Ghetto

Litauen, Region Aukštaitija, District Birzai, County Panevėžys

Birzai liegt am Širvenos-See und ist als traditionelle Bierbrauerstadt bekannt. 1804 wurde die Stadt an die Grafen Tiškevičius verkauft, die hier im 19. Jahrhundert ein bis heute gut erhaltenenes Schloss errichten ließen.

1897 hatte Birzai 4413 Einwohner - 1255 Katholiken, 581 Protestanten und 2510 Juden.
1934 lebten in Birzai 3 000 Juden

Drei der 12 Stadträte waren Juden.
In Birzai gab es Hebräische und Jiddische Schulen. Die meisten Juden verdient ihren Lebensunterhalt mit dem Handel von Holz und Flachs mehrere Webereien und Spinnereien waren in jüdischem Besitz.

1931 gab es 80 Handwerker, davon 63 Juden: 8 Schneider,8 Fleischer, 6 Wollverarbeiter, 6 Schuhmacher, 4 Bäcker, 4 Perückenmacher, 2 Sattler, 1 Gerber,
1 Kupferschmied, und 20 andere. Sie waren in der Vereinigung der jüdischen Handwerker organisiert.

An jüdischen Fürsorgeeinrichtungen gab es “Gemiluth Khesed“, die Kleinkredite ohne Zinsen verliehen; “Linath HaTsedek“ (Hilfe für die Kranken), “Moshav Zekeinim“ (Altenheim), “Maskil el Dal“, “Lekhem Aniyim“ (Brot für die Armen).

Die “OZE“-Organisation, die sich hauptsächlich mit Vorsorgemedizin für jüdische Schulkinder befasste, hatte eine Klinik in Birzai und behandelte auch Kinder aus der Umgebung.

Zu Beginn der Dreißiger Jahre arbeiteten 2 jüdische Ärzte (von insgesamt 3), 2 jüdische Anwälte (dazu 2 nicht jüdische) und 2 jüdische Ingenieure (sowie ein nicht jüdischer) in der Stadt.

Die Verfolgung der Juden begann mit dem ersten Tag des deutschen Einmarsches. Das erste Opfer war Doktor Avraham-Zalman Levin.

Unter dem Vorwand einen kranken Patienten zu besuchen, holten zwei Litauer ihn aus dem Haus und einer erschoss und tötete ihn.

Motl Beder wurde erschossen, als er Rabbi Bernshtein verteidigte. Der wurde ermordet, als er seine Gemeinde schützen wollte. Der junge Arzt Aptakin versuchte sich im Wald zu verstecken; litauische Nationalisten fanden und ermordeten ihn.

Anwalt Kirshon fand mit seiner Familie bei vermeintlich befreundeten Litauern Asyl, die die ganze Familie aber der Polizei übergab, die sie ermordeten.

Der örtliche “Shokhet“ (Schächter) wurde mit seinem Bart an den Schweif eines Pferdes gebunden und durch die Stadt zu Tode geschleift.

Einen Monat nach dem Einmarsch der Deutschen, am 26.Juli 1941, wurde allen Juden befohlen ihre Häuser zu verlassen, und in ein Ghetto in schäbigen Gassen rund um die Synagoge und die Beith Midrash zu ziehen.
Fortwährend wurden jüdische Männer von der Polizei verhaftet, zum jüdischen Friedhof oder anderen Stellen der Stadt oder der Umgebung gebracht und erschossen.
Am 8. August 1941 begann für die Mörder der Birzaier Juden die Endphase. An diesem Tag wurden Männer, Frauen und Kinder in Gruppen von 100-200 Personen zum Astrava Wald, 3,5 km nördlich von Birzai geführt, ungefähr 1,5 km auf der Strasse nach Paroveja.
Dort waren am Rand des Waldes zwei Gruben, 20 und 30 Meter lang und 2 Meter breit, vorbereitet. 500 jüdische Männer hatten sie vorher unter Zwang ausgegraben.
Den Opfern wurde befohlen ihre Oberbekleidung abzulegen und sich an die Grube zu knien, sie wurden hineingestoßen und erschossen.
Wo es immer noch Lebenszeichen gab, wurde erneut mit der Pistole erschossen.
Das Massaker fand von 11:00 Uhr bis 19:00 Uhr am Abend statt. Ein örtlicher Litauer mit einem gelben Bart (Jonas Kairys) zeichnete sich durch Brutalität während des Massakers aus. Die Mörder teilten die geraubten jüdischen Wertsachen unter sich auf. Nur die teuren Dinge wurden den Deutschen gegeben. Danach gingen sie singend zurück in die Stadt.
An diesem Tag, dem 8. August 1941 wurden 2400 jüdische Menschen aus Birzai, darunter 900 Kinder, erschossen

Eine Sonderkommission der Regierung stellte in einem Bericht am 25.Mai 1945 fest, dass die Anzahl der jüdischen Opfer in den zwei je 2.5 m tiefen Gruben 2400 beträgt, davon 900 Kinder.
In einer dritten, etwas kleineren Grube, fand man die Leichen von 90 von den Deutschen ermordeten Litauern.
Dreißig weitere Juden wurden auf dem jüdischen Friedhof in offenen Gruben gefunden. Allen wurde in den Kopf geschossen.

Nach dem Krieg wurde das Gelände umzäunt und ein Denkmal aufgestellt. Eine Inschrift auf litauisch und russisch lautet:
Hier liegen 3000 Sowjetbürger, die 1941 von Hitlers Faschisten erschossen wurden.
Anfang der 90'er Jahre (mit Abzug der Roten Armee) wurde die Gedenktafel ausgetauscht und der neue Text auf litauisch und jiddisch lautet : An diesem Ort ermordeten am 8. Juli 1941 Hitlers Mörder und ihre Helfer 2400 Juden- Männer, Frauen, Kinder und etwa 90 Litauer.

Wenige junge Juden schafften es in die UdSSR zu flüchten.Sie kämpften in der Roten Armee. Ein paar überlebten.