Britz/Eberswalde

Bezeichnung: Außenlager des Konzentrationslagers Ravensbrück (Ardelt-Werke)

Gebiet
Brandenburg, Landkreis Barnim, Amt Britz-Chorin-Oderberg, Adolf-Hitler-Damm

Gebiet heute
Eberswalder Straße
Die Gestalt und die Nutzungsstruktur des Lagers am Bahnhof Eisenspalterei lassen sich aufgrund der Entwurfszeichnungen und der Luftbilder genau nachvollziehen:
Entlang dem Adolf-Hitler-Damm (Eberswalder Straße) erstreckte sich ein unbebauter Geländestreifen mit Deckungsgraben. Dahinter war die lang gestreckte Wirtschaftsbaracke errichtet worden. Deren hoher Schornstein ist wegen seines Schattens auf den Luftbildern gut erkennbar. Daneben befand sich die kleine Wachbaracke in der Nähe des Lagereingangs, der über den neben der Bahnstrecke neu angelegten Weg zu erreichen war. Westlich der Wirtschaftsbaracke und quer zu dieser hatte ursprünglich die Sanitätsstation ihren Standort. Wahrend der KZ-Zeit nutzte der SS-Kommandant dieses Gebäude, es war extra durch einen Zaun abgetrennt.
Dagegen war das Revier (die Krankenstation) in einem Teil der Wirtschaftsbaracke untergebracht. Von der Straße aus
gesehen, lagen die Unterkunftsbaracken hinter der Wirtschaftsbaracke sowie in zwei Reihen westlich der Bahnstrecke
(Luftaufnahmen vom 30.5.1944 mit Film-Nr. K 0074-44, Bild-Nr. 3034 und 15.4.1945 mit Film-Nr. K 178-45, Bild Nr. 1819) Landesvermessungsamt Brandenburg

Eröffnung
Baubeginn war der 16. August 1943 (Stadt Eberswalde, Bauordnungsamt(BOA): Bauakte Kranbau Eberswalde,
Ordner III, Bauanzeige vom 13.09.1943

Schließung
April 1945

Unterstellung

Häftlinge
Die ersten Bewohner des noch nicht fertig gestellten Gemeinschaftslagers West waren Anfang März 1944 etwa 100 bis 150 Arbeiter aus Belgien, diese wurden Anfang Mai ins Drehnitzlager umquartiert. Der erste Frauen-Transport aus dem KZ Ravensbrück erfolgte am 05.09.1944 (BOA: Bauakte Kranbau Eberswalde, Ordner III; BLHA: Pr. Rep. 2A, Regierung
Potsdam, I Hb, Nr. 1679; Zeitzeugen).

Geschlecht
Frauen, Männer

Einsatz der Häftlinge bei

Art der Arbeit

Lagerausstattung
das Lager bestand aus acht Unterkunftsbaracken, zwei Wasch- und Abortbaracken, einer Wirtschaftsbaracke (unter
anderem mit Küche, Speisesaal, Brauseraum), einer Sanitätsstation sowie einer Wach- und Lagerführerbaracke. Auf dem Freigelände waren Deckungsgräben mit 1.000 Sitzplätzen vorhanden, die Schutz bei Kriegshandlungen bieten sollten. Ein Stacheldrahtzaun umgab das Lager.
Mit der späteren Belegung von KZ Häftlingen war es ein doppelter Stacheldrahtzaun, wovon der innere elektrisch geladen war.

Ausstattung der Insassen

Lageralltag

Bemerkungen


© 2010 tenhumbergreinhard.de (Düsseldorf)


Geschichte der Ardelt-Werke
Im Jahre 1902 nahm am Alsen-Platz ein kleines technisches Industriebüro des Ing. Robert Ardelt († 3.11.1925 in Eberswalde) seine Arbeit auf und entwickelte sich bis zum II. Weltkrieg zu einem Unternehmen mit 8000 Beschäftigten.
Das Unternehmen wurde von Robert Ardelt und seinen Söhnen Max, Paul, Robert Dr. (ab 1911) und Rudolf (ab 1919) als Firma Robert Ardelt & Söhne betrieben.
1904 wird in der Eisenbahnstraße 38 eine Maschinenfabrik eröffnet und ab 1911 beginnt der Ausbau des Betriebes auf dem heutigen Gelände an der Heegermühler Straße Boldtstraße. Vor allem DR. ING. ROBERT ARDELT jun. hat viel zum
Ansehen der Fabrik beigetragen. Er erlernte im Betrieb seines Vaters das Schlosserhandwerk, absolvierte das Technikum Neustrelitz, leitete die Gießereien der Buderusschen Eisenwerke in Wetzlar und entwickelte dort die Methode der reihenweise Herstellung gusseiserner Druckröhren, wozu er auch die Maschinen konstruierte.
Als er als Teilhaber in die väterliche Firma eintrat, brachte er seine Erfahrungen und seine Patente mit ein. Der Bau von Gießereimaschinen, die Projektierung und der Aufbau ganzer Röhrengießereien Robert Ardeltscher Bauart in der ganzen Welt trat in den Vordergrund. Daneben stand gleichwertig die Produktion von Kranen (Eisenbahn-Drehkrane, Wippkrane, Gießbettaufbereitungskrane). Eine weitere Abteilung beschäftigte sich mit der Herstellung von Saugzug- und Entstaubungsanlagen.
Besonders bekannt wurde der Betrieb durch seine umfangreiche Beteiligung am Bau des Schiffshebewerkes, durch sein Anschauungsmodell im Maßstab 1:5, an dem das Verhalten der neuen Sicherheitsvorkehrungen erprobt wurde. Ein weiterer Arbeitszweig im Maschinenbau war der Bau von Diesellokomotiven, wobei eine Erfindung, das Ardelt-Überholungsgetriebe, genutzt wurde, die zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten fand. Straßenfertiger produzierte man für den Autobahnbau. Die Gießereien des Werkes wurden modernisiert, sie fabrizierten hochwertiges Gusseisen, verwendeten neue Werkstoffe, z.B. Leichtmetalle. Auch sozial trat der Betrieb in Erscheinung durch Siedlungsbauten in Ostende und in Nordend sowie durch Werkswohnungen in der Nähe. 1935 wurden das Gemeinschaftshaus und die Sportanlage gegenüber dem Werk fertig gestellt. Eberswalde verfügte über gute Verkehrsanbindungen per Wasser (Finowkanal) und Bahn (Berlin- Stettin). Später kamen der Großschifffahrtskanal und die Autobahn dazu.
Bis 1945 erreichte die Firma etwa 100 Patente.
Mit Beginn des 1. Weltkrieges im August 1914 begann für die Firma Ardelt die Zusammenarbeit mit dem Waffen- und Munitions- Beschaffungsamt, insbesondere zur Herstellung von Granaten. Nach einer Zwangspause in den 20er Jahren
begann schon bald nach der Machtergreifung der Faschisten wieder die Produktion von Waffen und Munition.
1934 begannen unter der Tarnbezeichnung Sägewerk auf dem Gelände des heutigen Binnenhafens die Bauarbeiten für ein
neues Werk, die Märkische Stahlformwerk GmbH (MSW), eine speziell für die Herstellung von Artilleriegranaten gegründete Tochtergesellschaft am Hohenzollern-Kanal (heute Oder-Havel-Kanal).
Im Zeitraum von 1938 bis 1939 wurde in Breslau-Masselwitz ein weiterer Firmenkomplex für Leichtmetallverarbeitung und Maschinenbau errichtet. Anfangs wurden 30,5-cm-Mörsergranaten hergestellt, später wurde für die Luftwaffenrüstungsindustrie produziert. Im Breslauer Zweigbetrieb wurden auch Ausrüstungsteile für die V-Waffen (V-1-Rakete A 4 u. V-2-Flugkörper Fi 103) hergestellt. Ardelt produzierte auch Munition in Rothau (Rotava, bis 1939 Tschechoslowakei) und Craiova (Rumänien).

Die Produktion umfaßte in Eberswalde:
die 3,7-cm, 5-cm und 7,5-cm Panzerabwehrkanone (500 St./Monat), Lafetten für Panzerabwehrkanonen (Pak) und Fliegerabwehrkanonen (Flak), Pontons für den Bau von Pionierbrücken, Torpedoausstoßrohre, Getriebe und Kettenglieder für Panzerfahrzeuge, Selbstfahrlafetten, Raupenfahrzeuge, Panzerkuppeln für die Küstenartillerie, Tellerminen, Seeminen, Leichtmetallteile für den Flugzeugbau.

Außer dieser Produktionspalette wurden auch noch Granatenkörper hergestellt. Die durchschnittliche Monatsproduktion bei 80 000 Stück 8,8-cm- und 80 000 7,5-cm-Granaten, in geringer Stückzahl produzierte man auch 15-cm-Granaten und Gehäuse für Fliegerbomben.
Ingenieure des Werkes waren ständig beim Abschuss der V-Waffen in Peenemünde dabei.

Das Stammwerk Eberswalde erbrachte
1944 einen Jahresumsatz von 74,7 Millionen Reichsmark (RM), das Stahlformwerk 18,4 Millionen RM und das Werk in Breslau 4,27 Millionen RM.

Durch die Einberufungen für den Krieg verringerte sich die Stammbelegschaft. Das wurde durch den Einsatz zugeführter Arbeitskräfte ausgeglichen, zuerst Sudetendeutsche und schon ab Oktober 1939 Fremdarbeiter, Männer und Frauen aus Polen.
Der Einsatz von Zwangsarbeitern steigerte sich schnell.
1940: 1200 polnische Männer und Frauen
Juni 1941: 1030 männliche Zwangsarbeiter
September 1943: 2775
Sie kamen aus Belgien, Frankreich, Italien, Niederlande, Polen, der Sowjetunion und Tschechien.

1944 betrug der Anteil ca. 3000 Zwangsarbeiter bei 7000 Beschäftigten in beiden Werken in Eberswalde. Deren Unterbringung erfolgte in mehreren Lagern in unmittelbarer Umgebung der Firma.
In Breslau wurden sowjetische Kriegsgefangene und zivile Zwangsarbeiter eingesetzt.
Im Jahr 1943 genehmigte die Rüstungskommission III des Reichsministers für Bewaffnung und Munition den Bau eines weiteren Lagers am Bahnhof Eisenspalterei.
Es sollte in ortsfester Massivbauweise zur Unterbringung von 1.000 Arbeitskräften von dem der erste Teilabschnitt für 650 ausländische Arbeitskräfte und 200 deutsche Arbeiter sofort zur Ausführung kommt, errichtet werden. Baubeginn war der 16. August 1943.
Am 5. November 1943 informierte der Baubevollmächtigte den Regierungspräsidenten, daß das Projekt inzwischen um drei Baracken für 260 zusätzliche Arbeitskräfte erweitert worden war.
Der Regierungspräsident erteilte am 15. November, seine baupolizeiliche Zustimmung jedoch nur für die Baracken I und II. Denn die Baracke III wies einen zu geringen Abstand zur Baracke I (12 Meter) auf und stand außerdem zu nahe am Splittergraben.
Bei den Baracken I und II handelt es sich um die zwei heute noch weitgehend im Originalzustand erhaltenen Gebäude am nordöstlichen Ende des Lagergeländes. Die Baracke III ist schon auf dem Luftbild vom 30. Mai 1944 nicht vorhanden.

Nach dem II. Weltkrieg wurde ein neues Werk in Wilhelmshaven und Osnabrück gegründete. Hier baute man zumindest für die Dänische Staatsbahn zwischen 1951 und 1954 insgesamt sechzehn Lokomotiven, der Fertigungsschwerpunkt lag aber auch hier beim Kranbau.
Das Werk gelangte später zur Krupp AG und firmierte nun unter der Bezeichnung Krupp-Ardelt GmbH.
Ab 1958 hieß es VEB Kranbau Eberswalde und war Teil des TAKRAF-Verbunds, unter dessen Namen die Hafenkrane auch verkauft wurden. Nach der Wiedervereinigung firmierte man unter KE Kranbau Eberswalde.
Seit 2008 trägt das Unternehmen Ardelt wieder seinen ursprünglichen Namen und hat auch die traditionellen Produktnamen gestärkt bzw. wieder eingeführt.