Aktenzahl des Gerichts (Geschäftszahl): LG Wien Vg 1g Vr 3062/46

Prozess wegen Funktion im NS-Regime (Gendarmerie/Polizei/SD)

Opfer
Roma

Tatland (Tatort)
Burgenland

Volksgerichtsverfahren gegen
Ernst Chwojka

wegen
Illegalität (Alter Kämpfer), Registrierungsbetrug, Misshandlung und Verletzung der Menschenwürde von Zigeunern in seiner Funktion als Gendarmerierayonsinspektor (im Zuge der Verhaftung und Verschickung von Zigeunern in Konzentrationslager) in Markt Allhau (Burgenland)

Verlauf der Vorerhebungen/Voruntersuchung bzw. des Gerichtsverfahrens
Am 04.07.1947 wurde Chwojka zu 6 Monaten schweren Kerkers verurteilt (das Volksgericht machte dabei vom außerordentlichen Milderungsrecht Gebrauch).


Dieser Bericht ist nicht Bestandteil der Gerichtsakte
Der im Bezirk Oberwart gelegene Gendarmerieposten Markt Allhau sandte am 19. August 1946 folgende Tatgeschichte an die Bezirkshauptmannschaft Oberwart:

Der frühere Insp. der Gendarmerie Ernst Chwojka war illegal und SS Oberscharführer. Er hat am 31.10.1940 vormittags den Zigeuner Alois Karoly in Markt Allhau Nr. 307 durch wiederholte Stockhiebe misshandelt. Karoly wurde in der Nacht auf der Straße von Chwojka angetroffen und dafür am Morgen, als er zwecks Einlieferung in ein KZ festgenommen wurde, misshandelt.

Am 26.06.1938 hat Chwojka bei der Verhaftung den Zigeuner Anton Pfeifer in Markt-Allhau Nr. 307 angeblich ohne Ursache 4 Ohrfeigen versetzt. Pfeifer, der damals nach Dachau verschafft werden sollte,konnte durch Chwojka bei der Aktion nicht angetroffen werden und meldete sich erst kurze Zeit später auf dem Gendarmerieposten, wobei er von Chwojka dann misshandelt worden sei. Seine Einlieferung erfolgt noch am gleichen tage mit anderen festgenommenen Zigeunern.

Was mit Alois Karoly und Anton Pfeiffer geschah, lässt sich nicht eindeutig klären, es ist aber anzunehmen, dass sie in Auschwitz ums Leben kamen.
Ernst Chwojka wurde im Juli 1947 von einem Volksgericht zu einer Haftstrafe von sechs Monaten verurteilt, und im September 1947 aus der Haft entlassen (die Untersuchungshat war indie Strafe eingerechnet worden).
Chwojka starb 1949.

Auch die Ehefrau des Gendarmen war während der NS-Zeit in die Misshandlung eines Zigeuners involviert gewesen:„Der frühere SS-Mann Josef Papst, ist dringend verdächtigt, im September 1939 in Markt-Allhau während einer Zigeuneraktion wider dem Zigeuner Franz Karoly vulgo Wildmann, Hilfsarbeiter in Markt Allhau, eine Handlung aus besonders verwerficher Gesinnung, begangen zu haben. Karoly sollte damals zwecks Überführung ins Kontentrationslager verhaftet werden. Er flüchtete aus dem Lager auf ein freies Feld, wo er von der Gendarmenfrau Marie Chwojka angehalten und gestellt wurde. Als sich die Chwojka mit Karoly herumbalgte, kam Papst hinzu und misshandelte mit dem Gewehrkolbenhiebe den Zi-geuner derart, dass diesen dabei mehrere Rippen gebrochen worden sein sollen. Er war damals auch nicht transportfähig und wurde erst im Jahre 1943 in ein KZ eingeliefert.

Auch Franz Karolys weiteres Schicksal ist unklar, auch in seinem Fall liegt aber nahe, dass er in Auschwitz ermordet wurde.

Marie Chwojka wurde nach 1945 wegen ihrer illegalen NSDAP Zugehörigkeit von der Gendarmerie im Zuge der Entnazifierzierungsmaßnahmen registriert. Dass sie aktiv an der Verfolgung von „Zigeunern“ beteiligt war, wurde von der Gendarmerie nicht weiter verfolgt.