SS-Hauptsturmführer und Kriminalkommissar

* 16.09.1907 in Königsberg
† 05. 05.1945

SS Mitgliedsnummer: 290 306

Angehöriger der Landespolizei Bielefeld

ab Juli 1938 Angehöriger des SD-Hauptamt

Februar 1940 Leiter der Abteilung II B der Staatspolizeistelle Kattowitz (Organisation Schmelt)

Leitete mit Mildner im August 1942 eine fast einwöchige Selektion und die Deportation von 11 000 Juden aus Sosnowitz und Bendzin nach Auschwitz.

Staatspolizeistelle Kattowitz 1944
Dreier Hans Dr.
Referat
IV 4 a
Z.-Nr.
91a
Tel.-Nr (Durchwahl)
24

Sommer 1944
Mitarbeiter des Reichskriminalamts (Mitwirkung bei Untersuchungen in Auschwitz) siehe Vorgang Dr. Morgen

12. August 1942
An diesem Tag spielten sich in Sosnowitz unglaubliche Szenen ab.
Auf dem Fußballplatz in der Sw.-Jana-Straße fand eine Selektion unter der Leitung des Leiters der Abteilung II B der Staatspolizeistelle Kattowitz, SS-Hauptsturmführer und Kriminalkommissar Dr. Hans Dreier aus Ostpreußen statt. Die Versammelten wurden in drei Gruppen eingeteilt. Bei der Selektion wurden Familien getrennt: Frauen, ältere Männer und Kinder wurden an einem gesonderten Platz, der von SS-Leuten bewacht wurde, konzentriert, um deportiert zu werden. Kinder wurden von SS-Leuten mit Gewalt aus den Armen ihrer Mütter gerissen, wenn diese rote Arbeitsausweise besaßen, und brutal an den Platz für die Auszusiedelnden gezerrt. Kindern, die sich nicht von ihren Müttern trennen wollten und sich den Gestapo-Leuten wild widersetzten, wurden die Schädel zertrümmert, und die Mütter wurden einfach niedergeschossen.

27. Mai 1969
Eugenia Dancygier, geborene Fajner berichtet über den Gestapo-Mann Hans Dreier aus Kattowitz
1942 am Sammelpunkt auf dem Sportplatz an der Straße .ul. Aleja in Sosnowitz war ich Zeugin seiner schrecklichen Mordtaten. Dreier schoss dort in die Menschenmenge hinein. Mit einem Lächeln um den Mund und einem Revolver in der Hand ging er ganz langsam an den Kinderwagen vorbei und schoss auf die Säuglinge. Eine Mutter, die in meiner Nähe stand - sie hieß Najman und wohnte in der Straße .ul. Sienkiewicza 14' - erlitt einen Nervenschock, als sie die blutüberströmten und unschuldigen Opfer Dreiers erblickte. Sie schrie ,wo ist mein Kind?' Dreier näherte sich der Frau und an Stelle einer Antwort schoss er sie nieder. Die Frau war sofort tot. Gegen Abend suchte Dreier von uns einige Personen heraus, darunter war auch ich, und gab uns den Auftrag, die herumliegenden Leichen wegzuräumen und sie am Zaun zurechtzulegen. Er sagte dabei ‚Weg mit der Scheiße.'

1. Frankfurter Auschwitz-Prozess (4 Ks 2/63) 95. Verhandlungstag, 0110.1964
Aussage Gerhard Wiebeck
Sie haben bei Ihrer ersten Vernehmung – wenn Sie gestatten, Herr Staatsanwalt – gesagt, der Doktor Drescher habe mit Ihnen zusammen diese Vergasungsanlage besucht. Dann haben Sie am 24. März 1960 einen Brief geschrieben an die Staatsanwaltschaft, da schreiben Sie drin: »Ich berichtige meine Aussage wie folgt: Ich war nicht mit Kriminalrat Drescher, sondern mit Doktor Morgen in einer Gaskammer und vor den Verbrennungsöfen dieser Gaskammer.«6 Also da sagen Sie, das war gar nicht der Doktor Drescher. Ich möchte Sie nur auf diesen Widerspruch hinweisen.

Ja, das ist ein gewisser Widerspruch. Ich muß es ganz genau sagen. Doktor Morgen war mit mir in einer Verbrennungsanlage, wo die Öfen waren, und zeigte mir auch die Gaskammer. Und als wir die Verbrennungsanlage verließen – ich glaube, es war im Sommer, es war ohne Betrieb –, da trat er mit mir an den dortigen aufsichtsführenden SS-Unterführer heran. Und da fragte der uns: »Was wird denn mit mir geschehen, wenn der Krieg zu Ende ist?« Denn er meinte, dann würde er auch umgebracht werden. Ich glaube, ich habe es auch der Justiz mitgeteilt, weil es nach meiner Ansicht von besonderer Bedeutung ist für die Psyche der Bediensteten. Das hat Doktor Morgen, glaube ich, im Prozeß Grabner auch, als ich damals mal anwesend war, dem Gericht mitgeteilt. Und er betonte dabei, wie tragisch diese Äußerung war. Denn dieser SS-Führer rechnete ja selbst damit, daß er vernichtet würde, wenn eines Tages alles gut abgelaufen wäre und der Sieg davongetragen worden wäre. Das war seine Auffassung. Übrigens, das ist auch meine Meinung, nicht nur jetzt, sondern damals schon gewesen, alle Geheimnisträger würden heute nicht mehr leben.

Ja, zur »Boger-Schaukel« habe ich folgendes gehört: Doktor Morgen hat in Weimar-Buchenwald einen Häftling vernommen, und zwar hieß der, glaube ich, Höcker. Doktor Morgen wird das ja ausgesagt haben. Das war nach der Darstellung dieses Höcker praktisch ein Folterinstrument übelster Art. Herr Drescher, glaube ich, war es, der mir später sagte – zu meiner Überraschung –, daß die Untersuchung dieser Angelegenheit nicht gestattet werde, weil diese Art der Vernehmungsmethode aus staatspolizeilichen Gründen – oder so ähnlich hat er sich ausgedrückt, den genauen Wortlaut habe ich nicht mehr in Erinnerung – notwendig sei.

Nach 1945
Berufsangabe 1963: Oberregierungskriminalrat

Vom Reichskriminalamt direkt ins Bundeskriminalamt wechselten unter anderem Kurt Amend, Heinrich Becker, Heinz Drescher und Otto Martin. Amend, einst Leiter des gesamten Fahndungswesens im Dritten Reich einschließlich der besetzten Gebiete, war später Abteilungsleiter Fahndung im BKA. Der Verbrecher, dürfte »Hunderttausende auf dem Gewissen haben, die dank seiner intelligenten Fahndungsmethoden in ein KZ kamen oder vor ein Sondergericht«. Becker, einst Cheftechniker des RKPA, war später Cheftechniker des BKA. Drescher, vormals Leiter der Personenfeststellungszentrale und der Fingerabdrucksammlung
des RKPA und SS-Hauptsturmführer, war später Chef des Erkennungsdienstes
des BKA. Martin, Chefbiologe des RKPA, nahm später den gleichen Posten beim
BKA ein.