Dritter Teil 2. F. I.

Strafrahmen

Nach 2 Absatz 2 StGB ist die Strafe aus dem Gesetz zu entnehmen, das zur Zeit der Tat galt.

Für die vollendeten Taten der Angeklagten Franz, Matthes und Miete ist die Strafe dem 211 StGB in der seit dem Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches vom 4.9.1941 geltenden Fassung zu entnehmen. Die Strafe war früher die Todesstrafe, die aber durch Artikel 102 GG abgeschafft ist, so dass für Mord heute die Strafe lebenslanges Zuchthaus ist.

Für den Mordversuch des Angeklagten Franz an Dr. Choranzicky und für die bis zum 29.5.1943 begangenen Beihilfehandlungen der Angeklagten Mentz, Münzberger, Stadie, Suchomel, Lambert und Ru. sind demnach die 44, 49 alter Fassung des Strafgesetzbuches in Verbindung mit 4 der Gewaltverbrecherverordnung vom 5.12.1939 maßgebend.
Für die in der Zeit von Ende Mai bis Ende November 1943 ausgeführten Beihilfehandlungen ist dagegen 49 StGB in Verbindung mit 44 StGB in der noch heute geltenden Fassung vom 29.5.1943 heranzuziehen.
Im Abschnitt 1.C. des Dritten Teiles der Gründe ist bereits dargelegt worden, dass der 4 der Gewaltverbrecherverordnung keine typisch nationalsozialistische, jeder rechtsstaatlichen Ordnung widersprechende Vorschrift ist. Das gleiche muss auch für den seit dem 29.5.1943 geänderten 49 StGB gelten, zumal diese Vorschrift nach wie vor geltendes Recht ist und zumal sie außerdem mit den Regelungen in den Strafgesetzbüchern anderer demokratischer Länder, so zum Beispiel dem der Schweiz, übereinstimmt (vergleiche zu dieser Frage das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.11.1964 - 2 StR 71/64 -unter AId aE).

Die in der Hauptverhandlung gegen die Rechtsgültigkeit der 44, 49 StGB in der Fassung der Durchführungsverordnung vom 29.5.1943 zur Strafrechtsangleichungsverordnung vom selben Tage im Hinblick auf Artikel 104 GG geäußerten Bedenken greifen nicht durch, denn die Bestimmungen der genannten Durchführungsverordnung haben nach dem damals geltenden Verfassungsrecht durch ihre Einführung in das Strafgesetzbuch den Rang von förmlichen Gesetzesnormen erhalten. Sie widersprechen daher nicht der einschränkenden Bestimmung des Artikels 104 Absatz 1 Satz 1 GG, wonach eine Freiheitsentziehung nur aufgrund eines förmlichen Gesetzes angeordnet werden darf.

Der Strafrahmen für die Mordbeihilfe reicht somit von 3 Jahren Zuchthaus bis zu lebenslangem Zuchthaus, gleichgültig, ob man ihn den 49, 44 StGB alter Fassung in Verbindung mit 4 der Gewaltverbrecherverordnung oder den 49, 44 StGB in der seit dem 29.5.1943 geänderten Fassung entnimmt.