Hinter der Mauer, dem Stacheldrahtzaun
führt ein Gespräch die Kräh' mit dem Hahn.
Das Thema war sehr sensationell,
man sprach übers Lager gleich auf der Stell.

Sage mir, Krähe, wie man dort lebet,
denn darüber wird so manches geredet.
Täglich zur Arbeit gehn sie in Scharen,
was soll'n die Paraden in langen Haaren?

Es sind dort Frauen, Verzeihung, Nummern,
und ihre Zahl ist mehr als Viertausend.
Zigeunerinnen, adlige Frauen,
Zeugen Jehovas und die von der Straße.

Auch eine Riesenschar Polinnen,
Schön jede zweite, toll jede dritte,
und wo die Arbeit schwierig und mühsam,
da wählt der Lageraufseher nur sie aus.

Sie schneidern, kochen, sie pflegen Kranke,
sie schleppen Ziegel, bis das Kreuz wehtut.
Sie bauen Straßen, sie roden Wälder,
und schau nur hin, wie sie marschieren.

Nun sag' mir, Krähe, du meine Liebe,
was sie dort essen, unsere Frauen?
Ach lieber Hahn, es lohnt nicht der Rede,
nichts außer - Eintopf - so dünn wie Wasser.

Frag nicht mehr weiter -stopp -keinen Schritt mehr,
sonst fällst du in' Bunker oder in' Strafblock.
Was dort passiert, dass Gott bewahre,
darüber schweig' ich und sträube die Haare.

Sage mir, Krähe, warum wohl, warum,
stört die Sirene immer mein Krähen?
Heult jeden Tag wie der Ochs in der Herde,
soll das wohl heißen, Schlechtwetterzeit?

Diese Sirene hat manche Ziele,
zuallererst sind es "Zählappelle".
Stundenlang stehn dort frierend und zitternd
in langen Reihen Tausend und Tausend.

Und heult sie mitten in schwarzer Nacht,
so heisst das immer Fliegeralarm!
So geht's dahin, oh mein Kogucik,
das Lagerleben in Ravensbrück.

Sag', haben sie Hoffnung, wird ihre Nacht enden,
der Tag anbrechen mit seinem Licht?
Dochja, sie glauben von ganzem Herzen,
dass diese Lager nicht ewig bestehn.

(Ravensbrück I941)