Vorwort

Zum Nachfolger von Wäckerle in Dachau berief Heinrich Himmler den Elsaß-Lothringer Theodor Eicke, der wie sein Vorgänger nach dem Ersten Weltkrieg aus der Bahn geworfen worden war und der auch aus seiner Gegnerschaft zur Weimarer Republik nie ein Hehl gemacht hatte. Ebenso wie Wäckerle stand er dem Kommunismus haßerfüllt gegenüber. Wie tief die Abneigung in ihm saß, beweist allein schon sein handschriftlich verfaßter Lebenslauf, der im Document Center in Berlin der Personalakte Eickes beiliegt.

Er war die Unverfrorenheit in Person und litt bestimmt nicht an mangelndem Selbstvertrauen. Die Unterlagen, die er hinterlassen hat, belegen eine beständige Angst, daß ihn irgendwo irgend jemand diskriminierte, ihn dessen beraubte, was ihm zustand, oder seine Ehre in Zweifel zog. Ständig sah er über die Schulter, als erwarte er einen Angriff; stets war er bereit, sich zu verteidigen. In diesem Sinne fand er in der nationalsozialistischen Bewegung tatsächlich seinen richtigen Platz, da sie eine ganze Menge von Leuten dieses Schlages zu ihren Mitgliedern zählte. Man pflegte hier ganz bewußt den Mythos des imaginären Gegners, der nicht nur gegen die Sache, sondern gegen jeden einzelnen Deutschen intrigierte. Eicke identifizierte seinen eigenen Kampf gegen seine Widersacher mit dem allgemeinen Kampf der Bewegung.

17.10.1892

* 17.10.1892 Hampont
Der Ort trug 1915–1918 den verdeutschten Namen Hudingen bzw. 1940–1944 Hüdingen
(heute: Frankreich, Region Lothringen, Département Moselle, Arrondissement Château-Salins, Kanton Château-Salins)


† 26.02.1943 bei Artelnoje

Vater: Stationsvorsteher Heinrich Eicke.
Jüngstes von 11 Kindern
Eickes Vater wird als deutscher Patriot beschrieben, seine Mutter soll häufig bei ihren Verwandten in Paris zu Besuch gewesen sein; Geschwister Eickes sollen im Ersten Weltkrieg auf französischer Seite gekämpft haben.

1899-1909

Volks- und Realschule
Abbruch der Realschule ohne Abschluss um Berufssoldat zu werden

1909-1913

Freiwilliger im Inf.-Rgt. 23 "König Ferdinand der Bulgaren" (Landau / Rheinland-Pfalz)

1913-00.08.1914

Versetzung in Das Inf.-Rgt. 22 "Fürst Wilhelm von Hohenzollern"

26.12.1914

Hochzeit mit Bertha Schwebel (2 Kinder)
Ein Sohn fiel im Dezember 1941 als Leutnant während des Zweiten Weltkrieges.

1916-1917

Bayr. Fuß-Art.-Rgt. 2.

ab 1917

Zahlmeister in der 6. Ersatz-MG-Kompanie des II. Armee-Korps

01.03.1919

Abschied als Unterzahlmeister
Anschließend Umzug mit seiner Familie nach Thüringen

Bis 00.09.1919

Besuch der Technischen Hochschule in Ilmenau (Thüringen)

00.12.1919

Polizeianwärter im Thüringischen Polizeidienst in der Polizeiverwaltung in Ilmenau

00.07.1920

Kommissarsprüfung in Cottbus, Note: gut. Keine übernahme in den Polizeidienst wegen Republikfeindlicher Betätigung
Aussage Eickes, "
Anstellung wurde mir als Feind der Republik verweigert".

1921

als Offiziersanwärter zur neu errichteten Schutzpolizei nach Weimar. Nach 14 Tagen fristlos entlassen wegen reaktionärer« Umtriebe.« Wieder stand Eicke ohne Arbeit auf der Straße.

1921-00.02.1922

Auch sein Versuch, im Herbst 1921 als Kriminalhilfsbeamter in der Polizeiverwaltung von Sorau in der Niederlausitz Fuß zu fassen, scheiterte. »Anstellung verweigert«, berichtete er weiter, »weil ich nicht im Besitze eines roten Mitgliedsbuches war. Anschließend Polizeihilfsmeister bei der Polizeiverwaltung Ludwigshafen a/Rh. Durch roten Terror wieder hinausgedrängt.«

01.02.1923

kaufmännischer Angestellter bei der BASF in Ludwigshafen

00.03.1924

Einer der wichtigsten Pfälzer Nazis während der Weimarer Republik und dem >3. Reich< war der Polizist Theodor Eicke, ein schönes und lehrreiches Beispiel, wie man in diesem Land Karriere machen kann.

Streik!

1924:
Im März dieses Jahres wird in der BASF eine neue Arbeitszeit angeordnet: Der Konzern will jetzt neun Stunden arbeiten lassen, ein dreister Angriff auf eine der letzten Errungenschaften der Novemberrevolution, den Achtstundentag. Am ersten Tag verläßt ein Viertel der ArbeiterInnen nach acht Stunden den Betrieb, am zweiten Tag die Hälfte. Am dritten Tag gehen 80% der Belegschaft. Die Direktion beschließt am Abend des 5. März, alle Arbeiter der Frühschicht des nächsten Tages auszusperren. Viele Beschäftigte kamen am nächsten Morgen ahnungslos vor das Werkstor.

Der Augenzeuge Erich Steffen, Arbeiter in der BASF schildert die Ereignisse später so:
"Mir gegenüber ist das breite hohe Tor verschlossen, Tausende stehen hier bis dicht an die Wände des verriegelten Eingangs. Es ist fast acht Uhr geworden, da, mit einem Mal, bewegen sich die gewaltigen Flügeltüren und gehen langsam nach innen auf. - Kaum 50 Meter vom Tor entfernt, dem Eingang gegenüber, stehen Menschen - Menschen in Uniform - Polizei! Ganz automatisch fällt einem ein, diese sind von der Wache, das Wachgebäude liegt noch auf dem Gelände der BASF und hat einen Eingang zum Werk. Ja, aber was will die Polizei im Werk? Im Bruchteil von Sekunden gehen tausend Gedanken durch den Kopf, ich will zählen, wie viele es sind, da plötzlich ein irrsinniger Schrei - aus der Masse kommt dieser Ruf - die haben ja den Revolver in der Hand!
Die Masse kommt in Bewegung, das Tor ist durch Geisterhände ganz weit geöffnet, und doch geht keiner einen Schritt vorwärts. Ein Feuerschein springt auf und ehe das Ohr den Schrei erfaßt, rast ein Schrei los, eine salve kracht, die Massen sprengen auseinander. Sie fallen, schreien, drängen nur fort, der Tod springt in die Leiber. Ganz frei ist ist der Platz jetzt auch diesseits vor dem Tor, aber auf dem Boden liegen Proleten auf dem Pflaster, auf dem Rücken den Rucksack, die Kaffeflasche zum Greifen nah.
Noch niemals sah ich einen so vielfachen heimtückischeren Mord, wie diesen hier. Die empörten Arbeiter ließen sich nicht mehr halten. Die Menge drängt zum Tor hinein in den Hof und immer weiter vor. Wie wild feuerten die Polizeibeamten. Zwei Tote, acht Verwundete lagen vor den Toren der Anilin. Die Revolver waren leergeschossen und die Reservemunition ging zu Ende. Jetzt hätte es eine Abrechnung gegeben, wie sie allein das Proletariat ausüben kann. Da nahten die >Retter<. Die Polizeiwache hatte sich hilfesuchend an die Franzosen gewandt, die sofort Truppen entsandten."
Liegen bleiben fünf tote Arbeiter, die Beerdigung mit 25 000 Arbeitern wird zur Demonstration gegen BASF und Polizei. (Die Franzosen hatte sich bereits 1923, beim Aufstand der Ludwigshafener Erwerbslosenbewegung, als Rettung der lokalen Machthaber erwiesen

Zum Zeitpunkt des Massakers war Theodor Eicke Angestellter beim Werkschutz, später bei der Spionageabwehr der BASF. 1923 wechselte er von der Ludwigshafener Polizei zur BASF (sozusagen befördert), jetzt konnte er sich bewähren. Er denunzierte zahlreiche >Rädelsführer< des Streiks, die prompt entlassen werden. Nun beginnt sein unaufhaltsamer Aufstieg, bis 1932 hat er es zum stellvertretenden Leiter des Werkssicherheitsdienstes der BASF gebracht. Die heißt mittlerweile IG-Farben Ludwigshafen. Aber dann muß er leider entlassen werden, denn Eicke tut nach Feierabend seltsame Dinge. 1928 ist er in die Partei eingetreten, kommt 1930 zur SS und wird ein Jahr später Führer der Sturmstaffel 147 in Ludwigshafen.

1925

„Sicherheitskommissar“ stellvertretender Leiter des Sicherheitsdienstes bei der BASF in Ludwigshafen

1927 - 1930

Mitglied der SA

01.12.1928

Mitglied der NSDAP (Mitglieds-Nu 114901)
Eicke gehörte zu den Mitbegründern der NSDAP in Eppstein

01.12.1928-29.07.1930

SA-Truppführer in Frankenthal

29.07.1930

Übertritt in die SS (SS-Mann) (SS-Nu 2921)

00.08.1930

SS-Truppführer

30.08.1930-27.11.1930

SS-Sturm 147

27.11.1930

Beförderung zum SS-Truppführer

27.11.1930-30.01.1931

Führer SS-Sturm 147 in Ludwigshafen, dem er schon vorher angehörte

30.01.1931-07.11.1931

Führer II./10. SS-Brigade

15.02.1931

Beförderung zum SS-Sturmbannführer

Sommer 1931

Auftrag von Gauleiter Josef Bürckel (Pfalz) zur Herstellung von Sprengkörpern

Eicke - ein
Rechtsextremer Terrorist
1931 gibt Gauleiter Bürckel ihm und dem SS-Führer Berni den Befehl, Sprengstoff zu besorgen und Bomben herzustellen, auch die pfälzische SA sollte ähnliche Vorkehrungen treffen. Die Faschisten bereiteten sich auf einen erwarteten Bürgerkrieg gegen die KPD vor, denn sie rechneten mit der baldigen Machtübernahme. (Die kam ja auch, nur der Bürgerkrieg leider nicht.) Eickel selbst stellte die Bomben her, insgesamt 80 Sprengkörper. Das Material dazu wurde aus dem Bau 99 der IG Farben Oppau beschafft, wo er sich auf die Hilfe einer Reihe von Parteimitgliedern stützen konnte: Wilhelm Witter (später Kreisleiter der NSDAP Ludwigshafen) war Betriebsführer in diesem Bau, Kemmet (Adjutant der 10. SS-Standarte) war der Schichtmeister., hinzu kamen mehrere Werksmeister des Baus, zum Beispiel Adolf Roth (später Stadtrat von Ludwigshafen).
Die Verschwörung wurde vorzeitigt aufgedeckt, nachdem rivalisierende Fraktionen der NSDAP Pirmasens in der Nacht des 21. Juni 1931 eine Bombe zündeten. SS-Führer Berni wurde verhaftet, Eicke blieb bis zum 06. März 1932 unentdeckt. Die Bomben wurden bei einer Durchsuchung seiner Wohnung entdeckt.
Zu seinem Glück gibt es die deutsche Justiz: er wurde im Juli 1932 wegen Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, wegen angeblicher Nervenstörung aber für haftunfähig erklärt und für sechs Wochen auf freien Fuß gesetzt. Eicke nutzte dieses Entgegenkommen des Staatsanwaltes und setzte sich nach Italien ab, wo die Mussolini-Faschisten schon an der Macht waren.

Die Beziehung zu seinem Gauleiter war schon vorher keineswegs ungetrübt, auch wegen der üblichen Konkurrenz zwischen SA und SS. (Die SS war bis 1934 formal der SA unterstellt, während dem >Röhm-Putsch< konnte sie sich durch die Ausschaltung der störenden Proleten in der SA profilieren. Erst später wurde sie zu einer Art Elitetruppe, zu der auch Adlige und großbürgerliche Faschisten gehören wollten.) Nun war die Parteisolidarität ganz am Ende; Eicke vermutete, Bürckel habe ihn an die Polizei verraten, um einen lästigen Gegner loszuwerden.
In seinen Briefen aus Italien kündigte er seine baldige Rückkehr und ein großes Aufräumen an: "Es wird sich noch mancher wundern über die Generalreinigung, die in absehbarer Zeit einsetzen wird. Vielleicht bleibt dann mancher an seiner eigenen Fangschnur hängen. Haben die Schweine nicht mehr den Mut, offen zu bekennen, daß der Bombenfabrikant E. nach wie vor der Partei angehört, dann sollen sie sich nicht Nationalsozialisten nennen. Wenn ich nach Hause komme, und das geschieht recht bald, werde ich sofort wieder die Produktion dieser netten Dingerchen aufnehmen... Sie sind aber nicht alle für den roten Laden, sondern auch für die Schweine in den eigenen Reihen bestimmt."
>Mancher< Gauleiter wird sich also wenig über Eickes Rückkehr im Februar 1933 gefreut haben, er beantragte sogar Polizeischutz. Mit Recht, denn Eicke startete schon nach zwei Wochen einen Putschversuch gegen die Anilinerakademiker, die mittlerweile fast sämtliche Posten in der NSDAP und der Stadtverwaltung besetzt hatten. Deren Politik der Säuberung waren Eickel und seinem SS-Anhang zu vorsichtig, wörtlich: "Nach unserer Ansicht müßte mal gehängt, und weniger mit Glacéehandschuhen zugegriffen werden." Als sich Eickes ehemaliger Mitverschwörer Wittwer, einer eben dieser IG-Nazis, mit wegzusäubernden Personen im Gebäude der Zeitung PFÄLZISCHE POST befindet, ließ Eicke das Haus von SS-Verbänden umstellen und nahm Wittwer in Schutzhaft. Er kam nicht mehr dazu, offene Rechnungen zu begleichen, denn Gauleiter Bürckel alarmierte die Polizei, die das Gebäude unter Einsatz von Tränengas stürmte und Eicke verhaftete. Eine Menschenmenge Ludwigshafner sah angeblich "honlächelnd dem Abtransport zu!"

07.11.1931-21.12.1931

Verwaltungsführer 10. SS-Standarte

15.11.1931

Beförderung zum SS-Standartenführer

21.12.1931

Führer der 10. SS-Standarte

06.03.1932

Am 06. März 1932 wurde Eicke wegen eines Verbrechens gegen das Sprengstoffgesetz verhaftet. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung wurden 80 Sprengkörper und die Mitgliedsliste seiner SS-Standarte gefunden.

07.07.1932

Am 07. Juli wurde Eicke zu zwei Jahren Haft verurteilt, vom bayerischen Justizminister Gürtner (ein Sympathisant der Nazis) erhielt er aber Hafturlaub und reiste nach Italien aus, wo es ein Heim für flüchtige SS-Angehörige gab

00.09.1932

kurz vor Ende des Urlaubs befehl von Himmler, nicht in das Gefängnis zurückzukehren, sondern nach Italien zu fliehen. Während Eicke in Italien festsaß, versuchte der Gauleiter der Rheinfalz Bürckel, Eicke das Kommando über die 10. SS-Standarte zu nehmen

21.10.1932

Beförderung zum SS-Oberführer
Eicke, der zweifellos ein großes Organisationstalent besaß, trieb energisch in der Rheinpfalz den Aufbau der SS voran. Unter seiner Leitung entstanden in Frankenthal, in Grünstadt, in Ludwigshafen, in Oppau und in Speyer die ersten Formationen des Schwarzen Korps. Der Einsatz zahlte sich für Eicke aus.

00.10.1932

Leiter des NS-Flüchtlingslagers Malcesine / Gardasee. dort Teilnahme an einer Feier zum Gedenken an den Italienischen Sieg über Deutschland und Österreich am Bozener Siegesdenkmal, weswegen er aus der NSDAP ausgeschlossen werden soll

16.01.1933

Rückkehr nach Deutschland, nach der Rückkehr erneute Konflikte mit Bürckel

21.03.1933

Als Eicke versucht, mit seinem Gegner Bürckel gewaltsam abzurechnen, ließ Himmler ihn am 21. März 1933 verhaften und zur Untersuchung des Geisteszustandes nach Würzburg in die psychiatrische Universitätsklinik bringen, nachdem Bürckel den Widersacher als geisteskrank bezeichnet hatte.
Eicke schien verloren, seine Karriere beendet. Nur er selbst glaubte nicht an das Ende seiner Laufbahn. In langen Briefen, die er in Würzburg immer wieder an den Reichsführer-SS richtete, bat er, in Gnaden an seinen Platz in der SS zurückkehren zu dürfen. Die Umstände kamen ihm zu Hilfe. Himmler, der im Sommer 1933 einen Ersatz für den inzwischen nicht mehr zu haltenden Dachauer Kommandanten suchte, erinnerte sich des Bittstellers und übertrug ihm die Leitung des Konzentrationslagers.

00.06.1933-20.06.1934

Offizier z.b.V bei der SS-Gruppe "Süd"

26.06.1933

Dienst im KL Dachau

Am 26. Juni tritt Eicke als Nachfolger von Hilmar Wäckerle seinen Dienst in Dachau an, nachdem Privatdozent Dr. Werner Heyde in Würzburg die geistige Gesundheit des SS-Oberführers in einem ärztlichen Gutachten bescheinigt hatte. Eickes offizielle Ernennung zum Kommandanten des KL Dachau erfolgte jedoch erst am 9. März 1934. Für die Häftlinge bedeutete der Wechsel an der Spitze der Kommandantur keine Besserung der Verhältnisse. Im Gegenteil - während Wäckerle willkürlich gehandelt hatte, gab Eicke dem Terror System. Unter ihm wurde das KL Dachau selbst für die SS erst zur Schule der Gewalt. »Eickes Absicht war«, berichtet Rudolf Höß, der auch die Dachauer Schule durchlief, bevor er als Kommandant in Auschwitz traurigen Ruhm erlangte, »seine SS-Männer durch seine dauernden Belehrungen und entsprechenden Befehle über die verbrecherische Gefährlichkeit der Häftlinge von Grund auf gegen die Häftlinge einzustellen, sie auf die Häftlinge >scharf zu machen<, jegliche Mitleidsregung von vornherein zu unterdrücken. Er erzeugte damit, durch seine Dauereinwirkung in dieser Richtung, gerade bei den primitiveren Naturen, einen Haß, eine Antipathie gegen die Häftlinge, die für Außenstehende unvorstellbar ist. Diese Einstellung hat sich in alle KL auf alle dort diensttuenden SS-Männer und -Führer weiterverbreitet, weitervererbt.«

01.10.1933

Daß Eicke für die Schutzhäftlinge nur Verachtung kannte, bewies allein schon die Disziplinar- und Strafordnung für das Gefangenenlager, die er am 1. Oktober 1933 erließ. Sie war noch erheblich schärfer als die Sonderbestimmungen abgefaßt, die Wäckerle als allererste Strafvorschrift für die Gefangenen formuliert hatte.
Gleich in der Einleitung zu den Strafbestimmungen stellte Eicke fest: »Toleranz bedeutet Schwäche. Aus dieser Erkenntnis heraus wird dort rücksichtslos zugegriffen werden, wo es im Interesse des Vaterlandes notwendig erscheint. Der anständige, verhetzte Volksgenosse, wird mit diesen Strafbestimmungen nicht in Berührung kommen. Den politisierenden Hetzern und intellektuellen Wühlern - gleichwelcher Richtung - aber sei gesagt, hütet euch, daß man euch nicht erwischt, man wird euch sonst nach den Hälsen greifen und nach eurem eignen Rezept zum Schweigen bringen.«
Die Strafen, die Eicke androhte, zeigten, daß er in der Tat zu äußerster Härte entschlossen war. Erstmals führte er im Lager die Prügelstrafe ein, die Wäckerle in seinen Sonderbestimmungen noch nicht vorgesehen hatte. Bisher war das Schlagen willkürlich gehandhabt worden. Nun aber war die Züchtigung, die zunächst auf insgesamt 25 Stockhiebe begrenzt wurde, streng geregelt und als sogenannte Nebenstrafe Bestandteil der neuen Strafbestimmungen. Als weitere Neuerung ordnete Eicke die Strafe des Pfahlbindens an, die von den Häftlingen bald noch mehr gefürchtet wurde als die Prügelstrafe. Sie galt ebenso als Nebenstrafe wie das Strafexerzieren, die Postsperre, der Kostentzug, das harte Lager sowie der Verweis und die Verwarnung.
Als Hauptstrafen konnte der Kommandant, der, wie es hieß, »für die Durchführung der erlassenen Lagervorschriften dem Politischen Polizeikommandeur«, also Heinrich Himmler, »persönlich verantwortlich« war, Arrest und Strafarbeit verhängen. Für besondere Fälle sah Eicke auch die Todesstrafe vor. Mit der Androhung der Höchststrafe setzte er sich bedenkenlos über den Protest der Justiz hinweg, die bereits Wäckerle in den Sonderbestimmungen das Recht abgesprochen hatte, über Leben oder Tod eines Häftlings zu richten.
Wie aus der Disziplinar- und Strafordnung deutlich hervorging, war Eicke darüber hinaus bestrebt, keine Nachrichten mehr aus dem Lager an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Offensichtlich waren ihm hier die Erfahrungen, die sein Vorgänger mit der Justiz gemacht hatte, eine Warnung. Deshalb war er auch fest entschlossen, jeden mit dem Tode zu bestrafen, der »wahre oder unwahre Nachrichten zum Zwecke der gegnerischen Greuelpropaganda über das Konzentrationslager oder dessen Einrichtungen sammelt, empfängt, vergräbt, weitererzählt, an fremde Besucher oder an andere weitergibt, mittels Kassiber oder auf andere Weise aus dem Lager hinausschmuggelt, Entlassenen oder Überstellten schriftlich oder mündlich mitgibt, in Kleidungsstücken oder anderen Gegenständen versteckt, mittels Steine usw. über die Lagermauer wirft, oder Geheimschriften anfertigt«. Dem Gefangenen, der sich dessen schuldig machte, drohte, »kraft revolutionären Rechts als Aufwiegler gehängt« zu werden. Auch auf Meuterei stand die Todesstrafe, wie überhaupt über das gesamte Lager seit dem Erlaß der Sonderbestimmungen durch Hilmar Wäckerle das Standrecht verhängt war. »Wer einen Posten oder SS-Mann«, verfügte Eicke, »tätlich angreift, den Gehorsam oder an der Arbeitsstelle die Arbeit verweigert, andere zum Zwecke der Meuterei zu den gleichen Taten auffordert oder verleitet, als Meuterer eine Marschkolonne oder eine Arbeitsstätte verläßt, andere dazu auffordert, während des Marsches oder der Arbeit johlt, schreit, hetzt oder Ansprachen hält, wird als Meuterer auf der Stelle erschossen oder nachträglich gehängt.« Nach Eickes Willen sollten die Strafbestimmungen die Gefangenen in doppelter Hinsicht treffen. Sie bedrohten die Häftlinge nicht nur mit den gefürchteten Lagerstrafen, sondern zögerten auch die Entlassung in die Freiheit weiter hinaus. So hieß es: »Arrest und Strafarbeit verlängern die Schutzhaft um mindestens 8 Wochen, eine verhängte Nebenstrafe verlängert die Schutzhaft um mindestens 4 Wochen. In Einzelhaft verwahrte Häftlinge kommen in absehbarer Zeit nicht zur Entlassung.«

30.01.1934

Beförderung zum SS-Brigadeführer

11.07.1934

Beförderung zum SS-Gruppenführer

03.09.1934

Kommandant KL Dachau als Nachfolger von Hilmar Wäckerle

00.05.1934-00.11.1939

mit der Neuordnung sämtlicher KL beauftragt

07.01.1934

Liquidierung von Ernst Röhm im Gefängnis Stadelheim

04.07.1934-14.11.1939

Inspekteur der Konzentrationslager und Führer der SS-Wachverbände

14.11.1934

Beförderung zum Generalleutnant der Waffen-SS

30.01.1937

MDR

00.09./10.1939

HSSPF "Generalgouvernement" (Krakau)

14.11.1939

Beförderung zum Generalleutnant der Waffen-SS

30.01.1940

Auszeichnung: Goldenes Parteiabzeichen

26.05.1940

Auszeichnung: Spange "1939" zum Eisernen Kreuz II. Klasse von 1914

31.05.1940

Auszeichnung: Spange "1939" zum Eisernen Kreuz I. Klasse von 1914

14.11.1939-23.02.1943

Kommandeur SS-Totenkopfdivision (ex SS-Wachverbände)

06.07.1941

Schwere Verwundung (Nervenschaden und zerschmetterter Fuß) nach dem sein Wagen auf eine Mine fuhr

26.12.1941

Auszeichnung: Ritterkreuz zum Eisernen Kreuz

20.04.1942

Beförderung zum SS-Obergruppenführer und General der Waffen-SS
Auszeichnung: Eichenlaub als 88. der Wehrmacht

21.10.1942

Nennung im Wehrmachtbericht
„In einjährigen schweren Kämpfen südlich des Ilmen-Sees hat sich die SS-Totenkopf-Division unter Führung des mit dem Eichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes ausgezeichneten SS-Obergruppenführers Eicke im Angriff und in der Abwehr besonders bewährt.“

26.02.1943

Theodor Eicke verstarb in dem Wrack eines Aufklärungsflugzeuges vom Typ Fieseler Storch, nachdem dieses über Artelnoje (15 km Östlich von Orelka / Kreis Dimitrowsk Orlowski / gebiet Orel) von russischen Truppen abgeschossen wurde.
Bei seinen Männern war er so beliebt, daß sich ein Trupp Freiwilliger durch die feindlichen Linien zu dem Wrack durchschlug, um seinen Leichnam zu bergen. Adolf Hitler verlieh daraufhin dem SS-Panzergrenadier-Regiment der SS-Totenkopf-Division den Namen "Theodor Eicke".