Winniza

Zwangsarbeitslager für Juden

Bezeichnung

Gebiet
Reichskommissariat Ukraine, Generalbezirk Shitomir

Eröffnung
Dezember 1941

Schließung
April 1944

Deportationen

Häftlinge

Geschlecht
Frauen,Männer und Kinder

Einsatz der Häftlinge bei
OT; Auftragsfirmen für die OT waren Firma Bunz, Firma Mehlmach, Firma Pack, Firma Senk

Art der Arbeit
Gleisbau

Bemerkungen


Bericht Major Rösler

Bericht des Majors Rösler an seine vorgesetzte Dienststelle

z.Z. Kassel, den 03.01.1942
Major Rösler

Bericht:
Die mir vom Infanterie-Ersatz Regiment 52 vorgelegte Angelegenheit „Verhalten gegenüber der Zivilbevölkerung imOsten“ gibt mir Veranlassung, das Folgende zu berichten:

Ende Juli 1941 befand sich das damals von mir geführte Infanterie-Regiment 52 auf dem Wege von Westen nach Shitomir, wo es eine Rastunterkunft beziehen sollte. Als ich mit meinem Stab am Nachmittag des betreffenden Ankunftstages mein Stabsquartier bezogen hatte, hörten wir aus nicht allzu weiter Entfernung, in regelmäßigen Abständen Gewehrsalven, denen nach einiger Zeit Pistolenschüsse folgten. Ich beschloß, dieser Erscheinung nachzugehen und begab mich mit Adjutant und Ordonnanzoffizier (Oberleutnant von Bassewitz und Leutnant Müller-Bradmann) in Richtung des Gewehrfeuers auf die Suche. Wir bekamen bald den Eindruck, daß sich hier ein grausames Schauspiel abspielen müsse, denn nach einiger Zeit sahen wir zahlreiche Soldaten und Zivilpersonen einem vor uns liegenden Bahndamm zuströmen, hinter dem, wie man uns meldete, laufend Erschießungen vorgenommen wurden. Während der ganzen Zeit konnten wir über den Bahndamm zunächst nicht hinwegsehen, hörten jedoch immer nach einem gewissen Zeitraum den Ton einer Trillerpfeife und danach eine etwa 10-läufige Gewehrsalve, an die sich nach einiger Zeit Pistolenschüsse anreihten. Als wir schließlich den Bahndamm erklettert hatten, bot sich jenseits dieses Dammes ein Bild, dessen grausame Abscheulichkeit auf den unvorbereitet Herantretenden erschütternd und abschreckend wirkte. In die Erde war ein etwa 7-8 Meter langer, vielleicht 4 Meter breiter Graben eingezogen, dessen aufgeworfene Erde auf der einen Seite aufgeschichtet war. Diese Aufschichtung und die darunter liegende Grabenwand waren vollständig mit Strömen von Blut besudelt. Die Grube selbst war mit zahlreichen, schwer abzuschätzenden menschlichen Leichen aller Art und jeden Geschlechts gefüllt, so daß ihre Tiefe nicht geschätzt werden konnte. Hinter dem aufgeschütteten Wall stand ein Kommando Polizei, das von einem Polizeioffizier befehligt wurde. Die Uniformen dieses Kommandos wiesen Blutspuren auf. Im weiten Umkreis ringsherum standen unzählige Soldaten dort bereits liegender Truppenteile, teilweise in Badehosen, als Zuschauer, ebenso zahlreiche Zivilisten mit Frauen und Kindern.
Ich habe mir daraufhin durch ganz dichtes Herantreten an den Graben ein Bild verschafft, das ich bis heute nicht vergessen konnte. Unter anderem lag in diesem Grab ein alter Mann mit einem weißen Vollbart, der über seinem linken Arm noch ein kleines Spazierstöckchen hängen hatte. Da dieser Mann noch durch seine stoßweise Atemtätigkeit Lebenszeichen von sich gab, ersuchte ich einen der Polizisten, ihn endgültig zu töten, worauf dieser mit lachender Miene sagte: „Dem habe ich schon siebenmal was in den Bauch gejagt, der krepiert schon von alleine.“ Die in dem Graben liegenden Erschossenen wurden nicht besonders zurecht gelegt, sondern blieben so, wie sie nach dem Schuß von der Grabenwand heruntergefallen waren. Sämtliche dieser Leute wurden durch Nackenschüsse erledigt und anschließend von oben her mit Pistolenschüssen abgefangen.
Ich habe durch meine Teilnahme am Weltkriege sowie dem französischen und russischen Feldzug dieses Krieges keineswegs eine übertriebene Verweichlichung meines Gemütes erfahren, habe auch durch meine Betätigung in den Freiwilligenformationen des Jahres19 manches mehr als Unerfreuliche erlebt, ich kann mich jedoch nicht entsinnen, jemals einer solchen Szene, wie der geschilderten beigewohnt zu haben.
Ich erwähne noch, daß nach Aussagen von Soldaten, die sich diese Hinrichtungen öfters ansahen, täglich mehrere Hunderte erschossen worden sein sollen.

Gezeichnet Rösler

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