SS-Obersturmführer u. Anthropologe

* 10.03.1912 in Töttleben (Erfurt)
† 30.01.1992 in
Frankfurt am Main

Studium an der Universität Jena und der Ludwig-Maximilians-Universität München

1935
promovierte 1935 in München und war danach Assistent von Theodor Mollison

1937
Eintritt in die SS (SS Mitglieds Nu. 307 399)

ab 1937
Assistent am Rassenbiologischen Institut in Tübingen

1940
Eintritt in die NSDAP (Mitglieds Nu. 7 501 920)

00.06.1941 - 00.10.1942
Abteilungsleiter der “Außenstelle Litzmannstadt des Rasse- und Siedlungshauptamtes”

Meldeanschrift 1942
Fleischhacker Hans Dr. phil., Assistent, Tübingen Staufenstraße 18/1

00.10.1942 – 00.03.1943
Kommandierung zum »Sonderkommando K« [Kaukasus] der Waffen-SS

22.05.1943
In einem Schreiben des Reichsgeschäftsführers des „Ahnenerbes“, Obersturmbannführer Wolfram Sievers, an SS-Obersturmbannführer Rudolf Brandt vom persönlichen Stab des Reichsführers SS vom 22.5.1943 betreffs „Auswertung der anthropologischen Untersuchung von russischen Kriegsgefangenen“ heißt es:
„Mit Prof. Abel müßte vereinbart werden, wie lange die Anthropologen eingesetzt werden müssen. Nachdem jetzt der Zutritt zum Lager Auschwitz wieder möglich ist, könnten diese Anthropologen außerdem noch die Untersuchungen dort für die Ihnen bekannte Sammlung an 150 Personen durchführen. Da jetzt in Auschwitz, wie mir SS-Obersturmbannführer Eichmann mitteilte, zur Zeit besonders geeignetes Material vorhanden ist, wäre der Zeitpunkt für diese Untersuchungen besonders günstig.“

1943
SS-Standartenführer u. "Ahnenerbe"-Generalsekretär Wolfram Sievers entsandte die Anthropologen Beger und Fleischhacker von Berlin ins Konzentrationslager
Auschwitz. Beger kam am 7. und Fleischhacker am 11. Juni 1943 dort an.
Dort "bearbeiteten" die beiden Rassenforscher 115 mongoloid erscheinende Zigeuner, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene -- "79 Juden, zwei Polen, vier Innerasiaten und 30 Jüdinnen." Nach der Schädel-Aktion reisten die beiden Meßtechniker nach Berlin zurück. Die KZ-Insassen wurden in das Lager Natzweiler im Elsaß transportiert und dort vergast. Ihre Leichen landeten Im Anatomie-Institut von SS-Hirt.
86 Mordopfer können Namentlich nachgewiesen werden, (19 Frauen und 26 Männer aus Griechenland, 23 Männer und drei Frauen aus Deutschland, sechs Frauen aus Belgien, vier Männer aus Polen, zwei aus den Niederlanden, zwei Männer aus Frankreich und einer aus Norwegen)

Die Leichen werden in die Reichsuniversität Strassburg gebracht und dort in der Anatomie des SS-Hauptsturmführers Professor Hirt in Behältern gelagert, weil der Vormarsch der Amerikanischen Streitkräfte die Museumspläne des Ahnenerbes verzögert. Die Mörder geraten in Panik. Hirt lässt das Zahngold herausbrechen, die Köpfe abtrennen und im Krematorium der Stadt verbrennen, die Innereien entfernen und alle Körper in vier Teile zerlegen. In diesem Zustand finden die Alliierten die Leichen am 23. November 1944. Drei Wochen danach beginnt die französische Militärjustiz mit ihren Nachforschungen. Ihr gelingt es in mühevollen Ermittlungen, den Tatort und die ungefähren Umstände des Verbrechens herauszufinden.

24.06.1943
Brief Beger an seinen Vorgesetzten Ernst Schäfer vom 24. Juni 1943
Über meine Auschwitzer Eindrücke muss ich Dir noch mündlich im Einzelnen berichten. Mein Kollege Gabel wird jeden Tag zurückkommen. Ich bin gespannt, ob er alle 26 Köpfe in der kurzen Zeit abformen konnte. Außerdem haben wir zwei Usbeken, einen usbekisch-tadschikischen Mischling und einen Tschuwaschen aus der Gegend von Kasan vermessen und abgeformt. Es handelt sich um sehr gute Typen, Übergangsglieder nach Inner- und Ostasien. Der eine Usbeke, ein großer gesunder Naturbursche hätte ein Tibeter sein können. Seine Sprechweise, seine Bewegungen und seine Art sich zu geben, waren einfach entzückend, mit einem Wort: Innerasiatisch. Der Tschuwasche ist meiner Einschätzung nach ein mehr chinesischer Typ.

S 2/He GEHEIME REICHSSACHE
Betr.: Aufbau einer Sammlung von Skeletten.
Unter Bezugnahme auf dortiges Schreiben vom 25.9.1942 IV B 4 3576/42 g 1488 und die zwischenzeitlich in obiger Angelegenheit geführten persönlichen Besprechungen wird mitgeteilt, dass der mit der Ausführung obigen Sonderauftrages beauftragte Mitarbeiter der hiesigen Dienststelle, SS-Hauptsturmführer Dr. Bruno Beg., die Arbeiten am 15.6.1943 im KL Auschwitz wegen der bestehenden Seuchengefahr beendet hat.
Insgesamt wurden 115 Personen, davon 79 Juden, 2 Polen, 4 Innerasiaten und 30 Jüdinnen bearbeitet. Diese Häftlinge sind z.Zt. getrennt nach Männern und Frauen in je einem Krankenbau des KL. Auschwitz untergebracht und befinden sich in Quarantäne.
Zur weiteren Bearbeitung der ausgesuchten Personen ist nunmehr eine sofortige Überweisung an das KL Natzweiler erforderlich, was mit Rücksicht auf die Seuchengefahr in Auschwitz beschleunigt durchgeführt werden müsste. Ein namentliches Verzeichnis der ausgesuchten Personen ist beigefügt.
Es wird gebeten, die entsprechenden Anweisungen zu erteilen.
Da bei der Überweisung der Häftlinge nach Natzweiler die Gefahr der Seucheneinschleppung besteht, wird gebeten, umgehend zu veranlassen, dass seuchenfreie und saubere Häftlingskleidung für 80 Männer und 30 Frauen von Natzweiler nach Auschwitz gesandt wird.
Gleichzeitig müsste dafür Sorge getragen werden, für die 30 Frauen kurzfristig im KL. Natzweiler Unterbringungsmöglichkeit zu schaffen.
Sievers
SS-Standartenführer

00.05.1945
Mai 1945 wurde Fleischhacker als SS-Obersturmführer von der US-Armee im tschechischen Karlsbad gefangengenommen

25.10.1945
am 25. Oktober 1945 ist er auf Befehl der französischen Militärregierung “mit sofortiger Wirkung” aus dem Dienst der Universität Tübingen entlassen worden.
Zu dieser Zeit befand er sich in amerikanischer Gefangenschaft, zunächst in Karlsbad, dann in Langwasser bei Nürnberg. Schließlich saß er von Dezember 1947 an im französischen Internierungslager Balingen unweit von Tübingen ein.

1948
1948 wurde er von einer Spruchkammer als Mitläufer eingestuft

00.03.1948
März 1948 wurde er in einem “Außendienstkommando” des Internierungslagers Balingen beim Landessuchdienst für Kriegsgefangene und Vermisste eingesetzt, einer Dienststelle des Innenministeriums Südwürttemberg-Hohenzollern in Tübingen.

1948
1948 nach Tübingen zurückgekehrt, bemühte sich der 36-Jährige sofort um eine Wiederanstellung an der Universität, wo ihm ebenso wie seinem alten Chef und Förderer Wilhelm Gieseler wegen der Mitgliedschaft in NS-Organisationen gekündigt worden war. Zudem war in den Jahren der Internierung seine Lehrbefugnis erloschen. „Es mangelte ihm nicht an Fürsprechern. Angesehene Tübinger Persönlichkeiten sowie zahlreiche Universitätsangehörige seien bereit gewesen, dem SS-Wissenschaftler die Rückkehr an die Universität zu erleichtern und ihm „Persilscheine für das Entnazifizierungsverfahren auszustellen, darunter die Tübinger NS-Rassenideologin Sophie Ehrhardt.

1950
Ab 1950 arbeitete er als Sachverständiger für Vaterschaftsgutachten der Deutschen Gesellschaft für Anthropologie und als Assistent am Institut für Vererbungswissenschaft der Universität Frankfurt am Main.

1956 - 1959
von 1956 bis 1959 Gastforscher an der Universität von El Salvador

00.01.1960 - 00.10.1961
Assistent am Tübinger Anthropologischen Institut

00.05.1968
Mai 1968, als mit der Anklageschrift in Sachen "Ahnenerbe" Fleischhackers Forscher-Fleiß im Detail an den Tag kam, wurde der Dozent von der Lehrtätigkeit suspendiert. Nach dem rechtskräftigen Freispruch im März letzten Jahres aber mußte das Wiesbadener Kultusministerium den NS-Anthropologen wieder in alle früheren Rechte einsetzen -- nebst Anhebung zum Professor der Besoldungsgruppe H 2 nach einem hessischen Überleitungsgesetz aus dem Jahre 1970. Die disziplinarische Untersuchung wurde eingestellt.
Frankfurts Biologie-Dekan Lange beklagt nun, "daß das Kultusministerium ohne jede Konsultation mit dem Fachbereich" gehandelt und "die Tragweite des Falles offenbar überhaupt nicht erfaßt" habe. Lange: "Man kann doch zum Mißbrauch einer biologischen Wissenschaft in so ungeheuerlicher Weise nicht schweigen."
Ende April beschloß die Fachbereichskonferenz Biologie einstimmig, Fleischhacker solle seinen Lehrbetrieb vorläufig aufgeben und sich einem Hearing stellen. Zwei Stunden lang verteidigte sich der neue Professor vor Kollegen, Assistenten und Studenten wie seinerzeit vor den Geschworenen: Er habe nur an "wissenschaftlichen Objekten" gearbeitet und von schlimmen Dingen erst während des Prozesses gehört.
Fachbereichs-Vorsteher Lange resümierte das "unzulängliche Ergebnis" der Anhörung: "Wir hätten erwartet, daß der Betroffene klare Worte der Distanzierung findet. Daß er wenigstens nachträglich von dem Grauenvollen abrückt und die Gefährdung akzeptiert, in die ein Wissenschaftler kommen kann, wenn er nicht ständig und bewußt über die Konsequenzen seines Tuns nachdenkt."
Weil Fleischhacker keine Anstalten machte, seine Vorlesungen (Dekan Lange: "Als Einführung in die Problematik des Fachs von besonderem Gewicht") aufzukündigen, tagte die Fachbereichskonferenz ein zweites Mal. In geheimer Abstimmung wurde beschlossen, eine Parallel-Veranstaltung zur Fleischhacker-Pflichtvorlesung einzurichten, "damit Hörer, die ihn ablehnen, im Studienfortgang nicht behindert werden" (Lange).
Mit einem weiteren Beschluß wurde Kultusminister Ludwig von Friedeburg unterrichtet, daß gegen Fleischhackers Lehrtätigkeit "außerordentliche moralische Bedenken" bestünden und eine Fortführung "den inneren Frieden des Fachbereichs gefährden" würde.
Friedeburgs Ministerial-Juristen sind zwar "unglücklich über die persönliche Motivation Herrn Fleischhackers, Vorlesungen halten zu wollen", können ihm aber das Lehrrecht nicht beschneiden. Anwalt Plagemann warnt vorsorglich: "Es widerspricht rechtsstaatlichen Prinzipien, die Vorwürfe erneut aufzugreifen und Herrn Fleischhacker deswegen Nachteile in Aussicht zu stellen."
Der Professor, dessen Lehrveranstaltungen von den Studenten beharrlich boykottiert werden: "Ich sehe keinen Anlaß, meine Arbeit einzustellen."

27.10.1970
am 27. Oktober 1970 wurde gegen Bruno Beger und gegen Hans Fleischhacker vor dem Frankfurter Landgericht der Prozess wegen Beihilfe zum Mord in 115 Fällen eröffnet.

05.03.1971
am 5. März 1971 vom Landgericht Frankfurt freigesprochen

Privatdozent in Frankfurt
Professor der Frankfurter Universität