Strafbares Gedenken: 9. November 2004 – 3. November 2005

Anlässlich des 66. Jahrestages der Reichspogromnacht am 9. November 2004 begab sich Hannes Bienert, ein stadtbekannter Antifaschist und Mitglied der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes Bund der Antifaschisten (VVN – BdA), mit vier weiteren Bürgern, darunter ein jüdischer Kantor, zum Standort der ehemaligen Wattenscheider Synagoge. An der
Gedenktafel für die zerstörte Synagoge legten sie einen Kranz nieder und gedachten der von den Nazis ermordeten Wattenscheider Juden.

Wenig später ermittelte die Polizei (Abteilung. Staatsschutz) gegen Hannes Bienert wegen dieses Ganges zum Ort der ehemaligen Synagoge. Nach Abschluss der Ermittlungen erfolgte Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft.
Die Bochumer Staatsanwaltschaft sah in dieser nicht angemeldeten Veranstaltung ein strafbares Vergehen nach dem Versammlungsgesetz.

Nach dem Versammlungsgesetz musste dieses Gedenken mit 5 Personen angemeldet werden, bis zu 3 Personen hätte es
keiner Anmeldung bedurft. Nun nahm die Sache ihren weiteren Verlauf. Am 3. November 2005, wenige Tage vor dem 67. Jahrestag der Reichspogromnacht, fand der Prozess gegen Hannes Bienert statt.

Vor Prozeßbeginn protestierten namhafte Bochumer Bürgerinnen und Bürger gegen diesen Prozess. Auch die
Gewerkschaften protestierten. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Bochum und die Stadtverbände der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Bochum und Wattenscheid schrieben einen Protestbrief an die Staatsanwaltschaft
Bochum. Trotz des Protestes fand der Prozess vor dem Amtsgericht Bochum statt.

Hannes Bienert wurde zu einer Geldstrafe von EURO 150,00 oder zu 10 Tagen Haft verurteilt. Viele Prozessbeobachter bezeichneten den Prozess und das Urteil als Skandal. Die Berufung gegen das Urteil wurde von der nächsthöheren Instanz,
dem Landgericht, erst gar nicht angenommen. Das Urteil des Amtsgerichtes ist somit rechtkräftig.

Hannes Bienert muss nicht nur die Geldstrafe, sondern auch die Prozess- und Anwaltskosten bezahlen. Hannes Bienert
steht aber nicht alleine, die Solidarität war und ist groß.

Zum Schluss möchte ich noch aus einer Presseerklärung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten zitieren: ist es unverständlich, dass das Gedenken an die Opfer der Reichpogromnacht als kriminelle
Handlung betrachtet wird.

Quelle
Klaus Kunold