SS-Oberscharführer

* 19.12.1906 in Stuttgart-Zuffenhausen
† 03.04.1977 im Krankenhaus Bietigheim-Bissingen

letzter bekannter Wohnort vor der Haft:
in
Hemmingen (Krs. Leonberg), Schauchertstraße 12

SS-Oberscharführer Boger galt als "Bestie von Auschwitz". Wahllos erschoss er Häftlinge oder folterte diese mit der "Boger-Schaukel", bei der sie kopfüber an einer Stange aufgehängt wurden
Das grausamste Folterinstrument im Lager wurde nach ihm Boger-Schaukel genannt: die Gefangenen wurden so aufgehängt, dass ihre Geschlechtsteile für gezielte Schläge frei lagen. Viele Gefangene überlebten die Folter auf diesem Gerät nicht. Die sie überlebten, waren entstellt und hatten ihr leben lang an den Folgen zu leiden.
Boger nannte sein Foltergerät verharmlosend und zärtlich seine „Sprechmaschine“. Als sie in Auschwitz verboten wurde, fragte er: “Wie soll man die Schweine zum Reden bringen, wenn man sie nicht schlagen darf?“

Reichsdeutscher

Volksschule

Realschule

2 Jahre Städtische Handelsschule

Beruf: Kaufmann/Polizist

Boger besucht neun Jahre lang die Bürgerschule II (heutige Heusteigschule) im Stuttgarter Süden, die er 1922 mit der Mittleren Reife verlässt.
Er wird Lehrling bei Rheinstahl, dann Angestellter beim Deutsch-Nationalen Handlungsgehilfenverband, Gaugeschäftsstelle Stuttgart, und leistet Freiwilligendienst beim völkischen Artamanenbund.

00.03.1922 - 01.10.1929
Angehöriger der Hitlerjugend (HJ)

Mit 18 Jahren trat er aus der evangelischen Kirche aus und erklärte sich als gottgläubig

1926 - 1928
Artamannen Bund/Halle

ab 01.10.1929
Mitglied der NSDAP (Mitglieds Nu. 153 652)

01.10.1929 - 19.07.1930
Angehöriger der Sturmabteilung der NSDAP (SA)

ab 19.07.1930
Mitglied der Allgemeinen SS (Mitglieds Nu. 2 779)

ab 19.07.1930
SS-Hauptsturmführer und Kriminalsekretär bei der Geheimen Staatspolizei Staatspolizeileitstelle und SD

28.02.1931
Er heiratet am 28.02.1931 (erste Ehe) in Radeberg bei Dresden Johanne, geb. Hirsche. Aus dieser Ehe sind zwei Söhne hervorgegangen. Diese Ehe wurde am 27.02.1941 durch das Landgericht Ravensburg aus dem alleinigen Verschulden des Angeschuldigten geschieden. In erster Ehe hat er einen Sohn, zwei Kinder starben kurz nach der Geburt. (Er pflegte jedoch auch außereheliche Beziehungen.)

1932
Er arbeitet bei mehreren Firmen und wird arbeitslos.

1933
Kurz nach der Machtergreifung belohnt ihn das System für seine Treue.

1933
Ab 1933 wohnte er in
Friedrichshafen

05.03.1933
Am 5. März 1933 wird Boger zur Hilfspolizei nach Friedrichshafen einberufen, kurz danach wird er für einige Monate zur Politischen Polizei Stuttgart versetzt.
An das Polizeigebäude in Friedrichshafen, wo Boger ab 1933 Menschen misshandelte und folterte, erinnert heute eine Tafel.

00.10.1933
Im Oktober 1933 kehrt er nach Friedrichshafen zurück, absolviert Lehrgänge und macht Karriere.
In Friedrichshafen wird er bald wegen seiner grausamen und brutalen Verhörmethoden bekannt.

20.04.1934
Beförderung zum SS-Untersturmführer

ab 01.10.1934
Dienst in der 79. SS-Standarte/Ulm

1935 - 1939
Dienst in der Wehrmacht
(Übungs-Infanterie-Regiment 14, letzter bekannter Dienstgrad: Feldwebel der Reserve)

12.09.1937
Beförderung zum SS-Hauptsturmführer

1937
Beförderung zum Kriminalkommissar

1940
Mai 1940 wird er zur Staatspolizeistelle nach Hohensalza und von dort nach Kutno versetzt, wo er mit der Leitung des Grenzpolizeikommissariats beauftragt wurde. Nachdem er etwa sechs Wochen dort tätig war, wurde er wiederum nach Hohensalza beordert und von dort dem SS- und Polizeigericht nach Berlin überwiesen. Dort wurde er wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Abtreibung verhaftet. Bis zum 19.12.1940 befand er sich im Staatspolizeigefängnis Prinz-Albrecht-Straße 8 in Berlin in Haft.

25.03.1941
Boger stammt aus einer erblich belasteten Familie. Sein Vater wird in einem Bericht des Fürsorgeheimes Heidenheim (25.03.1941) als haltlos, ohne Energie, weibertoll und geschlechtlich unmäßig bezeichnet. Ein Bruder ist haltloser Psychopath. Er ist häufig vorbestraft wegen Unterschlagung, Diebstahls, Zuhälterei usw. Er war in Fürsorgeerziehung. Ein Vetter mütterlicherseits war nervenkrank und hat Selbstmord begangen.

24.04.1941
Am 24.04.1941 heiratet er seine 2. Ehefrau. Aus der zweiten Ehe sind drei Töchter hervorgegangen.
In zweiter Ehe verheiratet mit der Sudetendeutschen Marianne Ittner, mit der er drei Töchter hat. (Er hatte mit ihr bereits eine uneheliche Tochter)

00.05.1941
Weil er sich im Mai 1941 angeblich weigert, einen Verbindungsoffizier der Wehrmacht auf unauffällige Weise umzubringen, wird Boger nach Berlin geschickt. Nach vier Monaten "Ehrenhaft" wird er zur Bewährung als gewöhnlicher Soldat an die Ostfront geschickt.

ab 11.11.1941
Mitglied der Bewaffneten Verbände der SS

11.11.1941
Am 11.11.1941 wurde er zur 2. SS- und Polizeipionierersatzkompanie nach Dresden einberufen. Nach kurzer Ausbildung kam er mit dieser Einheit an die Wolzeow Front zum Einsatz

1942
Boger erleidet einen Unterarmdurchschuss und Erfrierungen.

06.10.1942
Beförderung zum SS-Oberscharführer

01.12.1942
Nach seiner Wiedergenesung wird er am 1.Dezember 1942 als Oberscharführer der Waffen-SS nach
Auschwitz versetzt. Er ist kurze Zeit Zugführer der zweite Wachkompanie des SS-Totenkopf-Sturmbannes, dann kommt er als Ermittlungsbeamter zur Politischen Abteilung. Hier bearbeitete er zunächst alle anfallenden kriminellen Delikte, die im Lagerbereich begangen wurden. Später wurden ihm das Fluchtsachreferat und der Nachrichtendienst übertragen. Diese Tätigkeit übte er bis zur Auflösung des Konzentrationslagers im Januar 1945 aus.
Zusammen mit Frau und Kindern bewohnt Wilhelm Boger ein kleines Haus außerhalb des Lagers.

23.05.1943 (KB 18/43)
SS-Oscha. Wilhelm Boger,
Besuch der Familie auf die Dauer von 2 Monaten.
Wohnung: Haus 16 bei SS-Oscha. Taute.

13.08.1943 (StB 32/43)
SS-Oscha. Wilhelm Boger,
Besuch der Familie vom 22.8.-22.9.43
Wohnung: Haus Nr. 16 bei Taute

00.01.1945 - 00.06.1945
In den letzten Tagen des Monats Januar 1945 transportierte er mit dem damaligen Leiter der Politischen Abteilung, dem SS-Untersturmführer Hans Schurze, seinem Stellvertreter Helmut Westphalm, dem SS-Oberscharführer Herbert Kirschner und dem SS-Oberscharführer Pery Broad eine LKW-Ladung Akten nach Buchenwald.
Von Februar bis zum April 1945 war Boger Mitglied der politischen Abteilung im KZ
Mittelbau und bewachte nach der Evakuierung dieses Lagers im April 1945 noch Todesmärsche.
Am nächsten Tage begab er sich mit Kirschner, Schurz und Broad zum Konzentrationslager Mittelbau-Dora, Nordhausen, wo er seine Tätigkeit bei der Politischen Abteilung wiederaufnahm. Nach einer Dienstreise nach Chemnitz kam er erst wieder zum Konzentrationslager Mittelbau-Dora zurück, als dieses bereits geräumt war. Bei Ellrich erreichte er den letzten Transportzug mit Häftlingen und fuhr mit diesem bis Osterrode. Dann begleitete er etwa 5000 Häftlinge auf einem Tag und Nacht Marsch durch den Harz. In Vienenburg erreichte er mit den Häftlingen noch den letzten Güterzug nach Ravensbrück. Von dort sollte er in den letzten Apriltagen 1945 noch zum Fronteinsatz kommen. Die Kampfgruppe, der er angehörte, löste sich jedoch auf, und er konnte sich nach Ludwigsburg zu seinen Eltern absetzen.

19.06.1945
Am 19.06.1945 wurde er von der amerikanischen Militärpolizei verhaftet, in das Landesgefängnis Ludwigsburg eingeliefert und dort über die Lager Oßweil und Zuffenhausen nach Dachau gebracht.

22.11.1946
Am 22.11.1946 sollte er mit einem Transport an Polen ausgeliefert werden. Es gelang ihm jedoch, bei Cham zu entfliehen. Ohne Papiere taucht er bei Verwandten in Unterrot bei Schwäbisch Hall, Württemberg unter. (Damals zeigte sich noch, daß die Deutschen zusammenhielten). Anschließend hielt er sich etwa drei Jahre ohne polizeiliche Anmeldung in der Gegend von Crailsheim auf, wo er bei Bauern arbeitete.

11.06.1947
Antrag auf Aussetzung des Verfahrens gerichtet an die Staatsanwaltschaft bei dem Bezirksgericht in Kraków, Az. IX Ds. 83/47, wegen Flucht des Verdächtigten.
(Akte kann Angefordert werden)

26.07.1949 - 31.08.1949
Am 26.07.1949 wurde er aufgrund einer Ausschreibung der Staatsanwaltschaft Ravensburg verhaftet. Bis zum 31.08.1949 befand er sich im Gerichtsgefängnis Langenburg in Untersuchungshaft. Ihm wurde zur Last gelegt, im Jahre 1936 den Landwirt Franz Riedinger bei einer Vernehmung mißhandelt zu haben. Das Verfahren wurde eingestellt.
Nach seiner Entlassung begab er sich dann zunächst nach Schmalfelden bei Crailsheim, um sich Papiere zu verschaffen, und anschließend zu seiner nach Niederwetz (Kreis Wetzlar) ausgesiedelten Familie. Er war zunächst arbeitslos.

1950
Im Spruchkammerverfahren 1950 sagte er über Auschwitz aus: „Razzien auf Häftlinge hat es in Auschwitz nicht gegeben. Mir ist kein Fall bekannt, dass jemand auf der Flucht oder sonst wie erschossen worden ist während meiner Zeit. Ich habe nur die Ermittlungen gehabt. Beim Abtransport der Leute hatte ich keine Funktion. Ich möchte aber noch sagen, dass sich keiner der Insassen zu beklagen hatte in Auschwitz, was die Verpflegung anbelangt. An Schikanen und Grausamkeiten im Lager war ich nicht beteiligt, sondern bin dagegen eingeschritten.“ Schuldgefühle waren ihm fremd. Er war überzeugt, nur seine Pflicht getan zu haben. So betonte er: “Wir waren Soldaten“

08.09.1950
Durch die Vermittlung seines Bruders findet Boger im September 1950 eine Anstellung bei der Firma Heinkel in seinem Geburtsort Stuttgart-Zuffenhausen.
Am 08.09.1950 wurde er von der Firma Heinkel in Zuffenhausen als Arbeiter eingestellt und dort anfangs als Hilfsarbeiter, dann als Maschinenarbeiter und zuletzt als kaufmännischer Angestellter beschäftigt.

1951
1951 wohnt die Familie unter ihrem richtigen Namen in der Schauchertstraße in Hemmingen, Kreis Leonberg.

1951
Das Entnazifizierungsverfahren vor der Zentral-Spruchkammer in Stuttgart wird 1951 auf Kosten der Staatskasse eingestellt. In der Begründung heißt es: „Gegen Schikanen und Grausamkeiten will er, soweit ihm dies möglich war, eingeschritten sein. Von keiner Seite wurden ihm selbst solche für seine Tätigkeit in Auschwitz vorgeworfen. Er macht auch nicht den Eindruck eines rohen, brutalen Menschen, vielmehr den eines vernünftigen, gut geschulten Kriminalbeamten. Zwingende Gründe, ihn als Hauptbeschuldigten oder Belasteten einzustufen, waren somit nicht vorhanden.“


1958
Ein früherer Auschwitz-Häftling, der in Bruchsal in der Landesstrafanstalt einsaß, richtete im März 1958 Anzeige gegen den SS-Oberscharführer und ehemaligen Angehörigen der politischen Abteilung in Auschwitz, Wilhelm Boger, und wusste wo Boger wohnte. Er informierte auch das IAK in Wien. Hermann Langbein wandte sich mehrfach an die Staatsanwaltschaft in Stuttgart und an die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Sachen Boger, und erklärte seine Bereitschaft noch weiteres Material zur Verfügung zu stellen, da er sich ebenfalls an die Taten des NS-Verbrechers erinnerte. Langbein befürchtete, dass Boger einen Fluchtversuch ergreifen würde, wenn sich die Ermittlungen weiter verzögern würden und nannte der Staatsanwaltschaft noch weitere Zeugen, die in diesem Fall aussagen konnten. Boger wurde daraufhin schließlich im Jahr 1958 verhaftet.
Daheim, in Hemmingen, war Wilhelm Boger ein geachteter Mann. Niemand ging ihm aus dem Wege, denn keiner wußte, was er wirklich für ein Mensch war. Er liebte seine Frau, seine Kinder. Auch Marianne Boger wußte von alledem nichts. Den „Satan von Auschwitz“ kannte auch sie nicht. Und sie lebte schon damals mit ihm im Lager zusammen. Daß es kein Sanatorium war, das war ihr wohl bekannt. Aber von der „Schaukel“, von den bestialischen Folterungen – davon hatte sie keine Ahnung. Sie sah es ihrem Mann nicht an, wenn er abends, frisch gewaschen, in das schmucke Einfamilienhaus kam – müde, abgespannt nach einem solchen „arbeitsreichen“ Tag im Lager, gleich nebenan.
(Boger lebt bieder und zurückgezogen, auffällig nur sind seine extensiven Zeitungslektüren. Er soll bloß dann aufgetaut sein, wenn die Rede auf Frauen kam: „Wenn ich wollte, konnte ich jede haben.“ Die Nachbarn nannten ihn „triebig“. Eine Einladung zur Jagd hat er mit den Worten abgelehnt: „Ich hab im Krieg so viel Blut gesehen. Es würde mir bitter weh tun, wenn ich zusehen müsste, wie so ein Reh stirbt.“ Wer ihn nach Auschwitz fragte, dem antwortete er lachend: „Was ihr euch alle von Auschwitz für eine Vorstellung macht! Nichts habe ich getan, rein nichts. Ich kann ruhigen Gewissens leben, denn ich habe nichts getan, dessen ich mich schämen müsste.“)

17.03.1958
Die Stuttgarter Kriminalpolizei wird am 17. März 1958 um unauffällige Vorermittlungen hinsichtlich der Person und der Vergangenheit des Boger gebeten. Noch reichen die Vorwürfe nicht aus, um Boger damit zu konfrontieren; noch weiß man auch nicht, ob es sich bei dem Beschuldigten tatsächlich um den im Stuttgarter Raum lebenden Wilhelm Boger handelt.
Als Wilhelm Boger verhaftet wurde, war er in zweiter Ehe verheiratet und Vater von fünf Kindern.


1959
Boger arbeitet im Motorrollerwerk der Firma Heinkel in Stuttgart-Zuffenhausen als Lagerverwalter und steigt zum kaufmännischen Angestellten auf. Im Arbeitszeugnis der Firma von 1959 ist zu lesen:
„Herr Boger hat stets alle ihm übertragenen Arbeiten zu unserer vollen Zufriedenheit ausgeführt und sein großes Arbeitsinteresse wie auch seine Gewissenhaftigkeit und sein Fleiß haben ihn zu einem für uns sehr wertvollen Mitarbeiter gemacht. Sein persönliches Verhalten Vorgesetzten und Mitarbeitern gegenüber war jederzeit einwandfrei.“

20.08.1965
Am 20.08.1965 vom LG Frankfurt zu lebenslanger Haft verurteilt, schuldig des Mordes in mindestens 114 Fällen, 1000 gemeinschaftlich begangener Morde und weiterer zehn Fälle gemeinschaftlich begangener Beihilfe zum Mord. Es ist wohl nur ein Bruchteil seiner Schuld

Boger wird in Singen, später auf dem Hohenasperg inhaftiert. Ein Gnadengesuch seiner Frau wird abgelehnt, noch während über ein zweites Gesuch befunden wird stirbt Boger am 3. April 1977 im Krankenhaus Bietigheim-Bissingen. (Krebstod)
(Boger änderte seine Haltung auch nicht nach der Verurteilung, im Laufe seiner Singener Haft. „Er sah sich nicht in der Position des Schuldigen – weil seine Taten aus seiner Sicht legal waren“. „Es war legal, im Friedrichshafener Gefängnis Leute zusammenzuschlagen, weil sie etwas gegen das System sagten. Es war legal, Menschen in den Kopf zu schießen, bei Massakern und Massenvernichtung dabei zu sein. Das war ja nicht er, das was das System.“)

Orden, Ehrenzeichen und Medaillen
Verwundetenabzeichen in Schwarz
Medaille Winterschlacht im Osten 1941-1942
Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern (01.09.1944)
Goldenes Ehrenzeichen der Hitlerjugend
SA-Wehrsportabzeichen
Dienstauszeichnung der NSDAP I. Stufe in Bronze nach 10 Dienstjahren
Dienstauszeichnung der NSDAP II. Stufe in Silber nach 15 Dienstjahren
Polizei-Dienstauszeichnung für 8-jährige treue Dienstleistung die 3. Stufe
Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938

Bestie von Auschwitz
Am
06.11.1944 erschoß er zusammen mit SS-Oberscharführer Erber (bis 1944 Josef Houstek) mindestens 100 Häftlinge des Jüdischen Sonderkommandos per Genickschuß.

Mit gleicher Satanie herrschte der Oberscharführer Wilhelm Boger, der zur Politischen Abteilung des Lagers Auschwitz gehörte. Er hatte sich das wohl berüchtigste Folterinstrument in Europas größter Vernichtungsfabrik gebaut. SS-Oberscharführer Perry Broad beschrieb es nach dem Krieg:

"Zwei Tische standen in einem Meter Abstand nebeneinander. Das Opfer hatte sich auf den Boden setzen und die Hände vor den angezogenen Knien falten müssen. Mit Handschellen wurden ihm dann die Handgelenke vor den Beinen zusammengeschlossen. Eine massive Stange ist ihm zwischen Ellenbogen und Knie geschoben worden, deren Enden auf den Tischen aufliegen. Er pendelte nun hilflos mit dem Kopf nach unten zwischen den Tischen.

"Mit einem Ochsenschlauch wurde er nun auf das Gesäß und die nackten Fußsohlen geschlagen. Die Schläge waren so heftig, daß der Gefolterte beinahe ganze Umdrehungen ausführte. Jedesmal, wenn das Gesäß in die entsprechende Stellung pendelte, fiel ein mit aller Kraft niedersausender Schlag. Als seine Schreie zu gellend wurden, setzte ihm der sadistische Stapoteufel eine Gasmaske auf ... Nach etwa 15 Minuten erstarben die konvulsivischen Bewegungen des Gequälten. Er vermochte nicht mehr zu sprechen. Seine Hose hatte sich tiefrot gefärbt, und das Blut tropfte auf den Fußboden. Schließlich hing sein Kopf regungslos herab, er war ohnmächtig geworden.
"Den Stapobeamten erschütterte das jedoch keineswegs. Mit sachverständigern Grinsen zog er aus der Tasche ein Fläschchen mit einer stechend riechenden Flüssigkeit, das er dem Gefangenen vor die Nase hielt. Nach einigen Minuten kehrte dessen Bewußtsein auch tatsächlich zurück."

Die lebenslustige und hübsche Inhaftierte Lili Tofler wurde erschossen, weil sie einem Mithäftling einen Brief zuschmuggeln wollte. Wilhelm Boger, hatte sie zuvor vier Tage lang jeden Morgen und Nachmittag eine Stunde lang in den Waschraum gestellt und ihr seine Pistole an die Schläfe gedrückt. Am Ende flehte sie auf Knien, man möge sie erschießen.

Zeugin Dounia Zlata Wasserstrom im Frankfurter Auschwitz Prozeß.
Sie musste als jüdische Dolmetscherin den brutalen Folterungen Bogers beiwohnen und erinnert sich:
"Im November 1944 kam ein Lkw an, auf dem sich Kinder befanden. Ein kleiner Junge im Alter von vier bis fünf Jahren sprang herunter. Er hatte einen Apfel in der Hand. Boger ging zu dem Kind hin, packte es an den Füßen und warf es mit dem Kopf an die Wand. Den Apfel steckte er ein". Darauf habe man Wasserstrom gezwungen, das Blut des erschlagenen Kindes von der Wand abzuwischen. "Eine Stunde später kam Boger und rief mich zum Dolmetschen. Dabei aß er den Apfel".

„Boger war der Schlimmste“, erinnert sich später ein Überlebender. Zu seinen sadistischen Schreckensinszenierungen gehören spontane Erschießungen, Massentötungen und Folter. Für seine Verhöre lässt er sich eine „Sprechmaschine“ bauen, die als „Bogerschaukel“ in das Vokabular der Folterer eingehen wird. Sie besteht aus zwei aufrecht stehenden Holmen, in die eine Eisenstange quer hineingelegt wird. Boger lässt die Opfer in die Kniebeuge gehen, zieht die Eisenstange durch die Kniekehlen und fesselt daran die Hände der Opfer. Danach wird die Eisenstange in die Holme gestemmt, so dass die Opfer mit dem Kopf nach unten und mit dem Gesäß nach oben hängen. Boger schlägt die zum Schaukeln gebrachten Opfer mit einem Ochsenziemer oder einem Stock blutig. Zwischendurch stellt er den Gefolterten immer wieder Fragen. Wenn ihn die Antwort nicht befriedigt, schlägt er sie weiter bis zur Bewusstlosigkeit. Er schlägt sie auf das Gesäß, die Geschlechtsteile und die Nieren. Die Zeugin beschreibt ein Opfer nach der Tortur:
„Er hat nicht mehr wie ein Mensch ausgesehen. Er konnte nicht stehen, er konnte nicht reden, ich dachte, das ist schon ein toter Mensch.“

am 11.02.1943 wird der Häftling Iwan Slezarow, ein Russe, von dem Zellenwärter aus der Zelle herausgeholt. Vor der Tür befand sich Boger (SS-Oberscharführer Boger Wilhelm), der den Häftling mitnahm. Dieser Häftling wurde nach etwa einer Stunde wieder in die Zelle hineingeschoben. Der Häftling war furchtbar geschlagen und spuckte Blut. Er starb an den Folgen der Mißhandlung am nächsten Tage.

am 21.09.1943 verstirbt der jüdische Häftling Walter Windmüller. Er war am 15.09.1943 vom Angehörigen der Lager Gestapo SS-Oberscharführer Boger Wilhelm bei der Vernehmung mißhandelt worden, und hatte hierbei schwere Hoden- und Nierenverletzungen erlitten, die zu seinem Tod führten.

seine Schreiberin war der Häftling
Rosenthal Maryla Obstfeld

Anmerkung
Boger war, bevor er nach Auschwitz versetzt wurde, zeitweise beim Stapo-Grenzpolizei-Komissariat Scharfenwiese im Einsatz

Aussage Rosenthal Maryla geb. Obstfeld
1. Frankfurter Auschwitz-Prozess, 26. Verhandlungstag, 13.03.1964
Aussage Rosenthal Maryla geb. Obstfeld
Also, ich kam ins Lager Auschwitz im Juli 42. Ich wurde zuerst einem Kommando zugeteilt, wo ich Sand schütten mußte, und zwar mit einer sehr schweren Schaufel auf eine Fuhre. Dieser Aufgabe war ich gar nicht gewachsen. Der Aufseher war ein Volksdeutscher, ein Oberschlesier, der dementsprechend, weil ich eben die Arbeit nicht gut gemacht habe, mich mit Schimpfworten beworfen hat und auch mit der Schaufel geschlagen. Ich habe auch bei ihm einige polnische Worte gehört, die ich natürlich verstanden habe. Der Weg zu der Arbeit hat in einer Richtung eine halbe Stunde gedauert. Wir waren ohne Schuhe und ohne Kopfbedeckung, die Haare wurden geschoren. Ich konnte nie barfuß laufen, ich war das auch nicht gewöhnt. Es war ein steiniger Weg. Meine Füße, meine Beine waren sehr schnell geschwollen und wund. Das waren natürlich die ersten Voraussetzungen für die Gaskammer.


Nach einigen Tagen, ich stand Appell – wir standen, Zehntausende, Aberzehntausende Frauen. Es wurde rausgerufen, man suchte eine Frau, die Fremdsprachen kennt, darunter auch Tschechisch. Ich wollte mich gar nicht melden, weil ich Tschechisch nicht kann. Daraufhin hat mich eine andere, auch eine Polin, dazu bewogen. Ich habe mich gemeldet, natürlich ohne zu wissen, wohin ich komme.
Ich wurde zuerst in die »Sauna« gebracht, dort gebadet und bekam Schuhe und ein neues Kleid und eine Kopfbedeckung, eine weiße Haube. Dann wurde ich in ein Büro gebracht, wo mir – das waren, glaube ich, Herr Wosnitza und Herr Pyschny, die beiden – gesagt haben: »Was Sie hier sehen und hören, das haben Sie nicht gesehen und nicht gehört, sonst bezahlen Sie das mit Ihrem Leben.« Ich wurde dann in eine Schreibstube gebracht. Ich glaube, wir waren 16 Frauen und der Kamphus. Dort hat man nur Totenbescheinigungen geschrieben.
Also, ich war ganz benommen. Ich konnte das gar nicht verarbeiten, wo ich mich befinde und was das überhaupt ist. Ich kann mich nicht entsinnen, wie lange ich dort gearbeitet habe. Eines Tages erschien Herr Boger in der Schreibstube und hat mich von dort rausgenommen. Er hat eine Schreiberin und eine Dolmetscherin gesucht. Ich bin also zu ihm gekommen und habe alle Vernehmungen – das waren immer politische Häftlinge, auch Flucht und so wichtige Sachen – protokolliert und gedolmetscht.
Die Häftlinge waren natürlich sehr scheu, und manche wollten gar nicht aussagen oder ganz knapp. Herr Boger hat sich nicht zurückgehalten, Ohrfeigen ihnen auszuteilen, auch hat er sie mit seinen hohen Stiefeln gestoßen. Dann ist er ganz nahe zu ihnen gekommen, ganz zum Gesicht, [+ hat sie] mit seinen Blicken durchbohrt. Und wenn er absolut nicht sprechen wollte, hat er gesagt: »Jetzt kommst du aber zu der ›Sprechmaschine‹.« Und dann sind die beiden rausgegangen. Ich kann mich nicht entsinnen, ob es eine Stunde, ob es zwei Stunden waren, die er dort bei der »Sprechmaschine« war. Jedenfalls wurde der Häftling auf einer Bahre zurückgetragen. Ich habe ihn nicht mehr erkannt, nach dieser Stunde oder nach diesen zwei Stunden. Er hat nicht mehr wie ein Mensch ausgesehen. Er konnte nicht stehen, er konnte nicht reden, ich dachte, das ist schon ein toter Mensch.

Zu mir war Herr Boger sehr menschlich und sehr anständig. Er hat zum Beispiel sein Kochgeschirr von der Kantine gebracht, hat nur einen Löffel weggenommen, und dann sagte er mir: »Maryla, bitte gehen Sie das Kochgeschirr saubermachen.« Das hieß natürlich, daß ich das auch essen kann. Offiziell durfte ich es nicht essen. Ich habe dann meine zwei Freundinnen reingerufen, wir sind auf die Toilette gegangen. Dort haben wir uns eingeschlossen und gegessen. Auch hat mir Herr Boger von Birkenau eine warme Jacke gebracht, Schuhe gebracht. Also, er war sehr menschlich zu mir als seiner Mitarbeiterin.
Einige Male hat er sich geäußert: »Ich habe nichts gegen Juden. Ich hasse die Polacken, die verfluchten Polacken.« Das war seine Redensart.
Man hat natürlich gewußt, wenn Herr Boger ins Männerlager ging, daß dort ein Massaker stattfindet. Gesehen habe ich es nicht, denn ich war immer im Büro. Aber da hat sich so vieles herumgesprochen.

Majkowski Stanislaw
Auschwitz Häftlings Nu. 103127
Vernehmung« durch SS-Oberscharführer Boger Wilhelm
»Ich schrie und bat um den Tod, ich fiel wieder in Ohnmacht. Was weiter mit mir geschah, weiß ich nicht mehr. Ich wurde unter einem Haufen von Toten lebend gefunden und ins Revier gebracht. Alle meine Wunden wurden verbunden an Kopf, Hand und Fuß, zwei Zähne waren ausgeschlagen. Der Häftlingsarzt hat mich so sorgsam behandelt und gepflegt. Ich flehte ihn an um die todbringende Injektion, ich litt unerträgliche Schmerzen. Er pflegte mich durch 6 Wochen hindurch, nur er rettete mir das Leben.« Zwei Brüder von Majkowski waren zuvor von der Gestapo ermordet worden.

Anmerkung
Boger war, bevor er nach Auschwitz versetzt wurde, zeitweise beim Stapo-Grenzpolizei-Komissariat
Scharfenwiese im Einsatz

Auschwitz-Prozess - Urteil
LG Frankfurt/Main vom 19./20.8.1965, 4 Ks 2/63
http://phdn.org/archives/holocaust-history.org/german-trials/auschwitz-urteil.shtml

Aussage Rosenthal Maryla geb. Obstfeld

1. Frankfurter Auschwitz-Prozess, 26. Verhandlungstag, 13.03.1964
Aussage Rosenthal Maryla geb. Obstfeld
Also, ich kam ins Lager Auschwitz im Juli 42. Ich wurde zuerst einem Kommando zugeteilt, wo ich Sand schütten mußte, und zwar mit einer sehr schweren Schaufel auf eine Fuhre. Dieser Aufgabe war ich gar nicht gewachsen. Der Aufseher war ein Volksdeutscher, ein Oberschlesier, der dementsprechend, weil ich eben die Arbeit nicht gut gemacht habe, mich mit Schimpfworten beworfen hat und auch mit der Schaufel geschlagen. Ich habe auch bei ihm einige polnische Worte gehört, die ich natürlich verstanden habe. Der Weg zu der Arbeit hat in einer Richtung eine halbe Stunde gedauert. Wir waren ohne Schuhe und ohne Kopfbedeckung, die Haare wurden geschoren. Ich konnte nie barfuß laufen, ich war das auch nicht gewöhnt. Es war ein steiniger Weg. Meine Füße, meine Beine waren sehr schnell geschwollen und wund. Das waren natürlich die ersten Voraussetzungen für die Gaskammer.

Nach einigen Tagen, ich stand Appell – wir standen, Zehntausende, Aberzehntausende Frauen. Es wurde rausgerufen, man suchte eine Frau, die Fremdsprachen kennt, darunter auch Tschechisch. Ich wollte mich gar nicht melden, weil ich Tschechisch nicht kann. Daraufhin hat mich eine andere, auch eine Polin, dazu bewogen. Ich habe mich gemeldet, natürlich ohne zu wissen, wohin ich komme.
Ich wurde zuerst in die »Sauna« gebracht, dort gebadet und bekam Schuhe und ein neues Kleid und eine Kopfbedeckung, eine weiße Haube. Dann wurde ich in ein Büro gebracht, wo mir – das waren, glaube ich, Herr Wosnitza und Herr Pyschny, die beiden – gesagt haben: »Was Sie hier sehen und hören, das haben Sie nicht gesehen und nicht gehört, sonst bezahlen Sie das mit Ihrem Leben.« Ich wurde dann in eine Schreibstube gebracht. Ich glaube, wir waren 16 Frauen und der Kamphus. Dort hat man nur Totenbescheinigungen geschrieben.
Also, ich war ganz benommen. Ich konnte das gar nicht verarbeiten, wo ich mich befinde und was das überhaupt ist. Ich kann mich nicht entsinnen, wie lange ich dort gearbeitet habe. Eines Tages erschien Herr Boger in der Schreibstube und hat mich von dort rausgenommen. Er hat eine Schreiberin und eine Dolmetscherin gesucht. Ich bin also zu ihm gekommen und habe alle Vernehmungen – das waren immer politische Häftlinge, auch Flucht und so wichtige Sachen – protokolliert und gedolmetscht.
Die Häftlinge waren natürlich sehr scheu, und manche wollten gar nicht aussagen oder ganz knapp. Herr Boger hat sich nicht zurückgehalten, Ohrfeigen ihnen auszuteilen, auch hat er sie mit seinen hohen Stiefeln gestoßen. Dann ist er ganz nahe zu ihnen gekommen, ganz zum Gesicht, [+ hat sie] mit seinen Blicken durchbohrt. Und wenn er absolut nicht sprechen wollte, hat er gesagt: »Jetzt kommst du aber zu der ›Sprechmaschine‹.« Und dann sind die beiden rausgegangen. Ich kann mich nicht entsinnen, ob es eine Stunde, ob es zwei Stunden waren, die er dort bei der »Sprechmaschine« war. Jedenfalls wurde der Häftling auf einer Bahre zurückgetragen. Ich habe ihn nicht mehr erkannt, nach dieser Stunde oder nach diesen zwei Stunden. Er hat nicht mehr wie ein Mensch ausgesehen. Er konnte nicht stehen, er konnte nicht reden, ich dachte, das ist schon ein toter Mensch.

Zu mir war Herr Boger sehr menschlich und sehr anständig. Er hat zum Beispiel sein Kochgeschirr von der Kantine gebracht, hat nur einen Löffel weggenommen, und dann sagte er mir: »Maryla, bitte gehen Sie das Kochgeschirr saubermachen.« Das hieß natürlich, daß ich das auch essen kann. Offiziell durfte ich es nicht essen. Ich habe dann meine zwei Freundinnen reingerufen, wir sind auf die Toilette gegangen. Dort haben wir uns eingeschlossen und gegessen. Auch hat mir Herr Boger von Birkenau eine warme Jacke gebracht, Schuhe gebracht. Also, er war sehr menschlich zu mir als seiner Mitarbeiterin.
Einige Male hat er sich geäußert: »Ich habe nichts gegen Juden. Ich hasse die Polacken, die verfluchten Polacken.« Das war seine Redensart.
Man hat natürlich gewußt, wenn Herr Boger ins Männerlager ging, daß dort ein Massaker stattfindet. Gesehen habe ich es nicht, denn ich war immer im Büro. Aber da hat sich so vieles herumgesprochen.

Majkowski Stanislaw

Auschwitz Häftlings Nu. 103127
Vernehmung« durch SS-Oberscharführer Boger Wilhelm
»Ich schrie und bat um den Tod, ich fiel wieder in Ohnmacht. Was weiter mit mir geschah, weiß ich nicht mehr. Ich wurde unter einem Haufen von Toten lebend gefunden und ins Revier gebracht. Alle meine Wunden wurden verbunden an Kopf, Hand und Fuß, zwei Zähne waren ausgeschlagen. Der Häftlingsarzt hat mich so sorgsam behandelt und gepflegt. Ich flehte ihn an um die todbringende Injektion, ich litt unerträgliche Schmerzen. Er pflegte mich durch 6 Wochen hindurch, nur er rettete mir das Leben.« Zwei Brüder von Majkowski waren zuvor von der Gestapo ermordet worden.

Hemmingen Schauchertstraße 12