele wertvolle Dinge anfielen, die Vermögensdelikte vorgenommen wurden. Das ist meine dunkle Erinnerung. Aber ich weiß genau, daß das drinstand.
http://www.auschwitz-prozess.de/index.php?show=Wiebeck-Gerhard

Mord an Johannes Walter
Der Kasseler Bürger Johannes Walter war überzeugter Katholik und erklärter Gegner des Naziregimes. Als Kassel kurz vor der Befreiung zur “Festung“ erklärt wurde und folglich mit allen Mitteln verteidigt werden sollte, wurde auch Johannes Walter, trotz einer Schwerbehinderung,
zum Kriegsdienst einberufen:
Er verweigerte unter Hinweis auf sein Beinleiden den Einberufungsbefehl. Wegen “Wehrkraftzersetzung“ stellte man ihn vor das Kasseler SS- und Polizeigericht unter der Leitung des höheren SS-Führers Dr. Paulmann und verurteilte ihn zum Tode. Paulmann hatte sich schon 1933 als Chef der SA/SS-Rollkommandos und des sogenannten Geheimdienstes schwerer Verbrechen schuldig gemacht.
Laut Vorschrift musste das Urteil vom Reichssicherheits-Hauptamt in Berlin als höchste Instanz bestätigt werden, ehe es vollstreckt werden konnte. J. Walter hatte sich um Aufhebung des Urteils bemüht, wobei ihm seine Frau Anna zur Seite stand. Es war ihr gelungen, auf telegrafischem Wege eine Aussetzung der Vollstreckung zu erwirken. Der Todeskandidat sass in seiner Zelle der “Elwe“, Leipziger Strasse 11 in der Hoffnung auf eine günstige Wende seines Schicksals. Diese Hoffnung machten die Verbrecher der SS und Polizei in Kassel zunichte, indem sie eigenmächtig handelten, trotzdem eine neue Gerichtsverhandlung angeordnet war. Einen Tag bevor die amerikanischen Truppen Kassel besetzten, wurde Walter durch Leute einer Polizei-Einsatzkompanie gegen vier Uhr früh aus der Zelle geholt, angeblich wegen Überstellung zur Verhandlung. Es ging über die Zwischenhöfe zum Hinterausgang. Plötzlich zog einer der Polizisten die Pistole, zögerte aber noch. Ein anderer rief ihm zu: „So schiess doch!“ Walter, der die Lage erkannte, schrie noch in letzter Minute: „Ihr wollt uns doch nicht noch in letzter Minute umlegen, seid ihr wahnsinnig?“ Da krachte auch schon ein Schuss und Walter brach in den Kopf getroffen, tot zusammen. Seine Leiche wurde von den Mördern eiligst im Grasteil des Gefängnishofes verscharrt.
Quelle: Die Standhaften. Über den Widerstand in Kassel und Hessen-Waldeck 1933-1945; Willi Belz, Kassel 1978


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