Lambert

Der Angeklagte Lambert unterstützte die Vernichtungsaktion dadurch, dass er bei seinen drei Einsätzen zahlreiche Bauten des Vernichtungslagers, insbesondere aber das große Gashaus errichtete, das mindestens doppelt so viele und auch etwa doppelt so große Gaskammern enthielt wie das vorher benutzte kleine Gashaus.

Dem Angeklagten waren alle Tatumstände genau bekannt.
Er wusste über die Vorgänge im unteren und im oberen Lager Bescheid, da er mehrfach Augenzeuge von Transportabfertigungen war. Insbesondere war er auch darüber informiert, dass das große Gashaus zur Tötung von Juden mit Hilfe von Dieselabgasen dienen sollte. Schließlich wusste er auch, dass die Massenvernichtung aufgrund von Anweisungen der obersten Staatsführung erfolgte und dass der Führer und seine Mitarbeiter die Juden und Zigeuner nach einem exakt entworfenen Plan aus rassischen und machtpolitischen Motiven, also aus niedrigen Beweggründen, physisch vernichten wollten.
Da Lambert trotz seiner Kenntnis aller Tatumstände damit einverstanden war, die Kapazität des Vernichtungslagers durch den von ihm geleiteten Bau des großen Gashauses und verschiedener anderer Gebäude zu vergrößern und seine Funktionsfähigkeit zu verbessern, handelte er vorsätzlich.

Lambert ist nicht als Mittäter, sondern nur als Gehilfe der Massenvernichtungen in Treblinka anzusehen. Obwohl er durch die Errichtung von Bauten in Treblinka einen bedeutsamen Tatbeitrag geleistet hat, kann man nicht feststellen, dass sein Wille über die Leistung eines Förderungsbeitrages hinausging und dass er die Tötungen als eigene wollte.

Er war zwar Mitglied der NSDAP, und er hatte auch schon an der Euthanasieaktion mitgewirkt. Mag er auch ein überzeugter Nationalsozialist gewesen sein, so fehlen doch Anzeichen dafür, dass er sich die rassepolitischen Maßnahmen der Partei in ihrer letzten Konsequenz zu Eigen gemacht hat.

Wäre er ein überzeugter Antisemit gewesen, dann hätte er die Gelegenheit, in Treblinka Juden zu schikanieren, zu misshandeln oder eigenhändig zu töten, wahrgenommen. Der Umstand, dass ihm dies nicht nachgewiesen werden kann, lässt den Schluss zu, dass er die Judenvernichtung nicht als eigene Tat wollte, sondern dass er nur fremdes Tun unterstützte.
Mit dem Bau der neuen, großen Gaskammer, die im September 1942 fertig gestellt und in Betrieb genommen wurde, schuf Lambert die Voraussetzungen für die schnelle Abfertigung großer Transporte.
Nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der 700000 Opfer ist in der alten, kleinen Gaskammer vergast worden, der weitaus größte Teil von ihnen hat den Tod in der großen Gaskammer gefunden.

Das Schwurgericht ist deshalb davon überzeugt, dass der Angeklagte Lambert durch die von ihm im Lagergelände errichteten Gebäude, insbesondere aber durch die Errichtung der großen Gaskammer, an der Tötung von mindestens 300000 Personen beteiligt gewesen ist.

Der Angeklagte Lambert hat mithin den Tatbestand der Beihilfe zum gemeinschaftlichen, aus niedrigen Beweggründen (Rassenhass), heimtückisch und grausam begangenen Mord in mindestens 300000 tateinheitlich miteinander verbundenen Fällen erfüllt (211, 47, 49, 73 StGB).