Istanbul

Am 04. März 1945 verlässt ein Transport mit 105 türkischen Juden (darunter 20 Kinder u. zwei Muslime) das Konzentrationslager Bergen-Belsen (Neutralenlager) mit Ziel Istanbul. Sie fahren ab Bergen-Belsen, über Lübeck, Flensburg, Dänemark, Helsingør, Helsingborg nach Göteborg. Ab Göteborg mit der MS Drottningholm auf dem Seeweg über England, Portugal und Ägypten nach Istanbul. In Lübeck stoßen weitere 20 jüdische Frauen und Kinder aus Ravensbrück zu der Gruppe aus Bergen-Belsen. Der Schweizer Diplomat Philippe Aubert de la Rüe begleitete den Austausch. Er erwähnt, dass einige der türkischen Studenten die aus Ravensbrück befreiten türkisch-jüdischen Frauen als »dreckige Jüdinnen« beschimpft hätten. Sie forderten sogar, die Juden aus dem Speisesaal zu weisen, was der Kapitän der MS Drottningholm empört zurückwies. Offenbar hatten diese Studenten sich in Deutschland mit der Nazi-Ideologie infiziert. Nach der Ankunft am 10. April 1945 verweigert die Türkei zwar den meisten Juden die Anerkennung der Staatsbürgerschaft, erlaubt aber nach längeren Verhandlungen einen Aufenthalt in Flüchtlingslagern. Das entsprach nicht gerade dem Bild der toleranten, judenfreundlichen Türkei, das von offizieller Seite durch Berichte über die Aufnahme verfolgter jüdischer Wissenschaftler in den 1930er Jahren an türkischen Hochschulen und staatlichen Institutionen gezeichnet wird.