Die Erschießung von drei Arbeitsjuden des Desinfektionskommandos im Lazarett

An einem Morgen kamen Kttner, Miete und Hirtreiter zu einer Kontrolle in den Desinfektionsraum des unteren Lagers, in dem der Zeuge Sed. und drei weitere Häftlinge damit beschäftigt waren, die den Frauen abgeschnittenen Haare zu desinfizieren und zum Abtransport in Säcke zu verpacken.
Kttner fand bei den vier Häftlingen Lebensmittel und verlangte innerhalb von fünf Minuten eine Erklärung über die Herkunft der Esswaren. Als einer der vier Häftlinge sagte, ein ukrainischer Wachmann habe ihnen die Lebensmittel besorgt, wollte Kttner das nicht glauben. Er vermutete, die Häftlinge hätten die Esswaren aus dem Gepäck vergaster Juden an sich genommen, was verboten war. Kttner war entschlossen, alle vier wegen dieses in seinen Augen todeswürdigen Verstoßes im Lazarett erschießen zu lassen. Er brachte daraufhin in Begleitung von Miete und Hirtreiter die vier Männer ins Lazarett und trieb sie in die brennende Lazarettgrube. Die drei Kameraden des Zeugen Sed. wurden auf Befehl von Kttner durch den Angeklagten Mentz, der an diesem Tage im Lazarett Dienst hatte, erschossen.
Die Exekution des Zeugen Sed. hatte sich Kttner selbst vorbehalten. Er hatte schon die geladene Maschinenpistole in der Hand, als er es sich plötzlich anders überlegte.
Er fragte den schon in der Grube liegenden Sed. noch einmal, Bist du schuldig? Als Sed. erwiderte, dass er unschuldig sei, ließ Kttner ihn aus der Grube herauskommen. Er war gerettet.

Der Angeklagte Mentz lässt sich wie folgt ein,
Er gebe zu, mehrere Häftlinge auf Anordnung von Kttner erschossen zu haben. Nach der Reorganisation des Lagers durch Wirth sei jedoch niemand mehr lebendig in die Grube getrieben und dann vom Grubenrand aus erschossen worden, sondern alle Exekutionen hätten sich so abgespielt, dass die Opfer sich an den Rand der Grube hätten setzen müssen, um dann von hinten durch einen Genickschuss getötet zu werden.

Da der Zeuge erst Mitte September 1942, also nach der Ablösung des Lagerkommandanten Dr. Eberl nach Treblinka gekommen sei, könne es nicht richtig sein, dass zu dieser Zeit noch Häftlinge lebendig in die Grube geworfen worden seien, um dann erschossen zu werden. Deshalb müsse er in Abrede stellen, etwas mit der Erschießung der drei Männer vom Desinfektionskommando zu tun zu haben.

Diese Einlassung wird durch das Ergebnis der Beweisaufnahme widerlegt. Der Mitangeklagte Miete hat allerdings zur Klärung des Vorfalles nichts beigetragen, da er sich zwar an den wegen seiner Körpergröße allgemein im Lager bekannten Zeugen Sed., nicht aber an die Erschießung seiner drei Kameraden durch Mentz erinnern will. Dass diese drei tatsächlich in der festgestellten Art und Weise von Mentz erschossen worden sind, ergibt die ausführliche, plastische Bekundung des vereidigten Zeugen Sed., dessen Zuverlässigkeit bereits mehrfach hervorgehoben worden ist. Dieser Zeuge ist sehr objektiv, denn er hat sich nicht darauf beschränkt, einzelne Angeklagte zu belasten, sondern er war sehr darum bemüht, andere Angeklagte zu entlasten. So hat er darauf hingewiesen, dass er seine Rettung wahrscheinlich seiner früheren Freundin Lena Laufer und dem Angeklagten Stadie zu verdanken habe.

Der Zeuge hat hierzu folgendes angegeben.
Nach seiner Rettung habe man ihm erzählt, dass seine frühere Freundin, Lena Laufer, im Lager wegen ihrer pechschwarzen Haare schwarze Hexe oder Teufel genannt, von seinem Verbringen ins Lazarett Kenntnis erhalten und sich sogleich an Stadie, dessen Zimmer sie stets morgens zu säubern hatte, gewandt und ihn um Errettung ihres früheren Bekannten Sed. angefleht habe, einer Bitte, der Stadie sich wahrscheinlich nicht verschlossen habe. Stadie müsse dann Kttner angewiesen haben, ihn, Sed., nicht zu töten. Obwohl er das nicht genau wisse, halte er sich für verpflichtet, dies zugunsten von Stadie mitzuteilen. Die Angeklagten Stadie und Suchomel bestätigen übereinstimmend, dass die schwarze Helene zum Putzen der Schreibstube und von Stadies Zimmer eingesetzt gewesen sei. Allerdings vermag sich Stadie nicht daran zu erinnern, durch Vermittlung dieser Frau die Rettung des Zeugen Sed. veranlasst zu haben. Er hält das allerdings nicht für ausgeschlossen, da sich mehrfach Arbeitshäftlinge mit der Bitte an ihn gewandt hätten, er möge ihre Verwandten und Bekannten retten.

Diese Angaben über die möglichen Gründe seiner Rettung, die über die Schilderung der Vorgänge im Lazarett hinausgehen, verstärken die Glaubwürdigkeit des Zeugen Sed., aufgrund dessen Bekundung die Erschießung von drei Häftlingen im Lazarett durch den Angeklagten Mentz sicher erwiesen ist.