Auschwitz

am 25.06.1942 wird in einem Fernschreiben die Kommandantur des KL Auschwitz benachrichtigt, daß um 6:15 Uhr aus Pithiviers in Frankreich ein Transport mit 1000 Juden in Richtung Auschwitz abgefahren sei.

Am 16. Juni bat Dannecker in einem Fernschreiben an den Sipo-SD-Leiter in Orleans um die Vorbereitung von zwei Deportationszügen: Der erste sollte am 25. Juni in Pithiviers abfahren und der zweite am 28. Juni in Beaune-la-Rolande. Er erklärte, dass die zu deportierenden Juden unter 55 Jahre alt und körperlich tauglich sein müssten und nur solche eingeschlossen werden dürften, die zum Tragen des gelben Sterns verpflichtet seien – eine Restriktion, die den Juden in der besetzten Zone einen Monat zuvor auferlegt worden war. Dannecker listete mehrere Gegenstände auf, die jede Person mit sich führen sollte, darunter für Zwangsarbeit nötige Kleidung wie Stiefel und Arbeitskluft sowie Bettzeug. Jede Person solle Proviant für drei Tage mitbringen. Zudem sei von der Präfektur Proviant für zwei Wochen vorzubereiten. Am 23. Juni bestätigte Dannecker, dass der SD in Orleans erklärt habe, 35 seiner Männer zur Bewachung des Zugs bereitzustellen.

Der Transport vom 25. Juni 1942 war der erste, der das
Internierungslager Pithiviers (Camp de transit de Pithiviers) verließ. Der Zug umfasste 999 Männer (darunter 937 polnischer Nationalität) aus dem Kreis jener, die am 14. Mai 1941 festgenommen und dann in Pithiviers inhaftiert worden waren. Ein Zeitplan für die Deportationen wurde am 19. Juni verschickt. Demnach sollte der Sonderzug mit jüdischen Arbeitern nach Auschwitz Pithiviers um 6.16 Uhr verlassen, mit Zwischenhalten in Malesherbes (6:45-6:58), Monterean (8:10-8:34), Flamboin (9:22-9:27), Troyes (11:35-11:49), Brienne le Château (13:07-13:10), Valentigny (13:24-13:25), Montier en Der (13:58-14:01), Eclaron (14:42-14:43), St. Dizier (15:24-15:29), Revigny (16:29-16:32), Bar Le Duc (17:05-17:15), Lérouville (18:39-18:44) und Neuburg (Novéant) (19:57-20:20). Der Zug konnte eine Ladung von 350 Tonnen transportieren und eine Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h erreichen. Er bestand aus einer Lokomotive, zehn Güterwaggons und einem Schlafwagen. Drei Stunden vor der Abfahrt sollte er am Gleis bereit stehen. Im November 1943 erstellte die Reichbahn einen Fahrplan für die Transporte aus Frankreich ab diesem Datum. Für die Zeit davor verfügen wir über keine Unterlagen im Zusammenhang mit Fahrplänen von Transporten ab der französisch-deutschen Grenze nach Auscwhitz-Birkenau, aber aller Wahrscheinlichkeit nach waren sie sehr ähnlich. Insofern haben die früheren Transporte nach Auschwitz, einschließlich dem aus Pithiviers vom 25. Juni 1942, ab der Grenze wohl die folgende Route genommen: Saarbrücken, Frankfurt am Main, Dresden, Görlitz, Nysa, Kattowitz und schließlich Auschwitz.

Am 28. Juli 1942 schickte Röthke dem Sipo-SD-Befehlshaber in Frankreich, Helmut Knochen, und seinem Stellvertreter Kurt Lischka, neue Anweisungen mit dem Fahrplan für die nächsten 13 Transporte aus Frankreich. Er erklärte: „ ... und zwar werden nach wie vor deutsche Güterwagen für den Abtransport genommen werden können.“ Während die Waggons aus Deutschland stammten, wurde die Lokomotive des Zugs von der Staatlichen Eisenbahngesellschaft Frankreichs (SNCF) zur Verfügung gestellt; SNCF-Personal begleitete den Zug bis zur Grenze in Novéant (Neuburg). Dies ist von dem SNCF-Historiker Christian Bachelier bestätigt worden. An der französisch-deutschen Grenze wurden die französische Lokomotive und das französische Personal durch Reichsbahnmitarbeiter und deutsche Technik ersetzt.

Dannecker bestätigte die Abfahrt des Zuges am 25. Juni schriftlich und erklärte, der Deportationszug n.831 habe den Bahnhof Pithiviers an diesem Tag um 6:15 Uhr verlassen. Leiter des Transports war der Leutnant der Feldgendarmerie Kleinschmidt, der bis zur französisch-deutschen Grenze in Neuburg verantwortlich für den Zug war.

In seiner Zeugenaussage nach dem Krieg erinnerte sich André Balbin an den überfüllten Viehwaggon, in dem 100 Juden mit kaum Bewegungsraum gepfercht waren. Immer wenn der Zug anhielt, bettelten die Deportierten um Wasser, doch niemand versuchte zu helfen. Gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Deportierten hatte Balbin beschlossen, die Flucht vom fahrenden Zug zu versuchen. Sie wurden jedoch von einer anderen Truppe von Deportierten aus Furcht vor Vergeltungsmaßnahmen der Deutschen an ihrem Fluchtversuch gehindert. Bei ihrer Ankunft in Auschwitz nach dreinächtiger Reise wurden die Deportierten in eine Baracke außerhalb des Lagers gebracht, wo sie zusammengepfercht in einem Raum die Nacht verbrachten. Am nächsten Morgen wurden sie von Kapos begrüßt und ins Lager gebracht.
In seinem letzten Brief vor der Deportation schrieb Maurice Ryger seinem Vater in Paris: „Lieber Vater, Deinen Brief habe ich erhalten und bin so froh zu wissen, dass Du guter Gesundheit bist. Lieber Vater, eintausend Leute verlassen nun Pithiviers und ich bin einer von ihnen. Wir brechen Mittwochnacht auf. Wir wissen noch immer nicht, wohin wir fahren. In meinem nächsten Brief werde ich Dich wissen lassen, wo wir sind. Mache Dir keine Sorgen um mich, ich bin tapfer und verliere die Hoffnung nicht.“
Quelle: Gedenkstätte Yad Vashem

Nach der Übernahme ins Lager (
27.06.1942) erhalten die Übernommenen "Häftlinge" die Häftlingsnummern 41773 - 42772
Am 15. August 1942 sind nur noch 557 Personen aus diesem Transport am Leben. 59 Männliche Personen aus diesem Transport haben den Krieg überlebt.

André Balbin, der mit diesem französischen RSHA-Transport aus Pithiviers in Auschwitz eingetroffen war und etwa drei Wochen lang im Begräbungskommando arbeiten musste, überlebte. Er rettete sein Leben, indem er in das Elektrikerkommando wechselte, wo bessere Bedingungen herrschten. Das war jedoch nur möglich, weil der Kapo des Elektrikerkommandos einen besonders schwachen Häftling zwang, das Kommando zu verlassen.

Fahrtstrecke
(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Lager Pithiviers
Zielort des Transports Malesherbes, Loiret

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Malesherbes, Loiret
Zielort des Transports Montereau Fault Yonne, Seine et Marne

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Montereau Fault Yonne, Seine et Marne
Zielort des Transports Flamboin, Seine et Marne

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Flamboin, Seine et Marne
Zielort des Transports Troyes, Aube

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Troyes, Aube
Zielort des Transports Brienne le Chateau, Aube

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Brienne le Chateau, Aube
Zielort des Transports Valentigney, Doubs

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Valentigney, Doubs
Zielort des Transports Montier en Der, Haute Marne

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Montier en Der, Haute Marne
Zielort des Transports Éclaron Braucourt Sainte Livière, Haute Marne

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Éclaron Braucourt Sainte Livière, Haute Marne
Zielort des Transports Saint Dizier, Haute Marne

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Saint Dizier, Haute Marne
Zielort des Transports Revigny sur Ornain, Meuse

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Revigny sur Ornain, Meuse
Zielort des Transports Bar le Duc, Meuse

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Bar le Duc, Meuse
Zielort des Transports Lerouville, Meuse

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Lerouville, Meuse
Zielort des Transports Novéant sur Moselle, Moselle

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Novéant sur Moselle, Moselle
Zielort des Transports Sarrebruck, Saar, Saarland

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Sarrebruck, Saar, Saarland
Zielort des Transports Frankfurt am Main, Wiesbaden, Hessen-Nassau

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Frankfurt am Main, Wiesbaden, Hessen-Nassau
Zielort des Transports Dresden, Bautzen, Land Sachsen

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Dresden, Bautzen, Land Sachsen
Zielort des Transports Gorlitza, Gorlice, Krakow

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Gorlitza, Gorlice, Krakow
Zielort des Transports Nysa, Oppeln, Oberschlesien

(Teilstrecke mit Halt)
Abfahrtstation Nysa, Oppeln, Oberschlesien
Zielort des Transports Katowice, Katowice, Slask

(Teilstrecke Zielstation)
Abfahrtstation Katowice, Katowice, Slask
Zielort des Transports Auschwitz

Beauftragende Behörde:
Militärbefehlshaber Frankreich (MBF)
Feldgendarmerie
RSHA IVB4 - Judenangelegenheiten, Räumungsangelegenheiten
KdS Paris- Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD Paris
KdS Orleans - Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD Orleans

Beteiligte Verantwortliche:
von Stülpnagel Otto
Dannecker Theodor
Novak Franz
Vallat Xavier
Lischka Kurt
Eichmann Adolf (Otto)
Kohl Otto

Bahngesellschaft:
SNCF - Societe Nationale des Chemins de fer Francais
Deutsche Reichsbahn

Zuständige lokale Behörde:
CGQJ - Commissariat General aux Questions Juives