Frankfurt am Main (Kruppstraße 100 und 102)

Zwangslager für Sinti und Roma


Das Zwangslager Kruppstraße 1942-1945

Bezeichnung:

Gebiet:
Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Kreisfreie Stadt Frankfurt am Main

Eröffnung: Oktober 1942

Schließung: März 1945

Im Frühjahr 1942 bestimmte die Stadt Frankfurt ein Gelände in der Kruppstraße als neuen Standort des Zwangslagers für Sinti und Roma.
Das Grundstück trägt heute die Adressen Kruppstraße 100 und 102 und liegt im Industriegebiet nahe dem jetzigen Hessen-Center.
Der vorherige Standort des Zwangslagers in der Dieselstraße musste 1942 aufgeben und an die Firma Matra abgetreten werden, da sie es für kriegswichtige Produktionszwecke beanspruchte.
Ab Oktober 1942 wurde dann das Zwangslager Kruppstraße zur Internierung der Sinti und Roma aus Frankfurt und anderen hessischen Gebieten benutzt.
Das Lager war ebenso wie das in der Dieselstraße von einem Zaun umgeben. Es hatte eine Fläche von 4.200 Quadratmetern, war also kleiner als das in der Dieselstraße, welches zuletzt 6.000 Quadratmeter Fläche gehabt hatte.

Ebenso wie im Lager Dieselstraße stand auch im Zwangslager Kruppstraße ein Wachhaus für den Dienst des Lageraufsehers. Das Haus hatte vier Räume, ab 1944 wohnte Aufseher Johannes Himmelheber sogar dort.

Ebenso wie im Lager Dieselstraße standen den Sinti und Roma im Lager Kruppstraße zum Wohnen nur Wagen (teilweise Bau- und Möbelwagen) zur Verfügung.
Lediglich die Toiletten waren in einer festen Baracke untergebracht. Ab 1942 verschlechterten sich die arbeits- und sozialrechtliche Stellung der Sinti und Roma erheblich. Die Lagerinternierten wurden tagsüber in kriegswichtigen Betrieben zu schwerer körperlicher Arbeit herangezogen. Die Arbeitsverhältnisse hatten einen eindeutigen Zwangscharakter, und der Lohn wurde zu einem großen Teil durch eine Rassensondersteuer aufgezehrt. Darüber hinaus mussten die internierten Sinti und Roma auch im Lager selbst Lagerarbeiten ausführen. Zu diesen Arbeiten zog Lageraufseher Himmelheber neben den Erwachsenen auch minderjährige Kinder heran.
Die Lagerarbeiten bestanden beispielsweise in der Pflasterung von Wegen und in der Ausführung von Erdarbeiten.
Das Zwangslager Kruppstraße war am 9. März 1943 der Ausgangspunkt der Deportation ins Vernichtungslager Auschwitz, bei der etwa 100 Sinti und Roma mit dem Zug aus Frankfurt abtransportiert wurden.
In den Tagen zuvor waren rund 20 Sinti aus der Gegend von Dillenburg ins Lager Kruppstraße gebracht worden, um ebenfalls von dort aus nach Auschwitz-Birkenau deportiert zu werden.
Kurz vor der Deportation, Anfang 1943, waren ungefähr 180 Personen im Zwangslager Kruppstraße interniert gewesen. Durch die Auschwitz-Deportation waren im März 1943 so viele Plätze im Zwangslager Kruppstraße frei geworden, dass die Kriminalpolizeileitstelle Frankfurt im Mai 1943 weitere Sinti und Roma aus dem Dillkreis dort einwies. Daraufhin vermerkte das Landratsamt Dillenburg: Durch die Verschubung der Zigeuner nach Ffm ist der Kreis frei von Zigeunern.

Auch in anderen deutschen Städten wie z. B. in Köln, in Düsseldorf und in Berlin gab es während der Herrschaft des Nationalsozialismus Zwangslager zur Internierung von Sinti und Roma. Meist wurden diese früher eingerichtet als in Frankfurt. Dennoch bedeutete die Tatsache, dass Frankfurter Sinti und Roma überhaupt einer Internierung unterworfen waren, ein weitergehende Verfolgung, als sie in manchen anderen Großstädten festzustellen war: Beispielswiese in München oder in Hamburg gab es derartige Lager gar nicht.

In der damaligen Provinz Hessen-Nassau und darüber hinaus auf dem gesamten Gebiet des heutigen Bundeslandes Hessen waren das Zwangslager Kruppstraße und das Vorgängerlager Dieselstraße die einzigen dieser Art.

Ende März 1945 befreiten amerikanische Truppen das Internierungslager für Sinti und Roma in der Frankfurter Kruppstraße. Seit 1994 erinnert eine Gedenktafel an der U-Bahn-Station Kruppstraße an die einstige Existenz des Zwangslagers in der Nähe.

Quelle: Akte im Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main: Akte des Magistrats 5.901


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