SS-Obergruppenführer u. General der Polizei

* 15.06.1896 in Hildesheim
† 02.07.1975 in Bonn (Bad Godesberg)

Sohn des Gerichtsvollziehers Koppe Robert u. Koppe Franziska geb. Ising

Besuch einer Privatschule in Stolzenau und des Realgymnasiums Harburg-Wilhelmsburg

1914
Abitur

00.10.1914
Freiwilliger beim Schleswig-Holsteinischen Pionier-Bataillon Nr. 9

00.01.1915
Kriegsfreiwilliger in der 2. Feldkompanie Schleswig-Holsteinisches Pionier-Bataillon Nr. 9 ( Westfront)

00.12.1916
Beförderung zum Leutnant der Reserve

00.01.1917 – 00.11.1918
Bataillons-Gas-Offizier des Pionierbataillons Nr. 9 (während der Kämpfe in Flandern verwundet)

00.12.1918
Entlassung aus dem Heeresdienst

1919
Volontär

ab 1919
selbständiger Kaufmann und Inhaber einer Großhandlung für Lebensmittel und Tabakwaren in Harburg

01.09.1930
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 305 584)

00.12.1930 – 00.01.1932
Pressereferent der Ortsgruppe Harburg-Wilhelmsburg der NSDAP

00.01.1931 – 00.10.1932
Beisitzer des Orts-USchlA Harburg-Wilhelmsburg

00.06.1931
Eintritt in die SA

00.06.1931 – 31.12.1931
Angehöriger der SA-Reserve 11/9

02.01.1932
Eintritt in die SS (Mitglieds Nu. 25 955)
(SS Anwärter)

02.01.1932 – 01.09.1932
Führer (m.d.F.b.) des SS-Sturms 1/II/17 (Harburg-Wilhelmsburg)

19.02.1932
SS-Truppführer

01.09.1932
Beförderung zum SS-Hauptsturmführer

01.09.1932 – 01.12.1933
Führer (bis 20.04.1933 m.d.F.b.) der 17. SS-Standarte (Harburg-Wilhelmsburg)

00.10.1932 – 00.11.1933
Beisitzer des Gau-USchlA in Harburg-Wilhelmsburg

08.11.1932
Beförderung zum SS-Sturmhauptführer (mit Wirkung vom 01.09. 1932)

20.02.1933
Beförderung zum SS-Sturmbannführer (mit Wirkung vom 30.01.1933)

24.04.1933
Beförderung zum SS-Standartenführer (mit Wirkung vom 20.04.1933)

1933 - 1945
NSDAP Abgeordneter des Deutschen Reichstages (9. Wahlperiode)

25.11.1933 – 30.08.1934
Führer (bis 20.04.1934 m.d.F.b.) des SS-Abschnitts XVII (Münster)

21.04.1934
Beförderung zum SS-Oberführer (mit Wirkung vom 20.04.1934)

30.08.1934
Beförderung zum SS-Brigadeführer (mit Wirkung vom 23.08.1934)

1934
Mitglied des Sicherheitsdienstes des Reichsführers SS (SD)

30.08.1934 – 15.10.1934
SS-Führer z.b.V. des SS-Oberabschnitts Südwest (mit Wirkung vom 23.08.1934)

15.10.1934 – 01.11.1935
kommissarischer Führer des SS-Abschnittes XXVI (Danzig)

01.11.1935 – 01.10.1936
Stabsführer und Stellvertretender Führer des SS-Oberabschnitts Ost (Berlin),

13. 09.1936
Beförderung zum SS-Gruppenführer

01.10.1936 – 09.10.1936
Führer des SD-Oberabschnitts Elbe (Leipzig, ab Mai 1937 Dresden)

10.10.1936 – 31.10.1936
abgeordnet zur informatorischen Tätigkeit im SD-Oberabschnitt Süd (München)

01.11.1936 – 15.11.1936
abgeordnet zur informatorischen Tätigkeit im SD-Oberabschnitt Südwest (Stuttgart)

08.02.1937 – 01.04.1937
informatorische Tätigkeit im SD-Hauptamt

00.03.1938 – 09.10.1939
Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD für Sachsen (Leipzig), zugleich Leiter der Stapo-
Leitstelle Dresden

27.05.1938 – 1939
Vorsitzender der »Kommission zur geschichtlichen Feststellung der Begebenheiten der Erhebung
des 25. Juli 1934 in Österreich« der SS

09.10.1939 – 26.10.1939
Höherer SS- und Polizeiführer (m.d.W.d.G.b.) Posen

26.10.1939
Ernennung zum Höheren SS- und Polizeiführer (HSSPF) im Warthegau mit Sitz in Posen

26.10.1939 – 09.11.1943
Führer des SS-Oberabschnitts Warthe und Höherer SS- und Polizeiführer beim Reichsstatthalter in Posen im Wehrkreis XXI
(Hauptverantwortlich für die Deportation der Juden ins Ghetto Litzmannstadt und das Vernichtungslager Kulmhof)

00.10.1939 – 1940
Beauftragter des RKF im Warthegau

1940 – 00.01.1944
Ständiger Vertreter des Beauftragten des RKF im Warthegau

Ende Mai/Anfang Juni 1940
Ende Mai/Anfang Juni 1940 organisierte er den Massenmord mittels Gaswagen an 1 558 deutschen und ca. 500 polnischen behinderten Menschen in dem ostpreußischen Durchgangslager Soldau

18.10.1940
Schreiben des Höheren SS- und Polizeiführers Koppe an denSS-Gruppenführer Sporrenberg vom 18.10.1940
»Das mir für besondere Aufgaben unterstellte sogenannte Sonderkommando Lange war in der Zeit vom 21.05. bis 08.06.1940 gemäß der mit dem Reichssicherheitshauptamt getroffenen Absprache nach Soldau in Ostpreußen abkommandiert und hat während dieser Zeit vom Durchgangslager Soldau aus 1558 Geisteskranke evakuiert.«
(Aus diesem Schreiben und dem sich daraus entwickelnden Schriftwechsel ist ersichtlich, daß es sich dabei um die Tötung der aus den ostpreußischen Provinzialheilanstalten in das Lager Soldau überstellten Geisteskranken handelte. Im Verlauf des Ermittlungsverfahrens betreffend die Vorgänge im Durchgangslager Soldau wurde von Zeugen bekundet, daß das Sonderkommando Lange schon damals Gaswagen zur Tötung benutzte.)

10.04.1941
Beförderung zum Generalleutnant der Polizei

30.01.1942
Beförderung zum SS-Obergruppenführer und General der Polizei

18.05.1942
in die Planstelle eines Generals der Polizei eingewiesen (mit Wirkung vom 01.01.1942)

ab 09.11.1943 - 1945
Nachfolger von Friedrich-Wilhelm Krüger (HSSPF) sowie Staatssekretär und Stellvertreter von Hans Frank

09.11.1943 – 20.02.1944
Höherer SS- und Polizeiführer beim Generalgouverneur in Krakau
(20.11.1943 Übernahme der Geschäfte)

09.11.1943 – 1945
Staatssekretär für das Sicherheitswesen und Generalbeauftragter für die Rüstung beim Genera gouverneur für die besetzten polnischen Gebiete (Krakau)

01.07.1944
General der Waffen-SS und der Polizei

11.07.1944
erfolgloses Attentat auf Koppe

1945
Befehlshaber des Sonderstabs bei der Heeresgruppe Weichsel

20.04.1945 - 08.05.1945
Höherer SS- und Polizeiführer (m.d.W.d.G.b.) und Führer (m.d.F.b.) des SS-Oberabschnitts Süd (im Wehrkreis VII) (PC München)

nach 1945
lebte unter dem Namen »Wilhelm Lohmann« als Direktor der Sarotti Schokoladenfabrik in Bonn
(Er ließ kurz vor dem Zusammenbruch im April 1945 für sich und seine Familie Personalausweise mit geänderten Namen, Geburtsdaten und Geburtsorten ausstellen. Auf diese Weise gelang es ihm - im Gegensatz zu vielen seiner Untergebenen, die eine solche Möglichkeit nicht hatten - bei Kriegsende unterzutauchen und bis 1960 unentdeckt zu bleiben. (Bei seiner Vernehmung am 02.02.1960 erklärte er auf Fragen des Staatsanwalts, er halte die Namensänderung und die Verwendung der ihm auf seine Anregung ohne große Formalitäten ausgestellten Kennkarte mit den geänderten Personalien für korrekt und rechtsgültig. Immerhin räumte er ein, es liege »in der Natur der Sache, daß die Namensänderung eine vorbeugende Maßnahme für den Fall eines verlorenen Krieges war«.)

30.12.1960
aufgrund einer anonymen Anzeige auf offener Straße in Bonn verhaftet

30.12.1960 – 1962
Untersuchungshaft

1961
Einleitung eines Strafverfahrens
(1961 machte Eichmann in seinem in Israel stattfindenden Prozess belastendende Aussagen gegen Koppe, die an die Staatsanwaltschaft Bonn übermittelt wurden)
(Landgericht Bonn 8 Js 52/60, Anklageschrift gegen Wilhelm Koppe wegen Beihilfe zum Mord)

19.04.1962
gegen Zahlung einer Kaution von DM 30.000 freigelassen)

10.09.1964
Gegen den ranghöchsten der einer Beteiligung an Massenmorden in Chelmno Verdächtigen, den früheren SS-Obergruppenführer und General der Polizei Wilhelm Koppe, erhob die Staatsanwaltschaft Bonn am 10. September 1964 Anklage wegen mehrerer Straftaten, die er nach dem Ergebnis der Ermittlungen in seiner Eigenschaft als Höherer SS- und Polizeiführer im Reichsgau Wartheland zwischen 1940 und 1943 und im Generalgouvernement ab November 1943 begangen haben soll. Unter anderem wurde ihm zur Last gelegt, in der ersten Lagerperiode des Vernichtungslagers Chelmno Beihilfe zum Mord an 145000 Menschen geleistet zu haben. Wegen einer Erkrankung des Angeklagten und seiner dadurch bewirkten Verhandlungsunfähigkeit wurde das Verfahren zunächst ausgesetzt. Durch Beschluß vom 25. August 1966 lehnte das Landgericht Bonn die Eröffnung des Hauptverfahrens endgültig ab, da Koppe nach den übereinstimmenden Gutachten mehrerer Ärzte auf Dauer verhandlungsunfähig und eine Besserung des Gesundheitszustandes des zu diesem Zeitpunkt 70jährigen nicht mehr zu erwarten war.' Der wesentliche Tatbeitrag Koppes an den Massenmorden in Chelmno wird darin gesehen, daß er die Befehle zur Abordnung von Angehörigen der Geheimen Staatspolizei, der Ordnungspolizei (Schutzpolizei) und der Umwandererzentrale Lodz zu dem im Vernichtungslager eingesetzten Sonderkommando gegeben haben soll. Es entsprach der Aufgabe eines Höheren SS- und Polizeiführers, bei gemeinsamen Einsätzen von Sicherheitspolizei und Ordnungspolizei die Befehlsgewalt auszuüben. Aus den vorhandenen urkundlichen Beweismitteln ist festzustellen, daß sich Koppe vor allem um die personelle Ausstattung und die wirtschaftlichen Belange des Sonderkommandos Chelmno gekümmert hat. Daß sich sein persönliches Engagement und seine Einflußnahme darüber hinaus auch unmittelbar auf die Art, den Umfang und den Zeitpunkt der Massentötungen in Chelmno erstreckt hatten, läßt sich bisher mit letzter Sicherheit nicht feststellen. Von seiner Funktion her war ihm eine solche Einflußnahme sicherlich möglich.

1966
Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft Bonn aus gesundheitlichen Gründen (»geistiger Verfall«)

Die Bundesregierung lehnte einem polnischen Auslieferungsersuchen ab

Beerdigt: Bad Godesberg, Friedhof Rüngsdorf. Abt 1-Grab 333/334
(er liegt hier neben seiner Frau Käthe geb. Lohmann, am 20.09.1980 gestorben, begraben)

Auszeichnungen
Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
Mecklenburgisches Militärverdienstkreuz II. Klasse
Verwundetenabzeichen (1918) in Silber
Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938
Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP am 30. Januar 1943.
Spange zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse
Kriegsverdienstkreuz (1939) II. und I. Klasse mit Schwertern
Gauehrenzeichen des Reichsgaues Wartheland für Verdienste im Volkstumskampf
Ehrendegen des Reichsführers SS
Totenkopfring der SS

12.11.1939
In einem Rundschreiben gibt Wilhelm Koppe, höherer SS- und Polizeiführer in Warthe, am 12.11.1939 den Beginn der Deportationen von Polen und Juden ins Generalgouvernement in nüchtern-bürokratischen Sätzen bekannt. Die brutale Abschiebeaktion dient u.a. dem langfristigen Ziel der NS-Führung, die eroberten polnischen Gebiete in deutsches Siedlungsgebiet zu verwandeln. Zu diesem Zweck sollen "Volksdeutsche" - deutsche Volkszugehörige, die im Ausland leben - angesiedelt werden.


1) Der Reichsführer-SS und Chef der deutschen Polizei hat in seiner Eigenschaft als Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums angeordnet, dass aus den ehemals polnischen Gebieten, die nunmehr zum Reich gehören

a) alle Juden und

b) alle diejenigen Polen abgeschoben werden, die entweder zur Intelligenz gehören oder aber aufgrund ihrer nationalpolnischen Einstellung eine Gefahr für die Durchsetzung und Festigung des Deutschtums darstellen können. Kriminelle Elemente sind diesen gleichzustellen.

Ziel der Abschiebung ist:

a) die Säuberung und Sicherung der neuen deutschen Gebiete,

b) die Schaffung von Wohnungen und Erwerbsmöglichkeiten für die einwandernden Volksdeutschen.

Diesen Zielen muss die Evakuierungsaktion unbedingt entsprechen, grundsätzlich ohne Rücksicht auf alle Belange sonstiger Art.

2) Auf Grund einer Besprechung beim Generalgouverneur in Krakau erstreckt sich der Abtransport aus dem ⟩Warthe-Gau⟨ für die Zeit vom 15. 11. 1939 - 28. 2. 1940 auf zunächst 200 000 Polen und 100 000 Juden.

3) Als Unterbringungsraum für die von hier aus Abgeschobenen sind die Bereiche südlich Warschaus und Lublins bestimmt.

4) Es sind im Rahmen dieser Erstaktion abzuschieben aus den Landkreisen alle Juden, außerdem aus den kleinsten Kreisen mindestens 2000 Polen, aus den größeren eine entsprechend höhere Zahl ...

Die Säuberung und Sicherung des Bereichs ist mit allen Konsequenzen erst dann erreicht, wenn die geistig führende Schicht, die gesamte Intelligenz sowie alle politischen und kriminellen Elemente entfernt sind. Alle bewusst politisch fühlenden Personen sind gleichfalls abzuschieben. Bei der Intelligenz braucht der Tatbestand der politischen oder deutschfeindlichen Betätigung nicht gegeben zu sein. Darüber hinaus muss der Gesichtspunkt von Wohn- und Arbeitsplätzen für die einwandernden Reichs- und Volksdeutschen in jeder Hinsicht berücksichtigt werden ..."

Verantwortlich für die Ermordung der Insassen (Pflegepersonal)
Irrenanstalt in Owinska
Irrenanstalt in Koscian
Irrenanstalt in Kochanówka (in der Nähe von Lodz)
Irrenanstalt in Warta (nahe Sieradz)
Irrenanstalt in Srem
Irrenanstalt in Gniezno (Dziekanka)
Jüdisches Krankenhaus in Kalisz
Armenhaus in Srem
Sozialhilfestation in Poznan (Posen)
Nervenheilanstalt in Gostynin
Arbeitshaus (Armenhaus) in Bojanowo
Krankenhaus in Dzialdowo (Soldau) in Pommern