B I.

Seine persönlichen Verhältnisse

Der am 10.März 1897 in Berlin als Sohn eines Lageristen geborene Angeklagte Stadie besuchte die Volksschule in Berlin, ohne sitzenzubleiben. Nach der Schulentlassung arbeitete er zunächst als Bote, später bei dem jüdischen Arzt Prof. Dr. Bernstein, der in Berlin eine Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten hatte. Hierdurch erwarb er sich Kenntnisse in der Krankenpflege.

Nach dem Ausbruch des 1.Weltkrieges wurde er im August 1914 Soldat. Er kam auf eine Sanitätsschule. Später wurde er zum Sanitätsunteroffizier und schließlich zum Sanitätsfeldwebel befördert.
Nach dem Ende des Krieges ging der Angeklagte nach Breslau und heiratete hier. Nachdem er viele Jahre arbeitslos gewesen war, fand er 1927 bei einer Städtischen Heilanstalt in Berlin eine Anstellung als Krankenpfleger.

Im Jahre 1933 trat er in die NSDAP und in die SA ein. In der SA erreichte er den Rang eines Rottenführers. Kurz vor Ausbruch des 2.Weltkrieges wurde er zur Wehrmacht einberufen. Er machte den Polen- und den Frankreichfeldzug mit und wurde anschließend als Sanitätsfeldwebel entlassen. Nach seiner Entlassung wurde er 1940 mittels eines Einschreibens zur Kanzlei des Führers in Berlin bestellt. Hier meldete er sich bei dem Oberdienstleiter Viktor Brack, in dessen Hauptabteilung II auch Gnadentod-Angelegenheiten bearbeitet wurden. Er wurde mit seiner neuen Aufgabe vertraut gemacht und musste eine schriftliche Verpflichtungserklärung für die Euthanasie unterschreiben. Als Angehöriger der Gemeinnützigen Stiftung für Anstaltspflege kam er zur Heilanstalt Bernburg. Seine Aufgabe war es, Transporte von Geisteskranken aus Halle/Saale, Neuruppin und Eberswalde nach Bernburg zu bringen, wo sie getötet wurden. In Bernburg lernte Stadie den dort tätigen Arzt Dr. Eberl kennen, der später der erste Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka wurde.
Nach der Beendigung dieser Aufgabe kam Stadie im Rahmen einer von der Gemeinnützigen Stiftung für Anstaltspflege gesteuerten Aktion zur Organisation Todt (OT). Er wurde als Sanitäter einer OT-Einheit im Winter 1941/1942 in Russland eingesetzt. Nach diesem Einsatz wurde er zu T4 nach Berlin zurückbeordert und Mitte 1942 von hier nach Lublin in Marsch gesetzt. In Lublin blieb er drei Wochen lang. Dann wurde er dem Vernichtungslager Treblinka zugeteilt, dessen Kommandant damals Dr. Eberl war. Unter Dr. Eberl verbrachte Stadie etwa 2 Monate in Treblinka. Er blieb hier schließlich bis Juli 1943 und wurde dann in das mit Juden belegte Arbeitslager Lublin versetzt.
Im August 1943 kam er zusammen mit Christian Wirth nach Italien. Hier wurde er bei der Erfassung der nach Deutschland zu transportierenden Juden und bei der Sicherung und Bewachung strategisch wichtiger Straßen eingesetzt.

Bei Kriegsende geriet er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Noch im Jahre 1945 wurde er aus dem Gefangenenlager Weilheim nach Düsseldorf entlassen. Von Düsseldorf verzog er nach Duisburg und von dort schließlich im Jahre 1946 nach Nordenau im Sauerland. In Nordenau arbeitete er als Privatpfleger und als Verkäufer in einem Andenkengeschäft. Seit 1962 ist er Rentner.

Stadie trat in der Zeit des Nationalsozialismus aus der evangelischen Kirche aus.

Von seiner Ehefrau lebt er seit dem Kriegsende getrennt. Aus seiner Ehe sind Kinder nicht hervorgegangen.