SS-Hauptscharführer

* 28.07.1908 in Hamburg
letzter bekannter Wohnort:
Kehl Nibelungenstraße 4

Reichsdeutscher

landwirtschaftlicher Beamter

14.09.1930
Nach dem 14. September 1930, nach der großen Wahl, erblickte ich schon damals, obwohl noch sehr jugendlich, eine aufkommende Gefahr. Und aus diesem Grunde trat bei mir der Gedanke auf, es wird eben furchtbar werden hier in Deutschland. Die Arbeitslosigkeit war ja schon da. Und ideologisch vertrat ich den Standpunkt... Ich blieb, glaube ich, noch ein Vierteljahr in der NSDAP, aber versuchte einen anderen Kurs einzuschlagen. Aus diesem Grunde bewarb ich mich dann eben damals als Anwärter für die Sozialdemokratische Partei.

1. Oktober 1930
Eintritt in die SPD (Hamburg-Altona)

1934
Eintritt in die NSDAP
(Juli 1930 bei der NSDAP eingetreten, aber im Januar 31 wieder aus der NSDAP ausgetreten und 1934 wieder eingetreten)

am 2. Dezember 1939 zur Wehrmacht eingezogen
Grundausbildung in einem Infanterie-Reiterzug (hier erlitt er eine Dienstbeschädigung und war von dieser Zeit an nur noch GvH, Garnisonsverwendungsfähig-Heimat)

1940 bis Mai 1942
meldete sich für eine Wehrmachtsbeamtenlaufbahn, und wurde als Kriegsverwaltungsassistent in Berlin einberufen
(Dienstgrad/Dienstelle: Kriegsverwaltungsassistent ins OKW, Abteilung WASt, Wehrmachts-Auskunft-Stelle für Kriegsverlustwesen.)

Mai 1942
Überprüfung wegen Abstellung an die Front (»Aktion von Unruh«)
(General Walter von Unruh war »Sonderbeauftragter des Führers für Überprüfung des zweckmäßigen Kriegseinsatzes«. Rückwärtige Dienststellen in den besetzten sowjetischen Gebieten wurden nach frontfähigen Männern »ausgekämmt«.)

Mai 1942
Verwaltungsbeamter bei der Waffen-SS
(Dienstelle: Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt) (Amtsgruppenchef Brigadeführer Doktor Kammler)

00.06.1942-00.03.1943 Angehöriger der Lagermannschaft im KL
Auschwitz u. NL Rajsko
(hatte zeitweise die Funktion eines Rendanten inne, erledigte sämtliche anfallenden Büroarbeiten und war zeitweilig mit dem damaligen Hauptsturmführer Ziemssen in einem Büro)
(Vorgesetzter war der Sturmbannführer und Oberführer Doktor Caesar)
Aussage Hess
Ich bin so lange dort tätig gewesen und wurde auch von der damaligen Fleckfieberepidemie gepackt und kriegte gleichzeitig zum Fleckfieber noch Scharlach. Das muß im Oktober, November 42 gewesen sein. Dann krankte ich sehr lange. Und anschließend wurde ich mitten aus dem Genesungsurlaub heraus wieder zur Fronttruppe versetzt.

ab 00.03.1943 Angehöriger in einem SS-Panzergrenadierregiment in Holland

Aussage Hess zum Vorfall August 1942
ich hatte Bereitschaftsdienst, es war auf einen Sonnabend, soweit ich es in bester Erinnerung habe. Ich bat meinen damaligen Vorgesetzten, Oberführer Doktor Caesar, daß ich ebenfalls nach Międzybrodzie-Porabka – dort waren die SS-Hütten – mitfahren durfte. Er sagte zu mir, ich hätte aber Bereitschaftsdienst und müßte bleiben.
Da an diesem Tage weiter nichts anfiel, bin ich dann auch ins Lager gegangen. Und während ich mich im Lager aufhielt, es war nachmittags, wurde plötzlich das Lager geräumt. Ich sollte ebenfalls jetzt verschwinden. Es kam der damalige Untersturmführer von der Politischen Abteilung, Grabner, und sagte dann: »Auch Sie verschwinden hier. Was machen Sie hier?« Und ich ging fort und wollte jetzt, weil es gerade so spannend war und ich es nicht verstehen konnte, weshalb das Lager geräumt werden sollte, noch zurück zur Landwirtschaftsabteilung. Da kam ich aber nicht mehr hin, denn diese Straße, die war schon gesperrt von der Fahrbereitschaft aus. Ich versteckte mich jetzt dort hinter einem Baum und harrte der Dinge, die da kommen sollten.
Und richtig, es kamen Häftlinge an, begleitet von SS-Wachmannschaften. Soweit ich mich erinnern kann, war hinten auch noch ein Sanka. Hieraus stiegen Gebrechliche, und die wurden von Männern, die ebenfalls Häftlinge waren, aber Ärzte, die sich als Ärzte äußerlich markierten, indem sie Armbinden trugen, gestützt. Und alles bewegte sich jetzt ins Lager.
Ich ahnte, was da kommen mußte. Und jetzt sah ich, daß plötzlich von der Kommandantur gegenüber sich Motorräder aufstellten. Die wurden angelassen und fingen an zu knattern. Und während die Motorräder knatterten, sah ich, wie aus der Kommandantur heraus ein SS-Mann auf das Dach von der Baracke stieg und etwas oben in eine Öffnung hineinwarf. Kurz danach hörte ich trotz des Motorgeräusches ein Schreien, ein Gurgeln, ein gurgelähnliches Geräusch, möchte ich sagen. Und dieses Geräusch dauerte vielleicht circa dreieinhalb bis vier Minuten. Und dann war Ruhe.
Ich selbst konnte meine Gedanken nicht mehr konzentrieren und hielt es für unmöglich, was sich dort ereignet hatte. Somit wurde ich Augenzeuge. Später wurde das Lager dann wieder frei gemacht, und ich konnte mich unbemerkt in meine Abteilung Landwirtschaft wieder zurückbegeben.

aus der richterlichen Vernehmung vom 15. Mai 1962 in Kehl am Rhein
Die Funktion eines Rentmeisters habe ich circa zwei Monate innegehabt. Schräg gegenüber von meiner Dienststelle lag das Alte Krematorium, das ständig in Funktion war. Ich konnte die Luft nicht vertragen, denn es roch ständig nach verbranntem Menschenfleisch. Ich ließ mich deshalb in den Außendienst versetzen.«

Aussage Hess am 11.09.1964 (1. Frankfurter Auschwitz-Prozess)
Es war folgendermaßen: Ich ging am Krematorium vorbei und sah grade, wie das große Holztor geöffnet war. Sehr wahrscheinlich wurde mal wieder Asche abgefahren. Und ich sah dann, wie Leute da sich bewegten. Und plötzlich kam ein Oberscharführer – den Namen kenne ich auch nicht – und fragte mich, ob ich da schon mal drin gewesen wäre, hier im Krematorium. Daraufhin sagte ich: »Nein.« Er sagte dann zu mir: »Kannst du dich fassen, hast du Angst?« Ich sagte: »Nee, wieso, warum?« Dann sagte er: »Dann werde ich dir mal die Inneneinrichtung zeigen.«
Ich bin da reingegangen und sah rechts vergaste Leute, Menschen, und sah auch die Öfen. Ich habe noch in Erinnerung, wie im Krematorium ein Raum sich abzweigte, wo sogenannte Loren die Leichen direkt zu den Krematorienöfen brachten. Meines Erachtens müssen es ungefähr fünf, sechs Öfen gewesen sein. Und ich selbst erschauderte und bin dann auch gleich wieder rausgegangen.

Aussage Hess am 11.09.1964 (1. Frankfurter Auschwitz-Prozess)
Im Laboratorium passierte folgendes: Ich wollte meine Bilder holen, es mögen vielleicht so 20 Stück gewesen sein, und sah plötzlich ein paar Ärzte und eine Ärztin in demselben Gang. Rechts war das Laboratorium. Und in einem Zimmer vorher stand ein Häftling. Ein Häftling ist es nicht mehr gewesen, es war schon der lebende Tod. Er kann meines Erachtens nur noch 70 Pfund gewogen haben.
Ich fragte einen danebenstehenden Kapo: »Was ist denn mit dem Mann? Warum steht denn der hier? Ist er krank, oder was ist denn?« Da sagt der zu mir: »Ja, können Sie es nicht begreifen?« Ich sage: »Nein.« Und daraufhin sagte der Kapo zu mir: »Der ist nicht krank. Der ist gesund.« Und daraufhin sagte ich: »Das verstehe ich nicht. Ja warum ist denn der gesund? Warum ist denn der so mager?« Und ich habe dann... Also ich wurde den Anblick nicht los, bin da rausgegangen aus dem Lager, habe meine Bilder genommen und bin nach Hause gegangen.
Später wurde mir erzählt, daß man eben eine sogenannte Versuchsperson zum Hungern gebracht hatte, bis zum äußersten Minimum, und hieran eben Versuche anstellte.

Aussage Hess am 11.09.1964 (1. Frankfurter Auschwitz-Prozess)
Ich bin so lange dort tätig gewesen und wurde auch von der damaligen Fleckfieberepidemie gepackt und kriegte gleichzeitig zum Fleckfieber noch Scharlach. Das muß im Oktober, November 42 gewesen sein. Dann krankte ich sehr lange. Und anschließend wurde ich mitten aus dem Genesungsurlaub heraus wieder zur Fronttruppe versetzt.

Nach 1945 Kaufmännischer Angestellter

Kehl Nibelungenstraße 4